Ein Plädoyer für das Konvertieren aus Liebe

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Das Geschenk aus Liebe wird in der grösstmöglichen Erregung gesucht, ausgewählt und gekauft - einer Erregung, die so heftig ist, daß sie in die Kategorie der Wollust zu fallen scheint. Ich berechne aktiv, ob dieser Gegenstand Freude bereiten, ob er auch nicht enttäuschen wird oder umgekehrt, weil er zu bedeutsam erscheint, nicht selbst den Wahn bloßstellt - oder die Illusion in der ich gefangen bin...Man schenkt nicht einfach nur einen Gegenstand; da X...in Analyse ist, möchte sich Y...ebenfalls analysieren lassen: die Analyse als Liebesgeschenk? (Roland Barthes, Fragmente einer Sprache der Liebe)


Das Konvertieren als Liebesgeschenk?

Ja. Und ja. Und immer wieder ja. Ja zum Ja.

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Wir haben uns in den letzten Wochen ausgesprochen, im Prinzip mit folgendem Resultat: Für Ihn hat das Bestehen unserer Ehe nur Erfolg, wenn ich konvertiere! Grenzt für mich
an Erpressung... Er ist sich natürlich bewusst, dass er mich nicht zwingen darf, zumal die Konstellation Moslem/Christ in ja auch erlaubt ist. Trotzdem ist das sein Wunsch bzw.
Bedingung! Er gibt mir zwar "die Zeit, die ich für mich brauche", die Forderung ist aber klar gestellt!


Das ist richtig, daß man niemanden zwingen darf ein Geschenk zu machen, das der andere nicht machen will: aber manchmal muß man sich dann eben auch tatsächlich trennen - dann nämlich, wenn man der Erkenntnis nicht mehr ausweichen kann, daß der andere einem nicht nur kein Geschenk, sondern auch keine Liebe mehr schenkt, sondern in seiner Geiz und Wert-und-Gegenwert-Ecke gefangen ist, daß man wie der Graf von Monte Christo sich nur noch abseilen kann. Vor Verfolgung nicht wirklich sicher (1001 Geschichte wartet auf die Fortsetzung dieses threads).

Übrigens nimmt nicht jeder ein solches (überwältigendes) Liebes-Geschenk auch mit offenen Armen an: mißtraurisch beäugt der andere die Haltbarkeit, die Machart und die Motivation und bleibt vorsichtig auf Abstand, erwartet nicht zuviel und drängt nicht zu sehr, prüft, wägt ab und zieht sich beim kleinsten Fauxpax zurück. Dann reißt die Verbindung ab und ohne eine Gemeinschaft von Gläubigen steht man mit seinem dürren, nicht geübten, nur geliebten Glauben plötzlich ganz alleine da (Ramadan alleine in Mallorca - was für eine Prüfung! Aber auch was für eine Überraschung, wenn man im Morgengrauen auf einem hohen Berg sitzt und das Handy beginnt zu zittern, wie schon Sekunden davor das Herz zu zittern begonnen hat, weil man weiß: der Andere steht jetzt auch auf und das Band funktioniert, es verbindet über Kontinente hinweg).

Zurück auf den Boden:

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Wenn der Überschwang dahin ist
Wenn der Überschwang dahin ist, bin ich auf die allereinfachste Philosophie reduziert: auf die der Ausdauer (als der natürlichen Dimension der wirklichen Anstrengungen). Ich dulde, ohne mich abzufinden, ich harre aus, ohne mich zu gewöhnen: immer verzweifelt, nie entmutigt; ich bin eine Daruma-Puppe, ein Stehaufmännchen ohne Beine, dem man unablässig Nasenstüber verpaßt, das aber letztlich doch zu seiner aufrechten Haltung zurückfindet, die durch einen Kegel im Inneren gewährleistet bleibt (was aber ist mein Kegel? Die Stärke meiner Liebe?). Eben das sagt ein beliebtes Gedicht, das diesen japanischen Puppen beigefügt wird:

"So ist das Leben:
Siebenmal hinunter,
Achtmal hinauf!"


Wenn man sich also mit der Liebe herumschlägt, dann sollte man sich auch damit befassen, gründlich, nachsichtig mit sich selbst und großzügig mit dem Anderen: zum Nachlesen taugt Roland Barthes allemal besser als 1001 Geschichte und wenn man mal sehr in Grübeln kommt, dann nimmt man sich Manfred Schneider, Liebe und Betrug oder von Matt, der Liebesverrat vor.

Josi