Rachida,
ich sprach von der Mehrheit, die wir (d.h. meine Frau und ich) kennengelernt haben. Das geht aus dem Text eindeutig hervor. Von der Mehrheit der Marokkaner wage ich nicht zu reden, Du sicherlich auch nicht. Wir können es nicht wissen.
Marokko ist weder ein säkularer noch laizistischer Staat, schon richtig, aber was ist er dann? Nur, ein säkularer Staat muss auch handeln, wenn Gesetze verletzt werden. Die Frage ist, auf welcher Basis Gesetze gemacht werden, Religion? Tradition? Menschenrechte? Opportunismus? Eine Mischung aus allem? Dabei ist die religiöse Basis die unsicherste: da muss nämlich der Staat Dinge bestrafen, die nur Gott kennt und richten darf. Wenn jemand stielt, betrügt, einen anderen verletzt, tötet, so kommt, losgelöst von jeder Religion, jemand zu Schaden. Das muss ein Staat bestrafen. Wen schadet ein Homosexueller? Einer, der Gott für Unsinn erklärt? Eine, die Mohamed für einen Betrüger hält? Da wird niemandem Schaden zugefügt, und höchstens Gefühle verletzt. Das sollte ein Staat nicht bestrafen, es ist nicht seine Aufgabe.
Soll jemand, der Mohamed für einen Betrüger hält, der brav seine Familie durch Arbeit ernährt, genauso brav seine Steuern an den Staat abführt, dafür bestraft werden? Warum?
Ok, die Marokkaner halten an ihrem Glauben fest, aber das rechtfertigt nicht eine Bestrafung für die, die nicht mehr am Glauben festhalten, ja, ihn sogar kategorisch ablehnen, oder z.B. offiziell zum Christentum konvertieren. Warum sollem die bestraft werden? Tun die etwas Böses? Tut ein Christ, der zum Islam konvertiert etwas Böses?