hallo

da heute unser traditioneller ramadanskat leider ausfallen musste, habe ich zeit und bin beim nochmaligen durchlesen der beiträge auf folgendes gestossen, das ich noch beantworten will:
 Antwort auf:
Zum Grundgesetz/Verfassung und das Zitat von Najib:

Ein demokratisches Grundgesetz/Verfassung ist der Anfang für jede Demokratsierung. Vielleicht ist Najib entgangen, dass die Demokratsierung in Deutschland mit dem Grundgesetz/Verfassung begann. Aber dank des Marschalls Plan, der Produktivität der Deutschen und die Exportmöglichkeiten hat sich das Land gewandelt.


afulki, das ist mir nicht entgangen. ich bin ja selbst aus der generation, die das grosse los gezogen hat.
aber dir scheint entgangen zu sein, dass bis vor ziemlich genau 17 jahren das deutsche parlament auch nicht das letzte wort hatten, sondern die vier mächte. die haben so etwa die stellung des königs innegehabt. gegen ihr veto ging nichts.
aber wenn ma denselben weg einschlagen soll, dann frage ich mich, wo ist die produktivität, die exportmöglichkeiten und wo ist sowas wie der marshallplan?
ich habe es schon mal gesagt: wenn jeder deutsche dem marokkanischen volk ca 7500 euros bezahlt und der könig und sene kumpels ihr vermögen ans volk verschenken, dann hat jeder marokkaner soviel wie ein deutscher. sein einkommen und 19 000 euros für staatsaufgaben, wie bildung, gesundheit und infrastruktur. wenn dann noch sämtlich handelshemmnisse beseitigt werden, dann klappt's auch mit der produktivität und dann kann man ja mal darüber reden, ob eine demokratie nach englischem vorbild in die verfassung aufgenommen werden sollte. aber solange die von dir benannten bedingungen nicht erfüllt sind, sehe ich wenig chancen, das das zu dem gewünschten erfolg führt.
ich sehe auch nirgends ein beispiel, dass das mal geklappt hätte.
die vorzeigedemokratien wie usa, grossbritanien, frankreich haben sich ihre demokratien mit kolonien und/oder sklaverei finanziert.
sogar die mutter aller demokratien im alten athen wäre ohne sklaverei undenkbar gewesen.
was sich in neuerer zeit zur demokratie entwickelt hat, wurde in die eu aufgenommen und mit geld zugeschissen bis sie ruhig waren
und wo sonst noch demokratien entstanden sind, sind die lebensbedingungen auch nicht besser als hier in marokko.
wer wollte schon in die türkei ziehen, der demokratie wegen?
jede demokratie hatte jemanden, der sie bezahlt hat, ob gezwungen oder freiwillig. das problem ist, dass die, die zahlen könnten ausgehen. wen sollte marokko besetzten um mit den rohstoffen die anschubfinanzierung für eine demokratische demokratie sicherzustellen? uganda vielleicht?
oder zahlt europa freiwillig? 7500 euronen von jedem deutschen. man könnte es probieren. wenn jeder deutsche 10 ausländische freund findet, die mit ihm teilen, dann sind es nur noch 750 pro nase. wer weiss, im zeitalter des internets könnte das ja klappen. das wilde ding und anfa würden sicher mitmachen.
wenn dann das geld da ist und es wird investiert, dann kann sich nach einer gewissen zeit auch jede marokkanische kleinfamillie 2 autos leisten. dann dauert es nicht mehr einen tag, wenn man in tetouan was zu erledigen hat wie jetzt, sondern noch 1,5 stunden und mami kann mit dem flitzer die tochter zum geigenunterricht bringen oder mal schnell in der bürgerinitiative vorbeischauen.
das wäre zwar wiederum nicht gut für's weltklima, brächte aber dem durchschnittsmarokkaner die zeit um sich zu engagieren.
die allererste voraussetzung für eine wirklich demokratie, die auch zu vernünftigem handeln im allgemeinwohl imstande ist, gehört zeit. der bürger muss neben dem sorgen für den lebensunterhalt auch zeit haben um sich zu engagieren und sich zu informieren und eine fundierte meinung zu bilden. solange die zeit draufgeht um nur für den lebensunterhalt zu sorgen, solange regieren in einer demokratie die populisten, und zwar die gnadenlosen.
gerade an der fundierten meinungsbildung mangelt es ja nicht nur in absolutistischen königreichen, sondern mindestens zuweilen auch im deutsch-andalusischen sprachraum.
wenn lösungsvorschläge, wie den könig davonjagen oder, besser noch, das obere prozent soll seinen reichtum abgeben und nur noch ein paar milliarden zum verjubeln behalten, mehrheitsfähig wären und wirklich demokratisch von der regierung auch als zielführend erachtet würde, dann wollte ich in dieser demokratie nicht leben.
da wäre die konsequenz ja einzumarschieren, entweder den könig stürzen oder den reichen ihr geld wegnehmen, am bestensten sogar beides, und dann nach einer schamfrist wieder zu gehen.
kann es sein, dass mir dieses szenario irgendwie bekannt vorkommt?
letztendlich hat, um beim skat zu bleiben, die erste welt die trümpfe in der hand und muss sie auch ausspielen. wer sich von seinen trümpfen nicht trennen kann, der verliert letztendlich, obwohl seine hand scheinbar immer besser wird.


MeryamIman,

 Antwort auf:
Das Beispiel, das mir hierzu einfällt, ist die Verhaftung des Chefredakteurs Achmed Benchemsi. Die marokkanischen Behörden beschlagnahmten ca. 100.000 Exemplare einer Ausgabe seines französisch-sprachigen und mittlerweile etablierten Wochenmagazins "TelQuel" und seiner arabisch-sprachigen Schwesterausgabe "Nichane". Benchemsi hatte im Editorial der beiden Magazine gewagt, eine Thronrede des Königs zu den kommenden Parlamentswahlen zu kritisieren. Nun wird gegen ihn wegen "Beleidigung des Königs" ermittelt.


das sind halt auch so nationale eigenarten, die nur von jemanden verstanden werden, der es im blut hat.
aber der könig ist ja nicht nur mohammed el alaoui, sondern er ist der könig und verkörpert marokko. wer den könig nicht respektiert, der respektiert marokko nicht und wer den könig beleidigt, der beleidigt marokko.
das kann einem von ausserhalb schon unverständlich vorkommen.
aber wie muss es einem marokkaner vorkommen, wenn er hört, dass man in deutschland die este strophe der nationalhymne nicht singen darf? man darf sie auch nicht abdrucken ausser zu bildungszwecken.
ist das nicht auch irgendwie doof?
man darf singen: "... von der venus zum mars" aber "... von der maas bis an die memel" darf man unter strafandrohung nicht singen, geschweige denn auf tonträgern veröffentlichen.
ich kann schon verstehen, dass das nicht leicht zu verstehen ist.
aber vielleicht verstehst du ganz einfach auch nicht, dass man nicht einfach mal so den könig öffentlich beleidigt. wobei sich trefflich streiten lässt, wo eine beleidigung anfängt. kann ja sein.

jetzt bin ich aber abgeschweift

gruss
Najib

Last edited by Najib; 01/10/07 06:28 AM. Reason: jux und tollerei

um etwaigen rechtliche konsequenzen vorzubeugen:
dieses posting wurde unter subjektivitätsvorbehalt erstellt.

Wandern im Rif

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