Es war einmal ein Mann der viel riskierte. ER verließ sein Land, seine Familie um mit seiner Liebe in einem fremden Land ein neues Leben anzufangen. Ein Gemeinsames. ER war sich bewusst das seine Kultur nicht ganz dem Standard der neuen Heimat entspricht und hat so auch einen Teil seiner Kultur zurückgelassen. Eins aber will ER aus Marokko mitnehmen. Die Tradition der „Familie“. Seine Familie wird immer sein Leben sein und dafür würde ER alles tun – auch sterben. Seine Frau in Deutschland ist jetzt seine Freundin, seine Mutter, seine Vertraute, seine Schwerster, sein Freund. Einfach sein ein und alles und ER wird alles für sie tun.
Mit diesem Ziel im Kopf, sich so schnell wie möglich zu integrieren, deutsch zu sprechen und zu arbeiten, geht ER an alles positiv ran was ihm dabei hilft.

Der Deutschkurs ist kein Problem. Schnell spricht ER die Sprache – nicht perfekt aber immer perfekter. ER freut sich über den staunenden Gesichtsausdruck seiner Zukünftigen und deren Freunde weil ER so erstaunlich schnell lernt. Es gibt ihm viel Selbstbestätigung aber ER hat ja gleich gewusst das alles ganz einfach geht, man muss nur wollen. ER ist zwar etwas betrübt das seine Frau soviel Geld für diesen Kurs zahlen muss aber ER wird ihr alles zurückzahlen – bald.

Offenen Herzens geht ER durch die Welt und erobert damit auch ein Herz nach dem anderen.
Nach zwei Wochen spielt ER schon im hiesigen Fußballverein. Alles mit dem Gedanken im Hinterkopf dabei Leute kennen zu lernen die ihm eine Arbeit geben können.

Solche Freunde findet ER auch gleich. Man verspricht ihm, sobald die Papiere da sind sofort in der eigenen Firma unterzubringen.

Ein Mann ist ein Wort und ein Wort ist ein Versprechen. So denkt ER.

Die Nächte schläft es sich schon leichter mit der Gewissheit bald sicher Arbeit zu haben.

Von einer Mentalität, viel zu reden aber nichts so zu meinen wie man es sagt, hat ER noch nie
etwas gehört. Ein Mann, ein Wort. Frohen Herzens geht ER durch die Welt. ER ist gut – alle anderen sind deswegen auch gut.

ER denkt an seinen Vater und ist stolz auf diesen tollen Mann der ihm die Werte mitgegeben hat die seiner Meinung nach einem Mann zu einem Mann machen: Respekt vor der eigenen Familie und Ehrlichkeit und unermüdliches arbeiten wollen – für die Familie. Ein vergnügliches kleines Leben das sich um die Familie dreht die einem Rückhalt gibt.

Die Tage vergehen.

ER will seine kleine neue Familie hier versorgen, will seiner Frau und sich ein Paradies aufbauen aber irgendwie scheint ein Papier nach dem anderen aufzutauchen und eine Wartezeit die nächste abzulösen.

Die Wochen vergehen.

Kilometer für Kilometer grast ER mit dem Fahrrad einen Betrieb nach dem anderen in den Industriegebieten ab und fragt nach arbeit...überall Kopfschütteln. Seine Frau hatte wohl doch recht als sie sagte das ein Ausländer mit gebrochenem Deutsch immer abgelehnt wird – auch wenn Arbeit da wäre, die Zeiten seien schlecht und Ausländer nicht gern gesehen. Das ist Deutschland. So lernt er weiter fleißig.

Die Monate vergehen.

Manchmal werden die dunklen strahlenden Augen schon trübe, ja man meint manchmal glänzen sie schon nicht mehr so wie ganz am Anfang.

Diesen ganzen Papieraufstand hier kann ER nicht nachvollziehen.

ER liebt seine Frau und weint, heimlich wenn sie bei der arbeit ist, schon die Ersten heißen Tränen weil ER auch ihren Glanz aus den Augen verschwinden sieht...ER weiß sie drücken Probleme. Die Hochzeit, obwohl klein gehalten, hat doch einige Euros verschlungen. Wie gerne hätte ER die Arbeit in der Firma im Ort angenommen aber die Arbeitspapiere waren noch nicht da und so kam ein anderer zum Zug.
Wie gerne hätte ER alles bezahlt, wie gerne würde ER seine Frau mal richtig toll zum Essen ausführen und und und...

ER weiß sie haben keine großen, unlösbar Probleme. Aber ER weiß auch, daß ER erst diese Probleme verursacht hat. Es wird bald Winter und ER hat nichts warmes zum anziehen mitgebracht – ER muss arbeit finden...ER schämt sich so wenn sie alles bezahlen muss. ER geht auch nicht mehr mit zum einkaufen...es bedrückt ihn zu sehr...den Betrag an der Kasse zu sehen und nichts tun zu können. ER schämt sich so, fühlt sich so klein. Ein Nichts.

ER liebt seine Frau um so mehr weil ER weiß das sie sich nach der Arbeit, nur um ihn vom tristen Fernseh-Alltag abzulenken, nochmals aufrafft um mit ihm spazieren zu gehen oder raus zu fahren und irgendwo einen Kaffee zu trinken.....ER weiß sie liebt ihre Bücher und würde sich lieber entspannt ins Sofa lümmeln.
ER weiß alles, ER kann ihr Gesicht lesen, ER kennt jeden ihrer Gedanken und weiß wann sie traurig ist. ER weiß von allen Problemen auch wenn sie nie davon spricht nur um ihn nicht zu belasten. ER weiß alles und deswegen liebt ER sie so sehr. Manchmal meint ER, ER würde platzen so sehr liebt ER sie. Und mit jedem Tag wo seine Liebe wächst wird auch die Traurigkeit größer weil ER ihr nicht das bieten kann was ER sich für sie erträumt hat.

ER weiß das es nicht ihre Träume sind, das sie viel realistischer ist. Sie ist mit viel weniger zufrieden. Aber nicht ER.
ER kann nicht aufhören zu Träumen vom schönen Leben in einem schönen Haus mit seiner Frau und seinen Kindern. Manchmal kann ER stundenlang von diesem Leben träumen.

In solchen Minuten fragt ER sich dann warum ER nach Deutschland gekommen ist...wegen seiner Frau das ist klar...aber ER empfindet sich nur als Last. Manchmal spürt ER die Blicke der Menschen – verachtende Blicke. Manchmal steht ER vor dem Spiegel und fragt sich ob ER mehr Wert ist als ein noch warmer Haufen den ein Hund achtlos auf einer Strasse abgesetzt hat. ER fühlt sich sehr traurig. ER fühlt keine Achtung mehr vor sich selbst.

Hier ist ER nichts wert. Zuhause waren die Taschen immer voll mit Geld, ER war ein guter Kellner...beliebt...man hat sich schon fast darum gerissen das ER bei jenem oder jenem arbeitet...ER hatte viel Freunde...Trinkgeld ist nur so gesprudelt.
ER trug nur Anzug und Krawatte und jetzt....hier ist ER ein nichts.....nur mit Papieren zählt man hier was. Aber ER hat keine Diplome oder Ausbildungszeugnisse....ER hat seine Hände and darauf konnte ER sich immer verlassen...aber es scheint hier in Deutschland haben sie ihren Dienst versagt, sind nichts wert.

Seine Frau baut ihn immer auf und versucht ihn abzulenken....aber die 9 Stunden in denen sie das Haus verlässt um arbeiten zu gehen ziehen sich mittlerweile hin wie Wochen...Monate.

Er weiß auch das viele ihn hier ansehen als einen Mann der wegen der Papiere hier ist. Es macht ihn traurig und verletzt ihn noch mehr. Warum scheint der Grund LIEBE für viele so unvorstellbar zu sein. ER weiß ER ist ein guter Mensch.

Im Ort gibt es ein Kaffee in dem ER oft nach seinen Arbeitssuch-Radtouren einkehrt oder einfach versucht dort seinem langweiligen Alltag zu entflieht und einen Kaffee oder eine Cola trinkt um mit anderen Menschen zu reden. ER will sein deutsch ja verbessern. In Übung bleiben. Ja eine Arbeit, so denkt er, wäre dabei noch hilfreicher.

Der Besitzer heißt Mathias. Mathias bietet ihm eine Möglichkeit an für ihn zu arbeiten.
ER fühlt sich überglücklich, endlich kann ER zum Einkommen beitragen. ER soll in der Küche helfen, bei den Mittagsmenüs und ein bisschen im Service. Ab und an steckt Matthias ihm ein Münzstück zu „fürs helfen“. ER ist immer noch auf dem Stand „ich bin gut“ so sind auch alle gut zu mir.
ER ist ein Mensch der mit dem und nach dem Herzen lebt – kein Schauspieler.
Mathias will in Urlaub und fragt ihn ob ER nicht für diese zwei Wochen die Küche allein schmeißen will, über die Bezahlung wird später geredet. ER ist aus dem Häuschen und sagt freudig zu.
Seine Frau köpft eine Flasche Sekt am Abend um auf diesen „Einstieg“ anzustoßen.
ER freut sich so und das Kaffee ist auch noch im gleichen Ort also fällt es nicht auf das ER keinen Führerschein hat. ER kann alles mit dem Rad erledigen.
Die folgenden Tage sind herrlich, endlich fühlt ER sich nützlich, ER blüht auf, schreibt sogar die Mittags-Menüs selber und geht dafür einkaufen....ER denkt an seine Frau die sehr stolz auf ihn ist, sie findet dieses „einfach mal so deutsch kochen“ eine große Leistung. Stolz sagte sie „Du kannst einfach alles“...die Tage vergehen wie im Flug, die Gäste sind von seinen tollen Tellerdekorationen begeistert.
Es stört ihn nicht das die Küche von Mathias total vernachlässigt wurde...sie ist dreckig, die Messer stumpf, die Töpfe eine Katastrophe...egal !!

Was wird das für ein Festtag sein an dem ER den Wocheneinkauf zum ersten mal wieder gemeinsam mit seiner Frau erledigt und mit selbst verdientem Geld bezahlen kann. ER ist so glücklich. Vergessen die trüben Stunden der letzten Zeit.

Stolz wie eh und je wartet ER auf die Rückkehr von Mathias aus dem Urlaub...dieser kommt auch gleich auf ihn zu und drückt ihm für die geleisteten Dienste zwei Stangen „Polen-Marlboro´s“ in die Hand.

Die Welt steht still, eine Seifenblase platzt.

ER ist zu freundlich um eine Miene zu verziehen oder etwas zu sagen...die Tränen rollen erst beim heimradeln. Zigaretten für ihn.....ER wollte doch Geld um seine Frau zu unterstützen.

Seine Frau merkt gleich das etwas nicht stimmt...die Wohnung blitzt nicht so wie sonst wenn sie von der arbeit heimkommt, die Betten nicht gemacht...ER war einfach zu traurig um sich zu rühren.

ER hat keinen fröhlichen Glanz mehr in den Augen, kein Glanz von innen heraus sondern von Tränen.

Sie versucht ihn zu trösten indem sie ihm klarmacht das ER ja indirekt auch Geld verdient hat...müsste sie die Zigaretten für ihn kaufen würde sie das 80 EUR kosten. Mit seiner arbeit hat ER sie also um 80 EUR entlastet....es ist kein Trost für ihn. Er ist nicht dumm er weiß auch das die Zigarette in Polen fast nichts kosten....egal was sie hier Wert sind.

Aber ER wird vor seiner Frau nicht weinen, was ihm aber immer schwerer fällt. ER kennt sich gar nicht wieder, ER weint so oft.
Seine Frau fragt ihn immer wieder, fragt wie es ihm geht, wie ER sich fühlt, was man ändern könnte damit ER nicht so traurig ist.

ER erkennt sich nicht wieder. ER ist sich sicher und das sagt ER ihr auch...ein Mann der liebt der weint. Für sich könnte ER diese Situation ertragen aber ER denkt dabei an sie.

Seine Frau lächelt dann immer. ER glaubt sie versteht ihn nicht. Sie versteht nicht wie sehr ER sie liebt.

Aber sie versteht alles...mehr als ER glaubt...und es macht sie traurig seinen Stolz brechen zu sehen.

Mathias will wieder das ER für ihn arbeitet. Jetzt hat ER sich aber erkundigt und weiß, daß eine Servicekraft in Deutschland etwa 7 EUR die Stunde bekommt. Und seine Frau sagt ihm immer wieder, daß ER den Leuten klar machen soll, daß ER kein Idiot sei nur weil ER die Sprache noch nicht perfekt spricht. Geld ist schön aber nicht so wichtig, daß ER sich dafür zum Affen machen muss. Es wird schon alles werden.

Die Verhandlungen laufen zäh von gebotenen 5 Euro pro Stunde bis letztendlichen 6 EUR.

Abgemacht.

Wie immer ein Mann, ein Wort.

Wieder schafft ER was ER kann...es kommen nicht so viel zum Mittagessen...Sommerloch. So putzt ER selig die verdreckte, verölte Küche...heute gibt es Geld....5 Stunden war ER heute da.

Mathias sagt, ER kann aufhören und drückt ihm 10 EUR in die Hand...es sei nicht soviel los gewesen...wenn mehr Leute kommen kann ER auch die verhandelten 6 Euro pro Stunde bekommen.

ER wird sauer aber sagt nichts...vielleicht kommen ja morgen mehr. Heute kann ER seine Frau wenigstens zum Kaffee einladen. 10 EUR viel Geld. ER wird seiner Frau nichts sagen – es wird schon werden.

Die nächsten Tage verlaufen ähnlich. ER wird immer wütender. Aber jetzt hat ER eine Familie – früher in der Heimat hätte ER vielleicht zugeschlagen. Seiner Frau wird ER sagen es sei alles in Ordnung, sie hat schon genug um die Ohren. ER wird ganz einfach nicht mehr hingehen in dieses Kaffee, zu diesem Mann, der seine Worte nicht hält.

Die Tage vergehen. Endlich ist auch die Arbeitsgenehmigung da. Jetzt kann ER richtig nach Arbeit suchen.

Die alten Freunde darauf angesprochen ob er nun bei ihnen in der Firma arbeiten kann, wissen auf einmal nichts mehr von ihren großen Worten. Er versteht nicht. Hier wird viel gesagt aber nicht eingehalten.

Unglücklich geht ER ins Kaffee einen Kaffee trinken. Er ist so traurig.
Matthias stürmt auf ihn zu, will das ER für ihn arbeitet. Wo ER gewesen sei. ER spricht diesmal ganz klar seine Forderungen aus. 7 Euro pro Stunde und ganz offiziell mit Papieren.

Alles klar. Endlich einen Hoffnungsschimmer.

Aber Matthias will ihn noch mal prüfen...ER soll am Freitag vorbeikommen und von 7 – 14 Uhr arbeiten. ER bekommt dafür auch 30 Euro.
Und ab Sonntag wenn Mathias mit ihm zufrieden war bekommt ER seine 7 EUR pro Stunde und wird ganz offiziell angemeldet.

ER glaubt alles und ist so froh....wenn ER das seiner Frau erzählt. Wie gut das ER die letzten Male nichts erzählt hat von den vielen nicht eingehaltenen Versprechungen, seine Frau hätte ihm sicher verboten noch einmal dieses Kaffee zu betreten.
Sie hasst alle die ihn nicht wie einen gleichwertigen Menschen behandeln. ER liebt sie so. Jetzt kann ER sie endlich unterstützen....und bald können sie eine richtige Familie gründen und ein Baby bekommen.

ER sagt zu...30 EUR viel Geld...auf den Stundenlohn achtet ER an diesem Freitag nicht. ER sagt zu weil es ab Sonntag darauf dann ganz bestimmt richtig laufen wird, mit Papieren und 7 Euro Stundenlohn – Mathias hat es zugesagt.
ER strengt sich Donnerstag ganz besonders an, ER arbeitet sogar bis 16 Uhr. Mathias hält sich sogar daran und gibt ihm die 30 Euro...das aus 14 Uhr, 16 Uhr wurde stört ihn nicht.

30 Euro ER ist so glücklich, ER wird seine Frau heute abend gleich zum Essen ausführen, nicht groß aber ER wird bezahlen.

Mathias bitte ihn zu einem Gespräch. Mathias macht ihm klar das er es sich anders überlegt hat und ihn nur Schwarz für 6 Euro die Stunde beschäftigen will.

ER glaubt seine Welt bricht zusammen....wieder gedanklich so hoch geflogen und wieder abgestürzt.

ER sagt für Sonntag, 07:45 Uhr trotzdem zu...ER erträgt es nicht länger seiner Frau auf der Tasche zu liegen. ER ist ein Mann, ER muss sich doch um seine Frau kümmern.

Heute erzählt ER alles seiner Frau.

Seine Frau ist außer sich. So hat ER sie noch nie gesehen. Sie fragt ihn ob ER denn aus den täglichen Reportagen im Fernsehen nichts gelernt hat....Kontrolle von Imbissbuden, Kleinkaffees nach illegalen Einwanderern und natürlich auch nach Schwarzarbeit. ER hat ihr viel davon erzählt, abends wenn sie nachhause kommt. Es machte ihm Angst.

Sie fragt ihn ob ER zurück nach Marokko will. Abgeschoben.

ER ist entsetzt. Warum sagt sie so was....ER wollte doch nur helfen.

Sie versteht die Gründe warum er arbeiten will aber sie versteht nicht wie ER sich so erniedrigen lassen konnte...sie fragt ihn ob ER denn keine Achtung vor sich selbst hätte, ob er keine Angst hätte bei der Schwarzarbeit erwischt zu werden.

ER hat doch alles nur für sie getan, versteht sie das nicht?

Sie nimmt ihn in den Arm...alles wird gut.

Sie versteht es doch.

Sie sagt zu ihm alles wird gut...lass Dir ein bisschen Zeit....Geld verdienen ja...aber nicht auf diese Weise.

Sie verbietet ihm am Sonntag um 07:45 ins Kaffee zu gehen auch wenn ER es so zugesagt hatte. ER soll lieber zu dem Fußballspiel gehen mit seiner Mannschaft da hat ER mehr davon.

Seine Frau verabredet sich in besagten Kaffee am Sonntag um 10:30 zum Frühstücken mit einer Freundin. Seine Frau ist gespannt wie Mathias reagiert.

Später wird ER stolz seiner Familie in Marokko erzählen wie seine Frau für ihn eingestanden ist und dieses „******och“ mit Worten niedergemacht hat. Die Mama zuhause im fernen Land lacht sich kringelig...für sie ist es eine lustige Geschichte die der ganzen Familie weitererzählt wird. Sie war von Ihrer Schwiegertochter schon immer begeistert, jetzt ist sie eine Heldin.

Seine Frau erzählt ihm das Mathias nicht bereit war zu diskutieren sondern sich ganz schnell verzogen hat. Mathias hat alles auf ihn geschoben, er hätte ihn verarscht. Seine Frau will nicht mehr das ER auch einen Schritt in diese Kaffee setzt. ER hätte besseres verdient und müsste sich nicht mit dem Abschaum Deutschlands abgeben. ER hält sich daran....ER hat selber Angst vor seiner Reaktion wenn ER diesen Mann sieht der ihn behandelt hat wie einen...einen...einen...es fehlen ihm die Worte...ER fühlt sich so gedemütigt.

ER hat schon lange nicht mehr auf Befehl geputzt, früher hatte ER solche arbeiten delegiert...heute muss ER ganz von vorne Anfangen und hat doch keine Chance. Aber ER will nicht aufgeben. ER muss stark sein für seine neue Familie.

Seine Frau hat jetzt, nachdem endlich die Arbeitspapiere da sind mit „Hugo“ dem Außendienstler ihrer Firma gesprochen...der kennt jedes Lokal hier. Schon am nächsten Tag steht ein neues Jobangebot.

Das Vorstellungsgespräch läuft gut. Seine Frau hält sich zurück weil sie will das ER selbständig spricht damit die Chefin sieht wie gut ER schon deutsch kann. Sie ist begeistert und wird sich telefonisch melden wann ER arbeiten kann – zur Probe.

Nach dem ersten Arbeitstag am Dienstag, 6 Stunden, ist die Junior-Chefin Petra begeistert! ER bekommt für seine Arbeit gleich 50 EUR in die Hand gedrückt. Mit dem deutsch gäbe es keine Probleme und die kleinen Schwierigkeiten mit der hochmodernen Kasse geben sich mit ein bisschen Übung auch noch. So ist das eine richtige Sache. ER ist so glücklich. 50 EUR...ER denkt schon wieder ans Essen gehen, ans zum Kaffee einladen.

ER will seiner Frau gleich über die Hälfte in die Hand drücken. ER ist verletzt als sie es ablehnt. Sie verdient ihr eigenes Geld, ER soll es für sich behalten.

ER weiß nicht das sie ihn in diesen Momenten sehr gut versteht. Drückt man ihr Geld in die Hand fühlt sie sich klein, gedemütigt...wie jmd. der Almosen geschenkt bekommt. ER weiß nicht wie sehr sie dann seine Gefühle versteht...ER musste ihr Geld annehmen. ER weiß nicht wie sehr sie dann traurig wird – für ihn.

ER versteht auch nicht warum sie immer gereizt reagiert wenn ER nach den ersten verdienten Euros gleich von Essen gehen usw. spricht. ER will sich doch nur dankbar zeigen für alles was sie schon für ihn getan hat. ER soll es hüten sagt sie dann immer. Nicht gleich „rausschmeissen“. Bei einem Lebensmitteleinkauf sei es besser aufgehoben.

Am Donnerstag darf ER gleich wieder kommen – alles geht klar. Scheinbar arbeiten auch noch die Senioren mit im Betrieb aber die hat ER noch nicht gesehen. Petra ist zufrieden mit ihm.

Heute nach Dienstschluss war ER fröhlich mit seiner Frau einkaufen und hat alles bezahlt. Sie hat es zugelassen. Sie sagt ER kann gerne etwas bezahlen oder ihr ein von ihm erdachtes Geschenk kaufen aber sie will kein Geld in die Hand gedrückt bekommen....das kann sie nicht.

ER ist so glücklich endlich geht es aufwärts. Auch das Geburtstagsgeschenk für den Schwiegervater hat ER gerade bezahlt – ER fühlt sich wie ein junger Gott. ER ist so glücklich.

Endlich nimmt ER am Leben teil. Seine Frau bemerkt die Veränderung auch und ist froh das alles so gut geht. Sie ist sehr stolz auf ihn. 6 Monate in Deutschland, seit 3 Wochen die Arbeitspapiere da und alles läuft wie am Schnürchen.

ER träumt schon wieder. ER schmiedet Pläne wann ER anfangen kann mit dem Führerschein und dann findet ER sicher einen Job bei dem ER nicht mehr am Wochenende arbeiten muss. ER will viel Zeit mit seiner Frau verbringen. Und ER träumt wieder von seinem zukünftigen Sohn...sieht in schon auf dem Fußballfeld stehen.

Seine Frau ist glücklich weil ER endlich glücklich ist und eine Aufgabe hat.

Freitag soll ER von 17 Uhr bis zum Schluss arbeiten. Zum ersten mal steht auch die Senior-Chefin hinter dem Buffet. Sie macht die Getränke. ER merkt gleich das sie etwas gegen ihn hat. Behandelt ihn als sei ER doof. Aber ER lächelt freundlich und lässt sich nichts anmerken...es ist eine alte Frau und die hat man zu respektieren so hat ER es gelernt.

Immer nett, immer freundlich.

ER fängt an zu schwitzen und fühlt sich unwohl..Ständig hat sie was zu meckern...ER soll fragen ob jemand was trinken will, dabei hat ER das gerade erst. ER würde am liebsten davon laufen. Sie beobachtet ihn und mustert ihn wie eine Kakerlake. ER wird nervös und vertippt sich an der Kasse. Irgendwie geht der abends um. Es wird schon werden. Auf dem Heimweg weint ER. Vielleicht war sie schlecht drauf. Aber ER wird sich nicht von einer alten Frau die arbeit verderben lassen. Sie ist eben nur eine alte Frau. ER wird sie respektieren und freundlich sein, aber nicht mehr.

Seine Frau fragt ihn wiedermal wie es ihm geht, ob es ihm Spaß macht.

ER merkt das sie Angst hat das ER wieder schlecht behandelt wird. Sie fragt ihn noch mal ob alles in Ordnung sei. Und macht ihm auch noch mal klar das ER nicht arbeiten muss wenn ER sich schlecht dabei fühlt.

ER liebt sie so...für sie würde ER jede arbeit annehmen. Kurz sieht ER wieder das Häuschen und seine glückliche Frau mit dem Sohn auf dem Arm vor Augen.

ER sagt ihr das es ihm Spaß macht. Die Alten seien etwas langsam beim Getränkerichten aber es geht schon. Die Petra hätte ER heute nicht gesehen. Hugo, der ihm den Job vermittelt hat war auch wieder da...wie bis jetzt jeden Tag seit ER arbeitet. Hugo hat ihm mut zugesprochen und ihm gesagt das ER seine Arbeit gut macht...Hugo hat es beobachtet.

Samstagabend muss ER wieder die Abendschicht arbeiten.

Später wird ER seiner Frau sagen das es gut war nur das ER etwas Probleme mit den Senior-Chefs hat. ER erzählt nichts davon wie die Alte ihn wieder schikaniert hat, ER wollte widersprechen aber irgendwie kamen immer die falschen deutschen Worte aus seinem Mund. ER war so nervös. ER hat sich so angestrengt. ER will dieses Traumbild von Häuschen und der Familie nicht verblassen sehen. ER braucht diesen Job. ER sagt auch nichts davon das der Senior-Chef heute auch da war und das ER gehört hatte wie dieser zu seiner Frau sagte wer denn DER sei und wie denn DER rumläuft. ER kann alles ertragen schluckt jede Kränkung, ER tut es für seine Frau.
Seinem lächelndem Gesicht entnimmt man nicht die Traurigkeit seines Herzens. Nur wer sich die Mühe macht in seine Augen zu schauen sieht die Verletzungen seiner Seele und einen dahinbrechenden Mann. ER würde am liebsten sterben – aber ER ist stark – für seine Frau.

10 Jahr arbeitete ER in den besten Hotels von Fés und zuletzt in Agadir. ER versteht sein Handwerk. Es sind bloß alte Menschen. ER versucht sie nicht zu beachten. ER ist höflich und freundlich zu ihnen – Respekt vor dem Alter wie zuhause gelernt.

Sonntag hat ER frei.

Am Montag klingelt das Handy seiner Frau und Petra ist dran. Seine Frau reagiert gleich erfreut und sagt es klappt ja alles super.

Schweigen.

Petra sagt es würde gar nichts funktionieren, ER versteht die Kasse nicht und mit dem deutsch sei es auch nicht so gut.

Seine Frau versteht die Welt nicht mehr und findet die Situation sehr peinlich weil sie glaubte alles sei ok. ER soll nicht mehr zum arbeiten kommen. Seine Frau wird aber das Gefühl nicht los das irgendwie keine richtigen Argumente gegen Ihren Mann gesagt wurden. Das er auf Grund der Sprachproblem manchmal etwas mehr Zeit braucht war von vornherein klar. Seine Frau hat das Gefühl es wird am Telefon rumgedruckst. Aber seine Frau bettelt nicht. Was nicht sein soll, soll nicht sein – dann wartet eben etwas besseres auf ihn. Aber sie versteht immer noch nicht warum ihr Mann auf einmal schlecht gearbeitet haben soll. Gerade solche Worte von Petra die vorher noch gelobt hat.

Seine Frau verlässt das Firmengebäude....sie muss weinen....wie soll sie das ihrem Mann jetzt beibringen...sie weiß das ER sehr sensibel ist, geworden ist, die letzte Zeit sowieso und ER hat sehr Nahe am Wasser gebaut. Seine Frau ist sehr traurig. Sie will ihn nicht schon wieder eine Verletzung zufügen. Sie weiß wie ER sich fühlt.

ER ist nicht zuhause als sie heim kommt. Später. Freudestrahlend kommt ER mit einem Geschenk für sie heim. Heute hat ER ihr was zum anziehen gekauft. Sie hat sonst immer für ihn zurückgesteckt. Ein wunderschöner Pullover. Aber sie weiß etwas was er nicht weiß.

ER merkt gleich das etwas nicht stimmt. Sie redet nicht viel und weicht seinem Blick aus. ER kocht mit ihr zusammen und lässt ihr Zeit.
ER sitzt mit ihr auf dem Sofa. Sie sagt auf französisch das sie mit ihm reden muss aber nicht weiß wie. Eine Träne rollt über ihre Backen.

ER versucht die Fassung zu waren und die Tränen zurückzuhalten als seine Frau das Telefongespräch wiederholt.

Seine Frau würde am liebsten Sterben. Sie sieht das wunderschöne Gesicht ihres Mannes, sieht die Muskeln zucken, das Schlucken, sieht wie ihr geliebter Mann versucht die Fassung nicht zu verlieren. Er will weinen, schreien und stolz sein zugleich. Es ist ein Trauerspiel der Mienen. Es bricht ihr das Herz.

ER versteht die Welt nicht mehr. ER hat es gewusst. Wird seine Frau ihm glauben? Seine Frau stellt auch verletzende Fragen. Wie kommt es zu so einer Differenz in der Meinung zu seiner Arbeit.

Langsam erzählt ER von den letzten beiden Arbeitstagen. Seine Frau kann es nicht glauben. Schon wieder? ER merkt das sie unsicher ist. Stimmt es oder ist ER einfach mit dem deutschen Service überfordert. Es macht ihn traurig das sie schwankt, nicht voll hinter ihm steht.
Es macht sie selbst traurig. Wenn sie ihn nicht in den Service vermitteln kann was soll ER dann arbeiten.
ER kennt ihre Gedanken und wird noch trauriger...wer soll ihm glauben, wenn nicht seine Frau.

Diese Nacht schläft ER nicht. ER kommt später nicht ins Schlafzimmer nach. ER bleibt auf dem Sofa und wälzt sich von einer Seite auf die andere.

Am nächsten morgen sieht sie seine verquollenen Augen.

Sie sagt sie wird das heute klären und das Gespräch suchen. ER fleht sie an es nicht zu tun. Sie solle es einfach vergessen. ER schwört gleich eine neue Arbeit zu suchen. Es ist ihm einfach zu peinlich. ER kann nicht tiefer sinken. ER fühlt nichts mehr.

Seine Frau kann das so nicht stehen lassen und will wissen was vorgefallen ist.

Am Abend erzählt sie ihm das der Zufall es gerade wollte und Hugo hätte am Morgen angerufen. Auch ER hätte gleich positiv gesagt „und mit Deinem Mann klappt ja alles super“.
Sie hätte ihm dann die neuesten Begebenheiten erzählt und Hugo sei entsetzt gewesen. Was Hugo ihr jetzt sagt erleichtert einerseits ihr Herz und macht es andererseits schwer.

Hugo „entlastet“ ihren Mann indem er erzählt wie er diese Ungerechtigkeiten beobachtet hat und das der Senior-Chef ihn abgefangen hätte und ihn gefragt hat „wer denn dieser...dieser ....sei....und wie der rumläuft.“ Hugo kann es selber nicht glauben. Hugo beteuert immer wieder mein Mann soll nicht traurig sein es lag nicht an ihm.

Hugo sagt, er wollte sie schon am Freitag Abend anrufen und warnen das dort ein böses Spiel läuft.

Hugo können sie vertrauen und seine Frau ist froh das Hugo sich auf die Seite von ihnen stellt. Immerhin ist Hugo seid Jahren Stammgast in diesem Lokal und kennt die Besitzer-Familie gut.

Er sieht seine Frau an und weiß was sie sagen will. Sie will sich dafür entschuldigen nicht gleich voll und ganz hinter ihm gestanden zu sein. In einer Umarmung von ihr vergisst er immer alles.

Seine Frau ist traurig und schämt sich. Sie war auf alles gefasst aber nicht auf die Boshaftigkeit der Menschen. Auch sie ist naiv.

ER ist traurig und immer noch verletzt. Jetzt geht die Suche wieder von vorne los...

Sein Traumbild ist wieder noch ein Stückchen blasser geworden.

So langsam wird im klar das „nur wollen“ manchmal nicht ausreicht.

ER meint, ER kennt jetzt Deutschland schon ein bisschen besser und ist eigentlich im Grunde seines Herzens enttäuscht von diesem Land oder besser gesagt von seinen Menschen. Nicht von allen aber doch von vielen die er schon kennen gelernt hat.

Weltoffenheit und Globalisierung hat ER sich anders vorgestellt. ER muss an eine Begegnung im Bus mit einem anderen Ausländer denken der zu ihm sagte: „Ich lebe jetzt seit 30 Jahren in Deutschland...aber die Deutschen werde ich nie verstehen“. So langsam dämmert ihm was ER damit wohl gemeint hat.

ER schaut weiter trübe in den flimmernden Fernseher und sieht die Aufregung über die Wahlen im Osten. Die große Aufregung weil viele Leute sich für Rechts und damit auch gegen ihn entschieden haben.

ER versteht es nicht. Auch Matthias aus dem Kaffee hat sich über diesen Wahlausgang aufgeregt und auch die Senior-Chefin aus dem Lokal....

Sie sehen keinen Zusammenhang zwischen ihren Gesten, ihrem eigenen Handeln und einem Kreuz auf einem Wahlzettel. Das waren ja die „drüben“.

Sie werden sich weiter darüber aufregen das Ausländer auf unseren Taschen liegen und werden auch weiterhin im gleichen Atemzug einem Ausländer keine Change geben dies eben nicht zu tun. Sie sind so blind, sie sehen keinen Zusammenhang.

Unwissenheit und Dummheit und vor allem Unzufriedenheit machen einen Führer jederzeit wieder möglich.

ER ist wieder traurig und verletzt aber ER wird wieder stark sein und die nächste Arbeitsstelle wieder mit einem lächelnden Gesicht aufnehmen....man soll nie die Hoffnung verlieren.


ER sagt sich, ER wurde ja nicht im Großen angegriffen...Schläge oder so was...sondern im Kleinen mit Worten, Blicken usw.

Seine Frau sieht in an und denkt: Es ist fast wie mit Verletzungen der Haut. die kleinen Schnitte tun am meisten weh.

Ende
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Einfach so.....Gedanken, wenn ich über die letzten Wochen mit meinem Mann nachdachte und was ER wohl so fühlt.

Ich glaube das die Realität noch schlimmer ist...indem was in ihm vorgeht.

Ich habe mit viel gerechnet und mir auch immer klar gemacht das es nicht einfach wird aber das es so schlimm ist.....

Keine Arbeit zu finden – das ist das eine. Aber so mit einem Menschen umzugehen...das übersteigt meine Vorstellungskraft.

Ich weiß ER wird wenn man ihm die Chance gibt irgendwann über sich hinauswachsen.

Vielleicht kommen diese Menschen in Ihrem Leben mal in eine Situation in der sie die andere Seite sehen und begreifen. Vielleicht ist dann eine leichte Rötung des Gesichts zu finden. Und vielleicht denkt dieser Mensch dann “Habe ich nicht damals......“ und vielleicht wird dieser Mensch sich dann dabei ein bisschen schämen. Strafe genug. Vielleicht.

Alexandra