Was die Gesetze für den Kampf in diesem Stadium anbetrifft, so sollen diese im folgenden zusammengefaßt werden:


1- Es ist rechtmäßig, daß die laufenden Verträge zwischen den Muslimen und ihren Feinden von Seiten der Muslime aufgelöst werden, sofern diese Verträge unbefristet sind. Wenn diese Verträge jedoch für eine befristete Dauer vereinbart worden sind, so haben die Muslime die unbedingte Pflicht, diese einzuhalten, solange die Feinde der Muslime diese Verträge einhalten. Ein Auflösen der Verträge bedeutet eine Kriegserklärung, welche nach einer Warnung und offenkundigen Erklärung in Kraft tritt - denn die Muslime begehen keinen Verrat.


2- Es ist rechtmäßig, daß die Muslime mit dem Kampf beginnen, wenn die Plicht zur Einladung zum Islam dies erforderlich macht. Diese Fragestellung wollen wir in einigen zusammenfassenden Punkten erläutern:


- Die Bekämpfung der Götzendiener nach dem Ablauf der vier Monate der Warnfrist umfaßt erstens diejenigen, die ihre Verträge mit den Muslimen und ihre Versprechen gebrochen haben und geplant hatten, den Gesandten zu vertreiben und ihrerseits den Krieg gegen die Muslime begonnen hatten; und zweitens diejenigen, die einen unbefristeten Vertrag mit den Muslimen hatten. Diesen wurde eine Frist von vier Monaten gesetzt.

Gegenüber denjenigen Götzendiener, die einen befristeten Vertrag mit den Muslimen hatten, hatten die Muslime die Pflicht, den Vertrag bis zum Ablauf der Frist zu erfüllen. Nach dem Ablauf der Vertragsdauer wurden diese Götzendiener dann vor die Wahl gestellt, entweder den Islam anzunehmen, bekämpft zu werden, oder auf der Erde umherwandern zu müssen - d.h. es war dann erlaubt, den Kampf gegen diese Götzendiener zu beginnen, ohne daß diese einen Vertrag gebrochen hätten oder mit dem Kampf begonnen hätten.


- Vor die Wahl gestellt zu werden zwischen der Annahme des Islam und bekämpft zu werden - und daß also nicht die Entrichtung der Dschizya (Schutzsteuer für Nichtmuslime im islamischen Staat) akzeptiert wird - gilt ausschließlich für die arabischen Götzendiener, welches die Meinung der meisten Quranexegesen und der Allgemeinheit (arab. Dschumhur) der Rechtsgelehrten ist. Die Weisheit, welche hinter dieser Bestimmung steckt, ist, wie es scheint, der Wunsch des Gesandten Allahs (Allahs Segen und Heil auf ihm), die arabische Halbinsel gänzlich von jeglichen Anzeichen der Götzendienerei zu reinigen, damit diese ein Zentrum für die Ausbreitung der Einladung (arab. da‘wa) zum Islam in alle Welt werde. Die Bestimmung, aus der arabischen Halbinsel vertrieben zu werden, gilt jedoch nicht allein für die Götzendiener, sondern gilt auch für die Besitzer der Schrift, d.h. die Juden und Christen. Es war einer der letzen Anweisungen des Gesandten Allahs (Allahs Segen und Heil auf ihm) - als er bereits auf dem Totenbett lag -, daß auf der arabischen Halbinsel nicht zwei Religionen vorhanden sein sollten. Nach einer Überlieferung von Umar bin al-Chattab sagte der Gesandte Allahs (Allahs Segen und Heil auf ihm):

"Wahrlich, ich werde die Juden und die Christen von der arabischen Halbinsel ausweisen, bis daß ich nur noch Muslime da lasse." (Dies berichtete Muslim)


Ein anderer Gesichtspunkt, der unbedingt erwähnt werden muß, ist der Umstand, daß die Byzantiner und die Perser spürten, daß der Islam für sie gefährlich wird, und sie begannen damit, sich auf den Kampf gegen die Muslime vorzubereiten. Der Grund für die Schlacht von Tabuk war der, daß der Gesandte Allahs (Allahs Segen und Heil auf ihm) davon erfuhr, daß die Römer ihre Truppen zusammenzogen, um Medina anzugreifen. Auch die Position der Perser war von Anfang an klar: Kisra, der Herrscher der Perser, hatte den Brief des Gesandten Allahs (Allahs Segen und Heil auf ihm) zerissen und Badhan, seinen Statthalter im Jemen angewiesen, zwei starke Männer auszusenden, die ihm Muhammad herbringen sollten, und er hatte den Brief nicht gutheißend gesagt: "Er schreibt mir auf diese Art und Weise, während er doch mein Sklave ist?!" Wenn die Muslime also einen Krieg bzw. Angriff von Seiten der Byzantiner und der Perser, welche damals die zwei größten Staaten der Welt waren, erwarteten, so war es ihr Recht, vor Feinden innerhalb der arabischen Halbinsel sicher zu sein.


- Der Umstand, daß die Einladung zum Islam für die ganze Welt gilt, bürdet den Muslimen eine große Verantwortung auf: Der Muslim hat nicht nur Plicht dann zu kämpfen, um sich selbst und sein Land zu verteidigen, sondern er ist auch verpflichtet zur Verteidigung eines jeden anderen Menschen - egal was für ein Mensch dies ist - zu kämpfen:

Allah hat gesagt: "Und was ist mit euch, daß ihr nicht für Allahs Sache kämpft und für die der Schwachen - Männer, Frauen und Kinder -, die sagen: "Unser Herr, führe uns heraus aus dieser Stadt, deren Bewohner ungerecht sind, und gib uns von Dir einen Beschützer, und gib uns von Dir einen Helfer."? "[4:75]


Den Muslimen ist es auferlegt worden, den Menschen die Einladung zu Allah zu überbringen, und so müssen sie alle Hindernisse aus dem Weg räumen, die sich ihnen in den Weg stellen, damit es ihnen möglich ist, die Einladung zu den Menschen zu tragen. Danach sind die Menschen frei, sich zu entscheiden, ob sie diese Einladung annehmen wollen, d.h. Muslime werden wollen, oder Kufr begehen wollen. Wenn diese Hindernisse, die sich vor die Ausbreitung der Einladung zu Allah befinden, ohne Kampf beseitigt werden können, so ist dies besser. Wenn diese aber nur durch Kampf beseitigt werden könnnen, so ist dies rechtmässig, damit die Menschen nicht unter Druck gesetzt werden, und die Möglichkeit bekommen, sich völlig frei zu entscheiden. Allah sagt: "Und bekämpft sie, bis keine Abwegigmachung (arab. fitna) mehr vorhanden ist..."[8:39]


3- Es ist rechtmässig, neue Verträge mit den Götzendienern zu schließen, selbst nach Herabsendung dieser Verse.

Der Quran wundert sich über die Götzendiener, die Verträge mit den Muslimen eingehen und dabei beabsichtigen, sie bei der ersten Gelegenheit zu brechen, und er weist die Muslime auf diesen Tatbestand hin, damit sie sich in Acht nehmen:

"Wie kann es einen Vertrag geben zwischen den Götzendienern und Allah und Seinem Gesandten - allein die ausgenommen, mit denen ihr bei der heiligen Moschee ein Bündnis eingingt -? Solange diese euch die Treue halten, haltet ihnen die Treue..." [9:7]

Die Tatsache, daß die Götzendiener im allgemeinen nicht ihre Verträge einhalten, bedeutet jedoch nicht, daß es nicht auch Ausnahmen gibt, und so ist es die Pflicht der Muslime, die Verträge einzuhalten, solange die Götzendiener es auch tun...

Auch hat Allah es den Muslimen erlaubt, nachdem die Beendigung der Vertragsdauer mit den Götzendienern verkündet worden ist, trotzdem jedem beliebigen Götzendiener, der bei ihnen Zuflucht sucht, solange eine Sicherheitsgaantie zu geben, bis er das Wort Allahs vernommen hat. Wenn dies geschehen ist, haben die Muslime dann die Plicht, ihn an einen Ort zu bringen, wo er sicher ist. Die sog. Sicherheitsgarantie (arab. Aman) ist ein Vertrag mit einer Einzelperson; ein Vertrag mit einer Gruppe von Götzendienern ist genauso gestattet wie der Vertrag mit einer Einzelperson, wenn darin ein Nutzen für die Einladung zum Islam liegt, wobei sich jedoch die Muslime davor in Acht nehmen sollen, daß die Gefahr besteht, daß die Götzendiener den Vertrag bei der ersten Gelegenheit brechen.


4- Der Befehl im folgenden Quranvers: "..., dann tötet die Götzendiener, wo immer ihr sie findet, ..."[9:5] bedeutet eine Erlaubnis (arab. mubah) und nicht eine Pflicht (arab. wudschub):

Es ist in der Wissenschaft des Usul-al-fiqh (Grundlagen der Rechtwissenschaft) bekannt, daß ein Befehl eine Pflicht (arab. wuschub) nach sich zieht - außer wenn eine dazugehörige Textstelle existiert, welche auf etwas anderes als auf die Pflicht zur Ausführung der Tat hinweist. Das Mindeste, was dann aus diesem Befehl folgt, ist, daß die angesprochene Tat erlaubt ist.

Der Befehl hier - die Götzendiener zu töten - bedeutet, daß dies erlaubt (arab. mubah) ist, und nicht etwa, daß man sie Töten muß, und dies aus dem Grund, weil die Fortsetzung des Verses und der darauffolgende Vers zwei dazugehörige Textstellen sind, welche auf dies hinweisen:


Die Fortsetzung im Vers lautet (zu besseren Verständnis wurde der oben zitierte Teil noch einmal mitziert): "..,dann tötet die Götzendiener, wo immer ihr sie findet, und ergreift sie und belagert sie und lauert ihnen aus jedem Hinterhalt auf..."[9:5] Dies bedeutet, daß es für den Muslim erlaubt ist, die Götzendiener zu töten oder sie zu Gefangenen zu nehmen - und einen Gefangenen kann man später entweder töten oder mit bzw. ohne Lösegeld freilassen. Es ist aber auch erlaubt, es dabei zu belassen, die Götzendiener zu umzingeln und zu beobachten und davon abzuhalten, die Heilige Moschee zu betreten...Wenn wir es also als Pflicht betrachten würden, die Götzendiener zu töten, dann wäre es nicht erlaubt, sie zu Gefangenen zu nehmen. Es wäre also ein Widerspruch vorhanden. Einen Widerspruch gibt es aber im Worte Allahs des Erhabenen nicht.

Der darauffolgende Vers lautet: "Und wenn einer der Götzendiener bei dir Schutz sucht, dann gewähre ihm Schutz, bis er Allahs Worte vernehmen kann; hierauf lasse ihn den Ort seiner Sicherheit erreichen..." Dieser Vers weist den Muslim an, einem Götzendiener die Schutzbürschaft (arab. dschiwar) zu geben, wenn dieser es verlangt, bis daß er das Wort Allahs vernommen hat. Daraufhin - wenn der Götzendiener nicht den Islam annehmen sollte - hat der Muslim die Pflicht, den Götzendiener an den Ort seiner Sicherheit zu bringen. Dieser Vers hier macht es nicht zur Pflicht, den Götzendiener zu töten, was eine Bestätigung dafür ist, daß der Befehl im vorangegangenen Vers kein Muß bedeutet, sondern daß das Töten der Götzendiener etwas Erlaubtes ist, und daß die Absicht des Befehl nicht etwa ist, daß es unbedingt zum Töten kommt, sondern daß die Götzendiener davon abgehalten werden sollen, ihre Rituale in der Heiligen Moschee offen zu zeigen, weiterhin, daß ihre Streitkraft geschwächt werden soll - und daß, wenn dies nur durch das Töten erreicht werden kann, dieses Töten rechtmäßig ist.


Zusammengefaßt gesagt, gelten die Verse der Sure Bara'a (Sure 9) speziell für die Götzendiener auf der arabischen Halbinsel; und sie können nicht für außerhalb der arabischen Halbinsel angewendet werden. Und es handelte sich um eine zeitgebundene Bestimmung, welche das Ziel hatte, die Ka'ba von den Anzeichen des Schirk zu reinigen, und die Streitkraft der Götzendiener auf der arabischen Halbinsel zu zerschlagen. Danach gilt wieder die ursprüngliche Bestimmeung, daß die Dschizya (Ersatzsteuer) von jedem Götzendiener angenommen wird - gleich ob er Araber ist oder nicht, wenn er den Schutzvertrag (arab. aqdu-dh-Dhimma) akzeptiert.




Zweitens: Die Leute der Schrift (Juden und Christen)


Allah der Erhabene hat gesagt: "Kämpft gegen diejenigen, die nicht an Allah und an den Jüngsten Tag Iman haben, und die das nicht für verboten erklären, was Allah und Sein Gesandter für verboten erklärt haben, und die nicht dem wahren Din folgen - von denen, die die Schrift erhalten haben, bis sie eigenhändig die Schutzsteuer in voller Unterwerfung entrichten. [9:29]"


Die meisten Überlieferungen sagen, daß dieser Vers kurz vor dem Feldzug von Tabuk herabgesandt wurde, und daß bei diesem Feldzug genau die Situation vorhanden war, in der der oben zitierte Vers verstanden werden muß. Und das Wahrscheinlichste ist, daß der Grund für den Feldzug von Tabuk der war, daß die Byzantiner sich vorbereiteten, Medina anzugreifen. Es ist sogar bekannt, daß die arabischen Stämme, die am Rand von Asch-Scham wohnten und zum Einfluß- bzw. Machtbereich der Byzantiner gehörten, und von denen einige Christen waren, eine den Muslimen gegenüber feindliche Einstellung eingenommen hatten, da sie sich Übergriffe auf Handelskarawanen leisteten und einen Botschafter des Gesandten Allahs (Allahs Segen und Heil auf ihm) getötet hatten. Die Muslime bekämpften diese Christen nicht wegen ihres Weigerung, den Islam anzunehmen, sondern wegen der Übergriffe und Agressionen, die die Christen gegen die Muslime begonnen hatten. Der Quranvers jedoch umfaßt alle Leute der Schrift (d.h. Juden und Christen), und befiehlt, sie solange zu bekämpfen, bis sie eigenhändig die Schutzsteuer (arab. dschizya) in voller Unterwerfung entrichten. Später wird näher auf die sog. Schutzsteuer, die Dschizya eingegangen. Hier wollen wir nur erwähnen, daß ein Unterschied zwischen der Aussage Allahs über die Götzendiener - "und tötet die Götzendiener, wo immer ihr auf sie trefft" - und Seiner Aussage über die Leute der Schrift - "Kämpft gegen diejenigen, ... von denen, die die Schrift erhalten haben" - besteht. Der Grund ist, daß die Götzendiener der arabischen Halbinsel nur die Wahl haben zwischen der Annahme des Islam, dem Getötetwerden und dem, daß sie die arabische Halbinsel verlassen. Die Leute der Schrift hingegen werden aus Gründen bekämpft, die wir später erwähnen wollen, und der Kampf mit ihnen kann enden, wenn sie sich unterwerfen und die Dschizya bezahlen.


Wir wollen auch darauf hinweisen, daß der Befehl zum Kämpfen bedeutet, daß dieser rechtmäßig ist, nicht aber eine Pflicht, weil das Ziel der Muslime in deren Beziehung mit den Nichtmuslimen deren Rechtleitung und nicht deren Tötung ist. Wenn die Überbringung der Botschaft ohne Kampf erfolgen kann, so ist die besser, wie die Schafiitische Rechtsschule sagt. Wenn jedoch die Ausrichtung der Botschaft nur mithilfe des Kampfes erfolgen kann, so wird dieser zur Pflicht. Das Bild, das einige Leute vom Muslim haben, daß dieser sein Schwert trägt und damit auf die Menschheit losgeht, und immer, wenn er auf einen Kafir trifft, daß er ihn dann tötet - dies ist ein Vorstellung, welche einige Orientalisten verbreitet haben, um ein verfälschtes Bild vom Islam und vom islamischen Dschihad zu verbreiten.




Drittens: Gibt es bei Versen, die vom Kampf handeln, ein Nasih und Mansuh, d.h. solche Verse, die von anderen abrogiert (d.h. rechtlich außer Kraft gesetzt) wurden?


Ibn Barizi (gest. 738 n.H.) sagt in seinem Buch "Die abrogierten und die abrogierenden Stellen des Quran":


"Durch den Schwertvers "Und wenn die heiligen Monate abgelaufen sind, dann tötet die Götzendiener, wo immer ihr sie findet, und ergreift sie und belagert sie..."[9:5] wurden 114 Stellen abrogiert, wie Ibn Hazm sagt. Und daraufhin hat Allah einen Teil der Bestimmung, die mit dem Schwertwers festgelegt wurde, mit folgendem abrogiert: "Und wenn einer der Götzendiener bei dir Schutz sucht, dann gewähre ihm Schutz, bis er Allahs Worte vernehmen kann; hierauf lasse ihn den Ort seiner Sicherheit erreichen."[9:6] Außerdem hat Er die Allgemeinheit dieser Bestimmung, wie sie aus dem ersten Teil des Schwertverses hervorgeht, durch das Ende des Schwertverses abrogiert: "...Wenn sie aber bereuen und das Gebet verrichten und die Zakah entrichten, dann gebt ihnen den Weg frei..."[9:5]

Und dem Bekämpfungsvers, welcher der folgende Vers aus Sure At-Tauba ist: "Kämpft gegen diejenigen, die nicht an Allah und an den Jüngsten Tag Iman haben... [9:29]" hat Allah acht Stellen abrogiert...."


Es besteht kein Zweifel darin, daß viele Gelehrte bemerkten, daß hier sehr übertrieben wurde bei der Behauptung, daß Abrogationen vorliegen, und vor dieser Übertreibung gewarnt haben, weil die Abrogation - wenn sie nicht wirklich hundertprozentig gesichert vorhanden ist - dahin führt, daß ein man davon abhält, daß eine gesichert im Rahmen der Scharia stehende Handlung ausgeführt wird aufgrund einer nicht gesichert bestehenden Abrogation. Und dies bedeutet ein Außerkraftsetzen von Allahs Gesetz, der Scharia.


Wir können wohl die Gefahr und den Fehler solcher Übertreibungen feststellen, wenn wir als Beispiele einige solcher Verse anführen, von denen einige Gelehrte behaupteten, daß sie vom Schwertvers oder vom Bekämpfungsvers abrogiert wurden:


1- Allah hat gesagt: "..und sprecht Gutes zu den Menschen..."[2:83]. Ibn al-Dschauziy sagt: "Einige Leute meinen, daß damit gemeint ist, daß man milde mit den Götzendienern umgehen soll, wenn man sie zum Islam einlädt. Und diese Leute meinen, daß dieser Vers durch den Schwertvers abrogiert wurde. Ibn al-Dschauziy antwortet darauf, daß dies weit hergeholt ist.


2- Allah der Erhabene hat gesagt: "...Doch vergebt und seid nachsichtig, bis Allah Seine Entscheidung ergehen läßt..."[2:109] Qatada und andere sagten, daß die Vergebung und Nachsichtigkeit durch den Schwertvers oder durch den Bekämpfungsvers abrogiert worden seien...Ibn al-Dschauziy antwortete darauf, daß dieser Vers nicht abrogiert wurde...


3- Allah der Erhabene hat gesagt: "...Doch wir haben unsere Taten und ihr habt eure Taten..."[2:139] Ibn al-Dschauziy sagte, daß einige Quranexegesen der Meinung sind, daß diese Worte eine Anweisung sind, eine Art von Milde gegenüber den Götzendienern zu zeigen, und daß aber diese Worte dann durch den Schwertvers abrogiert wurden - und er antwortete diesen Quranexegesen, daß die Behauptung, daß hier eine Abrogation vorliegt, nicht richtig ist, und zwar aus vier Gesichtspunkten, welche er in seinem Buch "Nawasih al-Quran" (Die abrogierten Stellen des Quran) erwähnte, und die man dort nachschlagen kann.


4- Allah der Erhabene hat gesagt: "...Und kämpft auf dem Weg Allahs gegen diejenigen, die gegen euch kämpfen, doch übertretet nicht. Wahrlich, Allah liebt nicht diejenigen, die übertreten..." [2:190] Ibn al-Dschauziy erwähnte, daß die Quranexegesen verschiedene Meinungen über diesen Vers hatten, und daß sie sich nicht darüber einig waren, ob dieser Vers Rechtsgültigkeit besitzt oder aber abrogiert ist, und ob der erste Teil oder der zweite Teil des Verses abrogiert ist, und welches die Verse sind, die diesen Vers abrogieren. Ibn al-Dschauziy diskutierte all diese verschiedenen Aussagen, und kam schließlich zum Schluß, daß der gesamte Vers Rechtsgültigkeit besitzt, und daß die Behauptung, daß eine Abrogation vorliegt, weit wegzuweisen ist.


5- Allah der Erhabene hat gesagt: "Es gibt keinen Zwang im Glauben...". Ad-Dahak, As-Siddiyy und Ibn Zaid sagen, daß dieser Teil des Verses durch den Schwertvers abrogiert wurde, während jedoch keinerlei Widerspruch besteht zwischen der Pflicht zum Kampf und dem, daß kein Zwang im Glauben besteht.


6- Der Erhabene hat gesagt: "Und wenn sie sich abwenden, so liegt dir lediglich die Verkündung ob..."[3:20] Einige Quranexegesen meinen, daß dieser Vers durch den Schwertvers abrogiert wurde. Ibn al-Dschauziy antwortete ihnen, daß hier keine Abrogation vorliegt.


7- Allah der Erhabene hat gesagt: "So wende dich von ihnen ab und ermahne sie..."[4:63] Einige Quranexegesen sagen, daß dies vor dem Befehl zum Kampf galt, und daß dies durch den Schwertvers abrogiert wurde, obwohl der Befehl zum Kampf nicht automatisch bedeutet, daß es immer möglich ist, auch wirklich zu kämpfen. Und so ist das Sichabwenden von den Kafirun weiterhin gefordert, wenn diese sich weigern, den Islam anzunehmen und die Bedingungen für deren Bekämpfung nicht erfüllt sind.


8- Allah hat gesagt: "...und wenn sich jemand abwendet, so haben Wir dich nicht zum Hüter über sie gesandt..." [4:80] Einige Leute, unter ihnen Abdurrahman ibn Zaid sind der Meinung, daß dieser Vers durch den Schwertvers abrogiert wurde. Ibn al-Dschauziy sagt hierzu: "Diese Anschauung liegt fern, da der oben angeführte Versteil bedeutet: "Und Wir haben dich nicht eingesetzt, um sie zur Rechenschaft zu ziehen." Es ist also kein Gesichtspunkt für eine Abrogation vorhanden.


9- Allah hat gesagt: "So wende dich von ihnen ab und vertraue auf Allah..."[4:81] Ein Teil der Qurankommentatoren sagte, daß dieses Sichabwenden durch den Schwertvers abrogiert wurde, obwohl kein Widerspruch besteht zwischen dem Sichabwenden und der Pflicht zum Kampf. Es ist also kein Grund vorhanden, zu behaupten, daß eine Abrogation vorliegt.


10- Der Erhabene hat gesagt: "...also vergib ihnen und wende dich von ihnen ab..."[5:13] Viele Qurankommentatoren sagten: "Das Vergeben und Sichabwenden hier und in anderen Versen ist durch den Schwertvers oder durch den Bekämpfungsvers abrogiert worden...Ibn al-Dschauziy antwortet auf diese Behauptung, daß eine Abrogation vorliegt, und führt an, was der große Qurankommentator Ibn Dscharir at-Tabari gesagt hat, nämlich daß das Vergeben erlaubt ist, solange sie nicht den Krieg erklären und sich nicht weigern, die Dschizya (Schutzsteuer für nichtmuslimische Staatsbürger im islamischen Staat) zu bezahlen.


11- Allah der Erhabene hat gesagt: "Dem Gesandten obliegt nur die Verkündigung..."[5:99] Ibn al-Dschauziy erwähnte, daß die Quranexegesen sich darüber nicht einig waren, ob dieser Vers Rechtsgültigkeit besitzt oder abrogiert ist; und er sagte, daß die Aussage, daß der Vers Rechtsgültigkeit besitzt, richtiger ist.


12- Allah hat gesagt: "Sprich: "Ich bin nicht euer Wächter..." "[6:66]. Ibn al-Dschauziy erwähnte, daß die Quranexegesen verschiedene Meinungen darüber hatten, ob dieser Vers durch den Schwertvers abrogiert wurde, oder ob er Rechtsgültigkeit besitzt. Ibn al-Dschauziy zog die Meinung vor, daß dieser Vers Rechtsgültigkeit besitzt, da es sich um eine Mitteilung bzw. Nachricht handelt, und weil eine Nachricht nicht abrogiert wird.


13- Allah hat gesagt: "Und verlaß jene, die mit ihrem Din ein Spiel treiben und ihn als Zerstreuung betrachten, ..."[6:70] Qatada und as-Siddiyy sagen, daß dieser Vers dazu auffordert, nachsichtig mit ihnen zu sein und sich von ihnen abzuwenden, und daß dieser Vers durch den Schwertvers abrogiert wurde. Mudschahid jedoch sagte, daß dieser Vers eine Warnung ist und Rechtsgültigkeit besitzt. Ibn al-Dschauziy bestätigte, daß die Aussage Mudschahids richtig ist.


14- Allah hat gesagt: "..Sprich: "Allah"...Dann laß sie"[6:91] Und Allah sagte: "Wenn einer also sieht, so ist es zu seinem eigenen Besten; und wenn einer blind wird, so ist es zu seinem eigenen Schaden. Und ich bin nicht euer Wächter..." [6:104] Und Allah sagte: "Und wende dich von den Götzendienern ab."[6:106] Und Allah sagte: "Wir haben dich weder zu ihrem Hüter gemacht, noch bist du ihr Wächter..." [6:107] Einige Quranexegesen behaupteten, daß bei all diesen Versen eine Abrogation vorliegt. Ibn al-Dschauziy antwortete darauf, daß all diese Verse Rechtsgültigkeit besitzen.


15- Ebenso behaupteten einige Quranexegesen, daß Verse wie

"So überlaß sie sich selbst mit dem, was sie erdichten..."[6:112],

"Sprich: "O Leute, handelt eurem Standpunkt gemäß, (auch) ich werde handeln. Bald werdet ihr erfahren..." [6:135],

".."Wartet nur; auch wir warten".."[6:158] und

"...mit jenen hast du nichts Gemeinsames..."[6:159]

durch den Schwertvers und den Bekämpfungsvers abrogiert seien. Ibn al-Dschauziy antwortete ihnen, daß sie alle Rechtsgültigkeit besitzen.


16- Allah hat gesagt: "Und schmäht die nicht, welche sie statt Allah anrufen, sonst würden sie aus Groll ohne Wissen Allah schmähen..."[6:108] Einige Quranexegesen sagten, daß dies durch den Schwertvers abrogiert sei, weil der Schwertvers den Befehl zum Töten beinhaltet, und das Töten häßlicher als das Schmähen ist. Ibn al-Dschauziy antwortete ihnen, daß dieser Vers nicht abrogiert ist.


Dies soll an Beispielen genügen, welche deutlich den Fehler aufzeigen, der einigen Quranexegesen unterlaufen ist, indem sie dem Schwertvers bzw. dem Bekämpfungsvers viel mehr aufluden, als diese tragen - weil die Rechtmäßigkeit, daß die Muslime beim Kampf mit den Kafirun diejenigen sind, die mit dem Kampf beginnen, nicht die Rechtmäßigkeit außer Kraft setzt zu vergeben und sich abzuwenden, wenn nicht gekämpft wird.


Der Schwertvers und der Bekämpfungsvers abrogieren keinen einzigen Vers aus dem Quran - gleich ob es sich um Verse handelt, die den Umgang mit den Kafirun bestimmen, oder ob es sich um Verse handelt, die mit der Erlaubnis (arab. ibaha) zu tun haben, die Kafirun aus Selbstverteitigungsgründen zu bekämpfen oder ob es sich um andersartige Verse handelt - und zwar aus folgenden Gründen:


1- Der Schwertvers und der Bekämpfungsvers setzten die Rechtmäßigkeit dessen fest, daß die Muslime mit dem Kampf unter bestimmten Bedingungen - wenn dies dem Vorteil der Ausbreitung der Einladung zum Islam dient - beginnen können. Jedoch setzen diese beiden Verse nicht die Rechtmäßigkeit des Kampfes aus Selbstverteidigungsgründen und als Antwort auf Ubertretungen des Feindes außer Kraft. Und sie setzend auch nicht die Rechtmäßigkeit dessen außer Kraft, daß die Muslime geduldig ausharren, wenn sie nicht in der Lage sind zu kämpfen.


2- Der Schwertvers und der Bekämpfungsvers weisen zum Kampf an; jedoch ist der Befehl zum Kampf eine Sache, und das tatsächliche Zustandekommen des Kampfes eine andere. Wenn es tatsächlich zum Kampf kommen sollte, dann sind diejenigen Verse außer Kraft gesetzt, die zum Vergeben und Abwenden oder Ähnliches aufrufen; sollte es jedoch nicht zum Kampf kommen - auf grund von Umständen, die der muslimische Herrscher abgewogen hat, so bleibt das Festhalten an der Geduld, der Vergebung, dem Sichabwenden und dem, daß nicht die falschen Götter der Kafirun beschimpft werden sollen, damit sie nicht Allah den Erhabenen beschimpfen, weiterhin rechtlich gültig.


3- Die Abrogation bedeutet, daß der abrogierten Bestimmung die Rechtmäßigkeit entzogen wird, und es absolut verboten ist, weiterhin gemäß dieser abrogierten Bestimmung zu handeln...Die Bestimmungen, die den Kampf betreffen, bewegten sich jedoch von einem Stadium ins andere, je nachdem, wie die Umstände der Muslime waren. Wenn die Umstände wieder so werden, wie sie waren, als den Muslimen verboten war zu kämpfen, dann bleibt die Rechtmäßigkeit des Verbotes zu kämpfen aufrechterhalten, und wenn die Umstände sich dahingehend ändern sollten, daß sie denen ähneln, als es lediglich erlaubt war zu kämpfen, dann bleibt die Rechtmäßigkeit des Erlaubtseins des Kampfes aufrechterhalten; und wenn es die Umstände der Muslime erlauben, daß sie als Antwort auf Übertretungen des Feindes kämpfen, dann ist dies rechtmäßig...Der Islam wird zu einer starren Religion und die Muslime kommen nicht voran, wenn nicht die momentanen Umstände in Betracht gezogen werden...

Wenn man sagt, daß die Verse bezüglich des Kampfes, die im letzten Stadium geoffenbart wurden, alle anderen Verse abrogiert haben, so daß man nicht mehr gemäß der früher geoffenbarten Verse handeln darf, dann bedeutet dies folgendes:

a) Daß die Muslime nach wie vor in der Position der Stärke sind, wie sie es waren, als die Verse des letzten Stadiums geoffenbart wurden, und daß man also ständig gemäß dieser letzgeoffenbarten Verse handeln soll, um das entsprechende Ziel zu erreichen. Daß die Umstände, in denen sich die Muslime befinden, immer die gleichen bleiben, muß jedoch nicht unbedingt sein.

b) Da die Umstände, in denen sich die Muslime befinden, ändern können, was auch seit hunderten von Jahren der Fall ist, würde ein Handeln gemäß der Verse des letzten Stadiums bedeuten, daß von den Muslimen mehr gefordert wird, als ihre Möglichkeiten erlauben. Und wenn sie trotzdem danach handeln würden, obwohl sie eigentlich nicht in der Lage dazu sind, dann wird das auch nicht zu dem Ziel führen, dessen Erreichung damals der Grund für die Offenbarung dieser Verse war - sondern es wird vielleicht sogar genau das Gegenteil erreicht.




Die Meinungen von Imam as-Suyuti und von Raghib al-Asfahani


Dr. Kamil ad-Daqs unterstützte in seinem Buch "Die Verse über den Dschihad im Quran" die Meinung, daß die von den entsprechenden Phasen abhängigen Bestimmungen des Dschihad nicht abrogiert seien. (Bei Vorliegen einer Abrogation wäre es also nach der Offenbarung der Bestimmungen der letzten Phase, welche sich in der 9. Sure befinden, verboten, entsprechend der früheren Bestimmungen betreffs des Kampfes zu handeln, gleich unter welchen Umständen sich die muslimische Gemeinschaft (arab. Umma) befindet.) Zur Bestätigung dieser Anschauung führte er die Einteilung der Abrogation in drei Arten von Imam as-Suyuti (Allah möge ihm barmherzig sein) an:

"...Die dritte Art ist, wenn eine Anweisung aus einem bestimmten Grund gemacht wurde, und später der Grund dafür weggefallen ist, wie z.B. der Befehl zur Geduld und zum Sichabwenden, wenn die Muslime schwach und gering an Zahl sind. Später ist dies dann durch die Pflicht zum Kampf abrogiert worden. Dies ist in Wirklichkeit jedoch keine echte Abrogation, sondern eine sog. Mansaa, wie Allah sagt: "..oder wenn Wir sie zeitweise ungültig (arab. nansa’aha, in einer anderen Lesart heißt es nunsiha. Die Bedeutung des Verses im Falle von nunsiha ist: wenn wir sie vergessen lassen) machen.."[2:106]. Beim Befehl zum Kampf liegt also eine Mansa‘a vor, bis daß die Muslime erstarken; wenn also die Muslime schwach sind, dann gilt die Bestimmung, daß es Pflicht ist, geduldig das zu ertragen, was den Muslimen an Schaden zugefügt wird. Und so wird das abgeschwächt, auf was viele so erpicht sind, nämlich daß der Schwertvers [9:5] angeblich den Vers abrogiert hat, der zum geduldigen Ausharren anhält. Es handelt sich jedoch in Wirklichkeit nicht um eine Abrogation, sondern um eine Mansa‘a. Eine Abrogation (arab. Nash) bedeutet die Abschaffung einer Bestimmung, in dem Sinne, daß es verboten ist, weiterhin danach zu handeln."


Ähnliches führte Dr. ad-Daqs von ar-Raghib al-Asfahani an, der die verschiedenen Phasen in den Bestimmungen über den Kampf mit folgenden Worten aufzeigt:


"Dem Gesandten wurde zunächst befohlen, milde zu sein und sich auf die Ermahnung und die Diskussion auf gute Art und Weise zu beschränken. Später wurde ihm der Kampf erlaubt, und dann schließlich wurde ihm befohlen, diejenigen zu bekämpfen, die die Wahrheit bekriegten. Diese verschiedenen Zustände waren von der momentan angebrachten Politik bestimmt."








Kapitel 3: Einige Ahadith (d.h. Überlieferungen des Propheten), die vom Kampf handeln, und deren Auslegung




Erster Hadith: Buchari und Muslim überlieferten, daß Abu Huraira berichtete, daß der Gesandte Allahs (Allahs Segen und Heil auf ihm) gesagt hat:

"Mir wurde befohlen, die Menschen (arab. an-nas) solange zu bekämpfen, bis sie "Es gibt keinen Gott außer Allah" sagen. Wenn sie es gesagt haben, so bewahren sie ihr Leben und ihre Güter vor mir, es sei denn, sie begehen eine nach dem Islam strafbare Handlung; und ihre Rechenschaft ist (letzten Endes) bei Allah."

Mit "Menschen" sind hier ausschließlich die arabischen Götzendiener gemeint - darüber sind die Gelehrten übereingekommen (arab. idschma'). Der Hinweis darauf, daß hier mit dem Wort "Menschen" nur einige und nicht alle Menschen gemeint sind, ist, daß von den Besitzern der Schrift (d.h. den Juden und den Christen) die Dschizya angenommen wird, wie es im Quran steht, und daß die Dschizya von Nichtarabern angenommen wird, wie die meisten (arab. dschumhur) Rechtgelehrten übereingekommen sind. Die Überlieferung dieses Hadith von Nasaii bestätigt diese Bedeutung, wo es heißt: "Mir wurde befohlen, die Götzendiener zu bekämpfen, ...". In der arabischen Sprache ist es gebräuchlich, daß man einen allgemeinen Ausdruck gebraucht, obwohl man nur einen Teil der Mitglieder meint. Allah hat gesagt: "Diejenigen, zu denen die Menschen (arab. an-nas) sagten: "Seht, die Menschen (an-nas) haben sich bereits gegen euch geschart; fürchtet sie darum!" - nur stärker wurden sie im Iman..."[3:173]. Diejenigen, die dies sagten, waren mit Sicherheit nur ein Teil der Menschen und nicht alle Menschen, sowie auch diejenigen, die sich versammelten, um die Muslime zu bekämpfen, nur einige Menschen und nicht alle Menschen waren. Es wird sogar in einigen Überlieferungen berichtet, daß diejenigen, die dies sagten, Na'im ibn Masud al-Aschdschai war, und diejenigen, die sich versammelten, Sufyan ibn Harb war."




Zweiter Hadith: Von Abdullah ibn Umar ibn al-Chattab, der gesagt hat: der Gesandte Allahs (Allahs Segen und heil auf ihm) hat gesagt: "Ich bin vor der Stunde (d.h. dem Tag der Auferstehung) gesandt worden mit dem Schwert, bis Allah der Erhabene allein und ohne Beigesellen angebetet wird. Und meine Versorgung wurde mir im Schatten meines Speeres gegeben; und demjenigen, der sich meinem Befehl widersetzt, ist Erniedrigung und Unterwürfigkeit beschieden. (Dies berichteten Ahmad, Abu Ya'la in seinem Masnad und at-Tabarani im Kabir)


Dieser Hadith muß auch im Licht aller Bestimmungen des islamischen Rechts (arab. Scharia) gesehen werden. Mit "Ich bin vor der Stunde (d.h. dem Tag der Auferstehung) gesandt worden mit dem Schwert" ist gemeint, daß der Kampf unter Benutzung des Schwertes in der Botschaft Muhammads (Allahs Segen und Heil auf ihm) etwas Rechtmäßiges ist, und zwar von dem Zeitpunkt seiner Gesandtschaft bis hin zum Tag der Auferstehung, da er der letzte Gesandte ist. Hingegen war der Kampf in der Botschaft von Jesus (Friede sie mit ihm) nicht rechtmäßig, denn Jesus (Friede sei mit ihm) wurde nur mit dem schönen Wort und der Einladung zu Allah gesandt; unseren Gesandten Muhammad (Allahs Segen und Heil auf ihm) hat jedoch Allah der Erhabene mit der letzten Botschaft beauftragt, und Er wollte, daß diese Botschaft alle Menschen erreicht, damit sie diese aus der Dunkelheit errettet und ins Licht führt und sie veranläßt, unter dem Gesetz Allahs zu leben. Es ist nur natürlich, daß die Feinde des Islam - die Teufel der Menschen und der Dschinnen - auf keinen Fall die Ausbreitung dieser Religion zulassen wollen. Sie verwenden vielmehr alle möglichen Mittel - und darunter auch das Schwert -, um den Islam und die Muslime zu vernichten. Aus diesem Grund war es nötig, daß die Muslime das Schwert mit dem Schwert beantworten; und aus diesem Grund ist es rechtmäßig in der Botschaft Muhammads (Allahs Segen und Heil auf ihm), das Schwert zu benutzen, um die Feinde von Übergriffen auf die Muslime abzuhalten, um es abzuwenden, daß die Menschen vom Islam mit Gewalt abwegig gemacht werden, und um die Götzendiener und die Kafirun in ihre Schranken zu weisen.

Dieser Hadith bedeutet also, daß die Benutzung des Schwertes rechtmäßig ist. Wann und unter welchen Umständen und Bedingungen dies geschieht, und welches die Regeln dafür sind - diese Dinge wurden durch Quranverse und andere Hadithe aufgezeigt.


"Ich bin vor der Stunde (d.h. dem Tag der Auferstehung) gesandt worden mit dem Schwert, bis Allah der Erhabene allein und ohne Beigesellen angebetet wird" bedeutet nicht, daß die Nichtmuslime mit dem Schwert gezwungen werden sollen, Allah alleine zu dienen. Solch ein Verständnis kann nicht richtig sein, und es würde der unmißverständlichen Aussagen Allahs "Es gibt kein Zwang im Din"[2:256] und "Willst du etwa die Menschen zwingen, Mu‘minun zu werden?!"[10:99]. Das richtige Verständnis dieses Hadith ist, daß die Auseinandersetzung und der Kampf zwischen den Muslimen und ihren Feinden andauern wird; und es ist unmöglich daß dies ein Ende hat, außer wenn alle sich dahingehend ergeben, Allah allein zu dienen. Sobald es jedoch Muslime und Kafirun gibt, so liegt dies in der Natur des irdischen Lebens, daß diese Auseinandersetzung andauern wird. Und es gehört zum Wesen dieser Auseinandersetzung, daß es manchmal - unter gewissen Umständen – zur bewaffneten, kriegerischen Auseinandersetzung kommt.


Wenn wir diese zwei und ähnliche Ahadith und die Verse der Sure Bara'a (Sure 9) und ähnliche Verse richtig verstehen, und wenn wir sie im Lichte von anderen Bestimmungen der islamischen Scharia und im Licht der Rechtleitung, die aus der Biographie des Propheten (Allahs Segen und Heil auf ihm) entspringt, betrachten, dann kommen wir zu einem klaren Schluß, und zwar daß die Muslime nicht übertretenderweise mit dem Kampf beginnen, sondern sie kämpfen zur Erreichung von rechtmäßigen Zielen und aus begrenzten Beweggründen, welche wir später, so Gott will, erwähnen wollen.


Das jedoch, was einige durch eine oberflächliche Betrachtung von Versen und Ahadith vom Islam verstehen, daß der Islam den Muslim anweist, die Menschen zu bekämpfen, damit sie den Islam annehmen - dies ist eine merkwürdige und gefährliche Verständnisweise, da sie auf einem oberflächlichen Verständnis eines Verses beruht, wobei hunderte von unmißverständlichen Ahadith im Widerspruch zu diesem Verständnis stehen und es auf dem oberflächlichen Verständnis eines Hadith beruht, und dabei im Widerspruch zur gesamten Biographie (arab. Sira) des Gesandten Allahs (Allahs Segen und Heil auf ihm) und seiner Ahadith steht. Der Gesandte bekämpfte die Götzendiener, er akzeptierte es jedoch von ihnen, daß sie nicht den Islam annahmen. Er hat mit den Quraisch einen Vertrag geschlossen, hat aber keine Dschizya (Schutzsteuer) von ihnen genommen, und er hat mit den Juden in Medina einen Vertrag geschlossen und von ihnen keine Dschizya verlangt. Von den Besitzern der Schrift und den Feueranbetern (arab. Madschus) von Hidschr und ihren Verbündeten hat er andererseits die Dschizya genommen. Die Gelehrten sind übereingekommen, daß das muslimische Heer in den Feldzügen die Feinde vor die Wahl stellt, den Islam anzunehmen oder aber die Dschizya zu bezahlen. Das Ziel des Islam ist es nicht, die Kafirun zu töten, sondern sie rechtzuleiten. Wenn es aber unter bestimmten Bedingungen zum Kampf kommt - und der Kampf ist die Ausnahme - dann wird dieser nur zur Erreichung bestimmter, beschränkter Ziele geführt.




Kapitel 4: Was ist bei den Muslimen der Beweggrund zu kämpfen?




Was ist der Beweggrund für Muslime, gegen Nichtmuslime einen Krieg zu führen? Ist der Grund für die Kriegserklärung von Seiten der Muslime etwa der Umstand, daß die Nichtmuslime nicht den Islam annehmen wollen? Oder aber ist es vielmehr so, daß die Muslime nur dann gegen Nichtmuslime kämpfen, wenn diese mit den Aggressionen begonnen haben? Dr. Wahbat az-Zuhaili sagt:


"Die große Mehrheit (arab. dschumhur) der Rechtsgelehrten der malikitischen, hanafitischen und hanbalitischen Rechtsschulen sagt, daß der Beweggrund für den Kampf die Bekriegung, Bekämpfung und Übertretung von Seiten der Kafirun ist - und nicht deren Kufr. Niemand wird allein wegen seines Kufr getötet, sondern aufgrund seines Angriffs gegen den Islam. Es ist nicht erlaubt, diejenigen zu bekämpfen, die nicht den Islam bzw. die Muslime angreifen. Mit diesen Menschen sollen die Muslime auf friedliche Weise umgehen. Diese Auffassung leiteten sie aus dem Vers über die Dschizya ab, welcher das Erreichen eines Vertrages zum Ziel des Kampfes macht. Wäre der Kufr der Grund für deren Bekämpfung, dann wäre das Ziel des Kampfes der, daß sie Muslime werden; und es würde von ihnen nicht die Dschizya akzeptiert werden und sie würden nicht bei ihrem Glauben belassen werden. Als weiteren Hinweis für diese Auffassung führten sie an, daß, wenn der Kufr der Grund für die Tötung wäre, dann wäre es nicht verboten (arab. haram), Frauen, Kinder, Mönche und diejenigen zu töten, die nicht am Kampf teilhaben.

Asch-Schafii sagt in einem von zwei Aussagen von ihm, und ebenso einige Gefährten von Ahmad (ibn Hanbal):

"Das, was das Töten erlaubt (mubah) macht, ist der Kufr." Aus diesem Grund halten sie das Töten von jenen, die nicht am Kampf teilhaben für erlaubt. Als Beleg für ihre Ansicht führen sie an, daß der Teilvers "Tötet die Götzendiener"[9:5] für alle Götzendiener gilt (wörtl. allgemein zu verstehen ist). Jedoch ist ihnen zu antworten, daß dieser Vers nur von allgemeinem Charakter ist, der eingeschränkt wird durch das Verbot, einen Dhimmi, Frauen und Kinder zu töten. Diesbezüglich sind die gesunden (arab. sahih) Hadithe zahlreich und berühmt. Ebenso ist ihnen mit folgendem unmißverständlichen Vers zu antworten: "Und bekämpft auf dem Wege Allahs diejenigen, die euch bekämpfen und übertretet nicht. Wahrlich, Allah liebt nicht die Übertreter."[2:191] Ibn Taimiyya hat gesagt: "Die Muslime sollen diejenigen bekämpfen, die sie bekämpfen und nicht jene, die sie nicht bekämpfen." Sollte gesagt werden, daß dieser Vers abrogiert sei, dann antworten wir mit folgendem:


1- Daß es keinen Beleg für eine Abrogation gibt. Ibn Taimiyya hat gesagt: "Die Behauptung, daß eine Abrogation vorliegt, muß einen Beleg haben. Im Quran gibt es jedoch keinen Vers, der im Widerspruch zu diesem Vers steht, vielmehr ist im Quran vorhanden, was mit diesem Vers in Einklang steht - wo ist also die abrogierende Textstelle?


2- Daß dieser Vers Bedeutungen beeinhaltet, deren angebliche Abrogation nicht akzeptiert werden kann. Dieser Vers beinhaltet das Verbot zu übertreten. Und es ist in keinster Weise erlaubt zu sagen, daß dies abrogiert sei. Ibn Abbas, Umar ibn Abdulaziz und Mudschahid sagen, daß dieser Vers Rechtsgültigkeit besitzt.


3- Wenn es erlaubt wäre, wegen Kufr jemanden zu töten, dann wäre es auch erlaubt, jemanden zum Islam zu zwingen. Dies ist aber aufgrund des eindeutigen Verses "Es gibt keinen Zwang im Din..."[2:256] und aufgrund des Beispiels des Propheten (Allahs Segen und Heil auf ihm) untersagt, welcher nie jemanden zur Annahme des Islam gezwungen hat Ibn Taimiyya sagt in seinem Brief über das Kämpfen: "Es war seine Gewohnheit, niemanden von den Kafirun, mit denen er einen Waffenstillstand eingegangen ist, zu bekämpfen - gleich ob es sich um arabische Götzendiener oder andere handelte. Die Bücher über die Leben des Propheten, die Hadithbücher, die Bücher des Tafsir (Qurankommentare), die Bücher des Fiqh (islamisches Recht) und die Bücher über die Feldzüge zeugen alle davon. Diese Gewohnheit des Propheten wurde auf mutawatir überliefert. Er war nie derjenige, der anfing, einen Kafir zu bekämpfen. Und hätte Allah ihm befohlen, jeden Kafir zu töten, dann hätte er auch mit dem Töten und mit dem Kampf angefangen." "

Soweit die Zusammenfassung dessen, was Dr. Wahbat az-Zuhaili gesagt hat.


Der Beweggrund also für den Kampf ist nach der Meinung der Allgemeinheit (arab. Dschumhur) der Rechtgelehrten nicht der bloße Kufr, sondern die Bekriegung und der Angriff von Seiten der Kafirun.


Wir wollen hier klarstellen, daß mit Bekriegung und Angriff nicht nur gemeint ist, daß Armeen sich zum Kampf gegenübertreten. Die Bedeutung von Bekriegung hat einen umfassenderen Sinn. Wenn Menschen davon abgehalten werden, den Islam anzunehmen bzw. versucht wird, sie wieder davon abwegig zu machen, so ist dies auch eine Art der Bekriegung - dies kann sogar manchmal schlimmer als Kampf und Töten sein. Aus diesem Grund hat Allah gesagt:

"...Und fitna ist schlimmer als Töten..."[2:217]

und Er hat gesagt:

"Und kämpft gegen sie, bis es keine fitna mehr gibt und der Din für Allah ist... [2:193]"

und

"Und kämpft gegen sie, bis es keine fitna mehr gibt und der Din ganz für Allah ist... [8:39]"


So hat Allah es den Muslimen zur Aufgabe gemacht, allen Menschen die Möglichkeit zu eröffnen, frei wählen zu können, ob sie den Islam annehmen oder ablehnen wollen. Wenn also die Menschen vom Islam abwegig gemacht werden oder aber sich jemand dagegen stellt, daß die Menschen den Islam kennenlernen oder den Islam annehmen können, so ist dies eine Übertretung. Eine solche Übertretung ist ein Grund für die Muslime, in einen militärischen Krieg einzutreten, um die Unterdrückten zu befreien und das Abwegigmachen der Menschen vom Islam zu beseitigen. Der Krieg wird also geführt, damit sich die Menschen frei entscheiden können, was sie wollen. Was die Aussage Allahs "und der Din für Allah ist"[2:193] betrifft, so bedeutet das nicht, daß alle Menschen Muslime werden sollen. Ein solches Verständnis stünde im Widerspruch zu vielen anderen Versen, wie z.B.:

"Und hätte Allah gewollt, so hätte Er sie zu einer einzigen Gemeinschaft gemacht"[42:8]

und

"doch sie wollten nicht davon ablassen, uneins zu sein"[11:118]

und

".. Und die meisten Menschen werden nicht Mumins werden, magst du es auch noch so eifrig wünschen.[12:103].

Das richtige Verständnis der Aussage Allahs "und der Din für Allah ist"[2:193] ist, daß die Menschen ihre Religion bzw. Lebensweise ausschließlich um Allahs Willen wählen - ohne jeglichen Druck und Zwang, selbst wenn sie in unseren Augen eine falsche Wahl treffen würden.


Wenn das Abwegigmachen aufhört, und die Menschen fern von Zwängen ihre Religion bzw. Lebensweise wählen können, dann hört auch die Androhung mit Kampf bzw. der Kampf auf. Der Grund für eine Bekämpfung ist also nicht nur in dem Fall gegeben, wenn den Muslimen der Krieg erklärt wird und sie sich verteidigen müssen, sondern auch, die Abwegigmachung vom Islam zu verhindern - dabei ist es gleich, ob diese Abwegigmachung gegen die Muslime gerichtet ist, indem ihnen der Krieg erklärt wird, oder ob sie gegen die Nichtmuslime gerichtet ist, um sie vom Eintritt in den Islam abzuhalten. So wird klar, daß es sein kann, daß die Muslime diejenigen sind, die mit der Bekämpfung anfangen, wenn der Feind mit der Abwegigmachung begonnen hatte. Wenn jedoch keine Abwegigmachung vorhanden ist, und die Menschen sich frei entscheiden, den Islam nicht anzunehmen, dann geht der Islam entsprechend dieser Entscheidung mit ihnen um, und es besteht keine Notwendigkeit für einen Krieg bzw. Kampf, außer wenn die Feinde ihn beginnen.


Die schafiitische Rechtsschule sagt: "Die Pflicht zum Dschihad ergibt sich aus einem notwendigen Mittel zum Zweck und ist nicht Selbstzweck. Das Ziel des Dschihad ist 1. Die Möglichkeit die Botschaft des Islam zu überbringen, und 2. daß man Märtyrer wird. Das Töten der Kafirun ist jedoch nicht das eigentliche Ziel; und so ist die Möglichkeit der friedlichen Überbringung der Botschaft allein durch verbale Erläuterung mit Anführung der Belege für die Wahrheit der Botschaft dem Dschihad vorzuziehen."




Kapitel 5: Welches sind die Forderungen, die die Muslime an ihre Feinde beim Kampf stellen?




Wenn die Muslime ihren Feinden den Kampf ansagen, was sind ihre Forderungen, die sie an diese Feinde stellen? Es bekannt, daß die Muslime ihren Feinden die Wahl zwischen dem Islam, der Dschizya und dem Kampf ließen. Diese Wahl beruht auf folgender Anweisung des Gesandten Allahs (Allahs Segen und Heil auf ihm) an diejenigen, die er als Befehlshaber über ein Heer einsetzte: "Wenn du auf deine Feinde von den Götzendienern triffst, lade sie zu drei Dingen ein; welches sie auch von ihnen akzeptieren sollten, so nimm das betreffende von ihnen an und laß von ihnen ab: Lade sie zum Islam ein; sollten dazu bereit sein, so nimm dies von ihnen an und laß von ihnen ab...Wenn sie dies jedoch ablehnen sollten, dann fordere von ihnen die Dschizya (Schutzsteuer). Sollten sie dies akzeptieren, so nimm sie von ihnen an und laß von ihnen ab....Sollten sie dies ablehnen, so suche Hilfe bei Allah gegen sie und bekämpfe sie..."


Hiervon ist abzuleiten, daß das Ende des Kampfes zwischen den Muslimen und ihren Feinden – wenn er erst einmal begonnen hat - nur auf zwei Wegen zustandekommen kann:


a) Daß sie es akzeptieren, den Islam anzunehmen. Dann gebührt ihnen das, was den Muslimen gebührt und ihnen ist auferlegt, was den Muslimen auferlegt ist. Ihr Land und ihr Gut bleiben in ihrem Besitz. Sie sind dann ein Teil der muslimischen Gemeinschaft und haben die gleichen Rechte und Pflichten wie die übrigen Muslime. Es ist natürlich klar, daß die Feinde das Recht haben, die Annahme des Islam zu akzeptieren, es ist aber auch ihr Recht, dies abzulehnen; und aus diesem Grund sagte der Gesandte Allahs (Allahs Segen und Heil auf ihm): "Wenn sie dies jedoch ablehnen sollten, dann fordere von ihnen die Dschizya (Schutzsteuer)...". Dies unterstreicht, daß niemand gezwungen werden darf, den Islam anzunehmen;


b) Wenn die Feinde es ablehnen, den Islam anzunehmen, dann fordern die Muslime von ihnen die Dschizya, welches eines der Bedingungen für einen unbegrenzten Vertrag zwischen den Muslimen und ihren Feinden ist. Der Vertrag ist als Dschizya bekannt, weil die Zahlung der Dschizya das hervorstechende Merkmal dieses Vertrages ist. Wir wollen hier die Angelegenheit mit der Dschizya anhand folgender Punkte offenlegen:


1- Das Fordern der Dschizya von den Feinden rührt daher, daß sie es waren, die entweder die Muslime angegriffen haben, indem sie ihnen direkt den Krieg erklärt haben oder daß sie den Islam angegriffen haben, indem sie die Menschen von der Annahme des Islam abhielten und alles, was in ihren Möglichkeiten stand, taten, um die Menschen vom Islam abwegig zu machen. Es ist ein Recht der Muslime, daß sie sich dagegen absichern, daß ihnen neuerlich der Krieg erklärt wird bzw. daß die Menschen erneut von der Annahme des Islam abgehalten werden und versucht wird, die Menschen vom Islam abwegig zu machen. Aus diesem Grund bieten sie ihren Feinden einen dauerhaften Friedensvertrag an, welcher Dhimma-Vertrag (arab. aqdul dhimma) genannt wird.


2- Der Dhimma-Vertrag umfaßt Rechte und Pflichten. Was die Pflichten des Dhimmi anbetrifft, so ist dies die Abstandnahme von jeglicher Sache, die den Muslimen an Leib und Gut schadet. Imam Asch-Schafii hat dies in acht Punkten zusammengefaßt:

1. Verbot des Zusammentreffens, um die Muslime zu bekämpfen,

2. Verbot dessen, daß ein Dhimmi mit einer Muslima Unzucht treibt und Verbot dessen, daß er sie heiratet,

3. daß ein Dhimmi nicht einen Muslim von seiner Religion versucht abzubringen,

4. Verbot der Wegelagerei,

5. Verbot dessen, daß ein Dhimmi als Spion für die Feinde arbeitet,

6. daß er nicht den Feinden gegen die Muslime beisteht,

7. daß er weder einen Muslim noch eine Muslima tötet,

8. daß er nicht abwertend oder geringschätzig vom Islam spricht; d.h. daß er nicht über Allah den Erhabenen, Sein Buch, Seine Religion oder Seinen Gesandten so spricht, wie es sich nicht gehöhrt.


3- Rechte des Dhimmi aufgrund des Dhimma-Vertrages:

Schutz des Gutes, des Landes, des Leibes, der Religion, der Sippe und des Handels des Dhimmi und alles was ihm unterliegt, sei es groß oder klein; kein Bischof wird von seinem Bistum, kein Mönch von seinem Mönchskloster und kein Priester von seinem Priestersitz versetzt; der Dhimmi soll nicht verächtlich behandelt werden, an ihm wird keine vorislamische Blutrache verübt; den Dhimmis darf kein finanzieller Schaden zugefügt werden und sie werden nicht absichtlich mit Schwierigkeiten konfrontiert. Ihren Boden betritt kein Heer. Wer von ihnen ein Recht einfordert, so soll zwischen ihnen in Gerechtigkeit verfahren werden, so daß sie weder Unrecht tun, noch ihnen Unrecht angetan wird.

Es sind also volle Staatsbürgerrechte, die der Dhimmi genauso wie der Muslim genießt. Diesbezüglich gibt es keinen Unterschied zwischen dem Muslim und dem Dhimmi, mit Ausnahme dessen, daß der Muslim zusätzliche Rechte hat, die er aufgrund dessen hat, daß er ein Muslim ist. Was jedoch die Menschen- und Staatsbürgerrechte anbelangt, so gibt es keinen Unterschied zwischen Muslim und Dhimmi.


4- Der Dhimmi bezahlt die Dschizya, um seine Bereitschaft zu untermauern, einen dauerhaften Friedensvertrag mit den Muslimen zu schließen und sich an die übrigen Verpflichtungen zu halten als Gegenleistung für die Rechte, die er hat. Die Dschizya ist die finanzielle Verpflichtung des Dhimmi, die er an die muslimische Gesellschaft bezahlt als Gegenleistung für die finanziellen Leistungen bzw. Rechte, die er in dieser Gesellschaft in Anspruch nimmt. Diese finanziellen Rechte sind genau die gleichen wie die des Muslims. Dazu gehört z.B. das Recht auf Versorgung aus der muslimischen Staatskasse bei Arbeitsunfähigkeit (arab. 'adschz), wie dies von Umar ibn al-Chattab berichtet wird, und wie es im Brief von Khaled ibn al-Walid an die Einwohner von Hira steht:

"..Folgende Dhimmis sind von der Dschizya befreit, und sie und ihre Familien werden aus der muslimischen Staatskasse versorgt, solange sie sich im Land des Islam (arab. Darul-Islam) aufhalten:


ein arbeitsunfähiger Greis,


jemand, der von irgendwelchen Schicksalsschlägen heimgesucht wurde (und deshalb verhindert bzw. zahlungsunfähig ist),


jemand, der reich war und verarmt ist und auf dem Schulden lasten und man ihm nun Almosen gibt."


Die Dschizya ist auch eine finanzielle Gegenleistung des Dhimma für seine Befreiung vom Militärdienst im islamischen Heer. Die Befreiung vom Militärdienst rührt daher, daß das muslimische Heer eigentlich um des Islam willen kämpft, und so wäre es nicht gerecht, wenn ein Nichtmuslim gezwungen wäre, in solch einem Heer mitzukämpfen. Wenn er jedoch mitkämpfen möchte, ist es möglich, daß er von der Dschizya befreit wird, wie es im Brief von Suwaid ibn Maqran, einem Befehlshaber unter dem 2. Kalifen Umar ibn al-Chattab, an die Einwohner von Dahastan und die übrigen Einwohner von Gorgan steht - und wie es im Vertrag von Suraqa ibn ´Amr mit den Einwohnern Armeniens vom Jahr 22 n.H. steht, und wie auch Hubaib ibn Muslima al-Fahri mit den Einwohnern Antakyas einen Friedensvertrag schloß. Dies sind nur einige Beispiele. Es gibt noch viele solcher Beispiele.


5- Die Dschizya wird nur von jemandem verlangt, der in der Lage ist, sie zu bezahlen. Denn dies ist die Bedeutung der folgenden Aussage Allahs des Erhabenen: "...bis sie eigenhändig die Dschizya entrichten..."[9:29]. "Eigenhändig" bedeutet hier "wenn es ihnen möglich ist". So müssen Frauen, Hermaphroditen (frauenähnliche Männer), Kinder und Wahnsinnige gemäß der übereintimmenden Meinung der Rechtsgelehrten keine Dschizya entrichten. Die Allgemeinheit (arab. Dschumhur) der Rechtsgelehrten sind sogar der Meinung, daß Mönche, die in ihrer Einsiedlerei wohnen, keine Dschizya entrichten müssen. Gemäß der malikitischen und hanafitischen Rechtsschulen entfällt die Dschizya bei Blindheit, chronischer bzw. lang andauernder Krankheit (arab. marad muzmin) , dauerhafter Unfähigkeit, Alter und Armut. Des weiteren ist der Umfang der Dschizya nicht absolut festgelegt, sondern ist dem Idschtihad, d.h. der Abwägung des Befehlshaber überlassen, der deren Umfang entsprechend der Möglichkeiten des Dhimmi und der Zeit- und Ortumstände festlegt. Diese Ansicht wird von Abu Ubaid in seinem Buch "Al-amwal" (Die Güter) vertreten, der diese Ansicht als die Ansicht von Ahmad ibn Hanbal überliefert. Al-Mawardi berichtet, das dies die Ansicht von Imam Malik ist. Und dies ist vielleicht auch der Grund für die Unterschiede in verschiedenen Überlieferungen, in denen darüber berichtet wird, in welchem Umfang der Propheten (Allahs Segen und Heil auf ihm) die Dschizya festgelegt hat. Und schließlich bestätigt dies auch, daß die Dschizya keine Strafe für den Kufr ist - die Strafe für den Kufr liegt im Jenseits –, sondern eine Beteiligung an der muslimischen Gesellschaft.


6- Die "Unterwürfigkeit", von der im Vers gesprochen wird - "...bis sie eigenhändig die Dschizya in voller Unterwerfung entrichten..." - bedeutet: bis sie sich den Muslimen unterwerfen. Dieses Unterwerfen ist ein ist ein natürliches Ergebnis, und zwar aus folgendem Grund: Der Kampf mit denjenigen, die die Muslime angegriffen haben bzw. die die Menschen vom Islam abwegig machen wollten, und die hartnäckig nicht davon abgelassen haben, bis die Muslime sie schließlich bekämpften, wird natürlicherweise nicht enden, bevor sie sich nicht ergeben und unterwerfen und einen dauerhaften Friedensvertrag mit den Muslimen akzeptieren. Dieser dauerhafte Friedensvertrag ist der Dhimma-Vertrag.




c) Wenn die Muslime ihren Feinden anbieten, daß diese die Dschizya bezahlen sollen, bieten sie eine endgültige Lösung an, die ein endgültiges Ende des Krieges herbeiführt. Aus der Sicht der Muslime kann dies nur herbeigeführt werden, wenn die Feinde entweder den Islam annehmen oder den Dhimma-Vertrag akzeptieren. Aus diesem Grund sind dies die Forderungen der Muslime. Wenn die Feinde aber andere Vorschläge vorbringen, um den Kampf zu beenden, so sind die Muslime bereit, diese anzuhören und über diese zu verhandeln. Dann kann es sein, sie sie in der vorgeschlagenen Form annehmen oder abändern...Die Verhandlungen können auch ein Ende des Kampfes herbeiführen, ohne daß die Kafirun den Islam annehmen und ohne daß sie die Dschizya bezahlen, weil das Ende des Kampfes und ein Friedensschluß zu den Zielen der Muslime gehört, wenn sie davor sicher sein können, daß die Kafirun sie nicht angreifen und auch sicher sein können, daß die Einladung zum Islam sich frei ausbreiten kann...In der Geschichte ist es tatsächlich passiert, daß sich die Muslime und die Kafirun auf eine dritte Lösung geeinigt haben, die ein Ende des Kampfes herbeiführte. Im folgenden wollen wir einige Beispiele dafür anführen.


1- Die Banu Madladsch kamen zum Propheten (Allahs Segen und Heil auf ihm), ohne ihn zu bekämpfen, und schlossen mit ihm einen Vertrag, der besagte, daß sie niemanden gegen ihn unterstützen dürfen, wie es im Friedensvertrag von Khaled ibn Walid mit ihnen stand. Der Gesandte Allahs (Allahs Segen und Heil auf ihm) akzeptierte dies von ihnen; und aus ihrem Anlaß wurde folgender Quranvers geoffenbart: "...mit Ausnahme derer, die zu Leuten gelangen, mit denen ihr ein Bündnis habt, und die zu euch kommen, weil ihre Herzen davor zurückschrecken, gegen euch oder gegen ihr eigenes Volk zu kämpfen. Und wenn Allah es gewollt hätte, hätte Er ihnen Macht über euch geben können; dann hätten sie sicherlich gegen euch gekämpft. Darum, wenn sie sich von euch fernhalten und nicht gegen euch kämpfen, sondern euch Frieden bieten; dann hat Allah euch keinen Grund gegen sie gegeben." [4:90]. Daß der Offenbarungsanlaß für diesen Vers die Banu Madladsch waren, ist die Aussage Hasans. Ibn Abbas sagt, daß der Offenbarungsanlaß dieses Verses die Banu Bakr ibn Yasid waren. Ikrima sagt, daß der Offenbarungsanlaß Hilal ibn ´Uwaimir al-Islami, Suraqa ibn Malik und Khazima ibn Amer waren. Qatada meint, der Offenbarungsanlaß sei Khuza'a und die Banu Madladsch seien...Es scheint, daß auf all die eben erwähnten die Regelung dieses Verses zutrifft, da sie alle weder die Muslime noch ihre eigenen Leute bekämpfen wollten und sich von beiden Parteien fernhielten; und so wurde den Muslimen befohlen, sie nicht zu bekämpfen und von ihnen dieses Abseitsstehen zu akzeptieren. Es stimmt zwar, daß die meisten Qurankommentatoren sagen, daß dieser Vers durch den Schwertvers abrogiert sei, jedoch wollen wir hier die Meinung Imam Suyutis erwähnen, der sagt, daß es bezüglich der Verse, die vom Kampf handeln, keine Abrogation gibt, sondern daß es sich um Mansa‘a handelt, und daß jegliche Regelung bezüglich des Kampfes an Umstände gebunden ist, und daß, wenn die Umstände wieder die gleichen werden, daß dann die entsprechende Regelung wieder Rechtskraft erhält. Auch wollen wir erwähnen, daß die Meinung der meisten Quranexegesen, daß dieser Vers durch den Schwertvers abrogiert sei, sich auf die arabischen Götzendiener beschränkt - aus Gründen, die bereits erwähnt wurden. D.h. dieser Vers ist nach deren Meinung für Nichtaraber nicht abrogiert. Qadi Abu Ya'la hat sagt: "Nachdem Allah den Islam stark gemacht hat, wurde ihnen (d.h. den Muslimen) befohlen, von den arabischen Götzendienern nur die Annahme des Islam bzw. das Schwert zu akzeptieren"


2- In dem Vertrag, den der Gesandte Allahs (Allahs Segen und Heil auf ihm) mit den Juden Medinas abschloß, legte er die Grundsätze für das Zusammenleben von Muslimen und Juden, sowie die Pflicht zum gegenseitigen Beistand gegen einen äußeren Feind fest. D.h. daß die Juden nicht Abseits zu stehen hatten, wenn ein Feind Medina angreift, sondern daß sie Seite an Seite mit den Muslimen stehen müssen. Dies war alles, was der Gesandte Allahs (Allahs Segen und Heil auf ihm) verlangte, in diesem Vertrag wurde also keine Dschizya erwähnt.


3- Beim Friedensvertrag von Hudaibiyya wurde flogendes festgelegt:


ein zehnjähriger Waffenstillstand;


daß jeder arabischer Stamm das Recht hatte, ein Verbündeter der Muslime oder der Quraisch zu werden;


das Recht der Quraisch, jeden, der von ihnen zum Islam übertritt und nach Medina geht, zurückzufordern;


das Recht der Quraisch, jeden, der vom Islam abfällt und von Medina zu den Quraisch kommt, zu behalten.


Der Gesandte Allahs (Allahs Segen und Heil auf ihm) ging auf diese Forderungen - durch Offenbarung von Allah – ein, obwohl die Muslime nicht schwach waren. Die Gelegenheit, die sich nun für alle Menschen eröffnete, den Islam anzunehmen, war Rechtfertigung genug für den Frieden. Dies, weil der Dschihad um dieses Zieles willen rechtmäßig ist. Wenn jedoch das Ziel auch auf friedlichem Weg erreicht werden kann, dann ist kein Kampf nötig.


4- Einige Leute mögen die Vorstellung haben, daß all diese Bestimmugen durch den Schwertvers und den Bekämpfungsvers abrogiert wurden, und daß es nun keine andere Art der Beziehung zwischen den Muslimen und ihren Feinden als den Kampf und die Dschizya gibt. Diesen Leuten möchten wir mitteilen, daß Nasa‘i, Baihaqi und Tabarani in einer Überlieferung von Abdullah ibn Umar (Allahs möge mit ihm zufrieden sein) berichteten, daß der Prophet (Allahs Segen und Heil auf ihm) gesagt hat: "Laßt von Abessinien ab, solange sie von euch ablassen, denn der Schatz der Ka'ba wird durch niemanden anderes als durch Zhul-sawiqatain (wörtl. der mit den zwei Stielen) aus Abessinien geborgen."

Abu Dawud, Nasa‘i, Baihaqi und Hakim berichteten in einer Überlieferung von einem der Prophetengefährten, daß der Prophet (Allahs Segen und Heil auf ihm) gesagt hat: "Laßt von Abessinien ab, solange sie von euch ablassen, und laßt von den Türken ab, solange sie von euch ablassen."...Iman Malik hat gesagt: "Es ist verboten, einen Krieg gegen Abessinien zu beginnen aufgrund eines Hadithes, der berichtet wurde", und als er nach der Sicherheit der Überlieferungskette gefragt wurde, sagte er: "Die Muslime haben es bisher immer peinlich vermieden, einen Feldzug gegen sie zu führen."

Wenn wir uns vor Augen führen, daß Abessinien (Äthiopien) nie Land des Islam (arab. darul-islam) war, obwohl der Negus (der Herrscher Abessiniens) als einziger Muslim wurde, und daß den Muslimen trotzdem befohlen wurde, Abessinien nicht anzugreifen, können wir verstehen, daß es möglich ist, daß ein Frieden zwischen den Muslimen und ihren Feinden zustandekommt durch ein bestimmtes Abkommen, wobei dieses Abkommen nicht unbedingt unter allen Umständen einen Dhimma-Vertrag beinhalten muß.


5- In der Zeit, als Amr Ibn al-As Befehlshaber in Ägypten war, belagerten die Muslime Nubien in Ägypten. Sie konnten es jedoch aufgrund der großen Schützenfertigkeit seiner Einwohner nicht einnehmen. Dieser Widerstand dauerte an, bis Abdullah Ibn Abu Sarah Statthalter von Ägypten wurde, welchen die Bewohner Nubiens um einen Frieden und um Aufname von guten Beziehungen baten. Er willigte ein, ohne eine Dschizya zu verlangen. Im Vertrag, der eingegangen wurde, wurde festgelegt, daß die Nubier jährlich 300 Stück Vieh den Muslime abgeben sollten. Als Gegenleistung sollten die Muslime ihnen Lebensmittel im gleichen Wert abgeben. Ibn Lahi'a sagte: "Uthman wie auch die Statthalter und Befehlhaber nach seinem Tod unterschrieben diesen Vertrag und Umar Ibn Abdulaziz bestätigte diesen Vertrag." Dieser Vertrag entsprach einem gegenseitigen Handelsabkommen. Er wurde jedes Jahr offen oder im Geheimen verlängert, als die Geschenke ausgetauscht wurden. Es kam so, daß beide Seiten mehr als das Vereinbarte als Geschenk zu übergeben pflegten. Dieser Vertrag war mehr als 600 Jahre lang gültig. Er wurde erst unter der fatimidischen Herrschaft in Ägypten beendet. Zunächst war der Grund des Vertrages der, daß die Muslime nicht in der Lage waren, Nubien zu erobern. Jedoch zeigt dessen andauernde Verlängerung, obwohl die Muslime längst eine ausreichende Stärke erreicht hatten, um Nubien zu erobern, daß sie einen solchen Vertrag für rechtmäßig hielten, und daß sie die Überzeugung hatten, daß es möglich ist, daß ein Friedensabkommen zwischen Muslimen und Nichtmuslimen zustandekommt, ohne daß dabei unbedingt die Dschizya gefordert werden muß, wenn die Nichtmuslime sich daran halten, nicht die Feinde der Muslime gegen diese zu