Original geschrieben von: whatshername61
hallo chariff,

die liebe zu deiner heimat spürt man durch deine feder. über deutschland sprichst du, als wäre es eine ewige prüfung für dich.
ich würde dich gern etwas fragen: fühlst du dich wohl in deutschland?
ich meine, wenn man mal von der zuvielen nackten haut absieht, die dich scheinbar sehr stört.
ich meine es nicht provokatorisch. es interessiert mich einfach warum du alles verdammst, was anders ist. du bist doch auch ein teil von deutschland.
lg katrin

Hallo Katrin!
Ich kann jetzt natürlich nicht für Chariff antworten, vielleicht sieht er es viel anders als ich. Aber irgendwie passt deine Frage zu dem, was mir zur Zeit so durch den Kopf geht.
Ob und inwiefern Muslime ein Teil Deutschlands sind/sein können ist nämlich gar nicht so klar.
Ich bin als Deutsche vor etwas über 2 Jahren konvertiert, Das ist jetzt mein dritter Ramadan, alhamdulillah!
Seitdem war ich nichtmehr in Deutschland und habe auch keine Lust, hinzufliegen. Demnach, was ich so von anderen deutschen Muslimas per Internet mitbekomme, scheint es so zu sein, dass man nur dann akzeptiert wird, wenn man die Religion nicht wirklich praktiziert. Also, man darf sich "Muslim" nennen, aber sich nicht so benehmen und erst recht nicht so aussehen.
So wie die zum Beispiel: muslimische Bürgermeisterin Fasten kann man nicht aushalten und 5x beten am Tag ist auch nicht nötig. Klar! So kann man bei den Deutschen punkten, so gilt man als integriert, man kann sogar Bürgermeisterin werden. Und man wird den anderen Muslimen, den "rückständigen", als Vorbild hingestellt. "Schau mal, wie schön die sich integriert und angepasst hat! Warum kannst du das nicht auch machen?"
Meine Mutter sagt mir, was musst du als Deutsche mit Kopftuch rumlaufen? Meine türkische Freundin hat es ihrer Tochter verboten....
Oder das hier: Forum am Freitag: Ist Fasten im Ramadan noch zeitgemäß? Das geht doch in die gleiche Richtung. Da will man auch den "rückständigen" zeigen, dass es doch auch "modern" geht und dass sie sich nicht so anstellen sollen.

Was würde passieren, wenn ich jetzt ernsthaft einen Flug buche und bei meiner Familie zu Besuch auftauche?
Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Sache sofort eskalieren würde. Mein Vater würde "in dem Aufzug" mit mir nirgendwo hingehen. Was sollen die Leute denken, du bist doch nicht mehr normal, usw.
Nehmen wir mal an, er würde sich zusammenreißen und nichts sagen. Dann wird zur Brotzeit in den benachbarten Biergarten gegangen. Im Sommer in München das Normalste der Welt.
Was mache ich dann? Mitgehen? Mich da angaffen lassen? Und überhaupt steht da literweise Bier auf dem Tisch! Alleine zu Hause bleiben? Gäbe garantiert auch Ärger.
Dann kommt das Wochenende. Da unternehmen wir was. Dann gehen die Probleme weiter.
Wenn ich hier mit Schwestern unterwegs bin, ist alles unkompliziert, weil wir und ja einig sind. Wir suchen uns zum essen ein Halal-Restaurant und suchen uns irgendwo eine Moschee oder ein ruhiges Plätzchen zum beten.
Aber alleine mit meiner nichtmuslimischen Familie in irgendeinem bayerischen Ausflugslokal, wo betet man da? Alleine vor versammelter Mannschaft? Irgendwo hinterm nächsten Baum...und ganz schnell, denn schon gibt es lange Gesichter, weil die anderen ja extra auf mich warten müssen und sich sogar für mich schämen.....
Ich wüsste nichtmal bei meinen Eltern zu Hause, wo ich beten sollte. Im Gästezimmer arbeitet mein Vater tagsüber oft.
Und dann gehen die Probleme weiter mit dem Essen...stell dich nicht so an....meine türkischen Freundinnen essen auch alles...
Fazit: Deutschlandurlaub? Nein Danke! Natürlich würde ich einerseits sehr gerne meine Familie wiedersehen, aber auf den Stress, mich ständig rechtfertigen zu müssen, kann ich dankend verzichten.


LG