Hallo,

hier gibt es einen interessanten Artikel in der Tagesschau über das Projekt:

Desertec war ein Hype"

Vor einem Jahr fiel der Startschuss für das Wüstenstrom-Projekt Desertec, hinter dem auch deutsche Großkonzerne wie Siemens und die Münchener Rück stehen. Solarkraftwerke in der Wüste Nordafrikas sollten schon bald die Stromversorgung Europas revolutionieren. Nach anfänglicher Euphorie ist nun Realismus eingekehrt.

Von Marc Dugge, ARD-Hörfunkstudio Nordwestafrika

Eine Elektrobrücke zwischen Nord und Süd, eine neue Dimension der Stromversorgung, ein historisches Projekt: Bei Desertec sparte man von Anfang an nicht mit Superlativen. So sagte Caio Koch-Weser von der Deutschen Bank im Juli 2009: "Die Finanzierung von circa 400 Milliarden Euro an Investitionsvolumen ist natürlich eine gewaltige Herausforderung. Dies sind 21 Mal die Kosten des Drei-Schluchten-Projekts in China."

400 Milliarden Euro - so etwas beeindruckt. Nicht nur in Deutschland, sondern erst recht in Nordafrika, vor allem in Marokko. Für Desertec-Chef Paul van Son ist das Land ein idealer Partner. Seine Begründung: "Weil Marokko ein Land ist, das auf dem Gebiet der Erneuerbaren Energien schon viele Hausaufgaben gemacht hat. Es ist sehr nah an Europa und hat elektrische Verbindungen mit Spanien. Also ist es gut möglich, von Marokko nach Spanien und von dort in andere Länder zu exportieren."
Energiehunger in Marokko

Solarkraftwerk in der Mojave-Wueste in Kalifornien (Foto: AP) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Solarkraftwerke in Nordafrika sollen nach den Plänen von Desertec die Energieversorgung in Europa revolutionieren. ]
Marokko selbst hat ein großes Interesse an neuen Stromquellen. Das Land muss Energieträger wie Kohle und Öl importieren - und die Rechnung dafür wird immer höher. Seit langem liebäugelt man deswegen mit Solarstrom, doch sind die Kraftwerke teuer und für Marokko nur schwer zu finanzieren.

Da kam die Desertec-Initiative gerade recht. Mit deren Hilfe könnte Marokko leichter an Solarkraftwerke kommen. Denn wenn Strom aus den Kraftwerken nach Europa exportiert würde, könnten auch die Anlagen leichter zu finanzieren und zunehmend rentabel sein.
Investitionen nicht mehr als Gedankenspiele

Desertec-Vertreter zeigten sich in Marokko durchaus selbstbewusst. Aus Verhandlungskreisen heißt es, auf marokkanischer Seite habe manch einer gar geglaubt, dass die deutschen Unternehmen das Geld für den Wüstenstrom schon parat hätten. Doch schon bald wurde klar: Die Investitionen sind bisher nur Gedankenspiele, die Unternehmen warten noch ab, ob wie sie sich am Wüstenstrom beteiligen werden.
Bilder:
Vorbilder von Desertec und Alternativen zum Megaprojekt
Bilderstrecke Vorbilder von Desertec und Alternativen zum Megaprojekt [mehr]

Desertec macht nichts anderes als Lobbyarbeit für eine große Idee. Die Initiative will mögliche Partner zusammenbringen. Nicht mehr und nicht weniger. "Erst einmal war es ein Hype - und das ist es immer noch. So werden Erwartungen geschürt. Das muss man in realistische Bahnen bringen", sagt Kurt Hildebrand von der Deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau.
Viele Unklarheiten

Sicher ist, dass noch viel unsicher ist. Europa ist sich nicht schlüssig, ob es den Wüstenstrom überhaupt wirklich will. Unklar ist auch, wer die riesigen Investitionen stemmen soll. Dazu kommen technische Fragen: Zwischen Spanien und Frankreich gibt es beispielsweise keine ausreichenden Stromleitungen, um den Strom vom Süden nach Mittel- und Nordeuropa zu exportieren.

Nur nichts überstürzen, sagt daher Manfred Konukiewitz vom Ministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. "Es ist wichtig, dass wir jetzt keine kurzfristigen Hoffnungen befeuern, sondern offen und ehrlich sind und klarmachen, dass diese großen Visionen Zeit brauchen." Im Moment gehe es um Pilot- und Referenzprojekte.
Marokko startet eigenen Solar-Initiative

Marokko will den Solarstrom aber so schnell wie möglich. Im vergangenen Oktober überraschte Marokkos König Mohammed VI. mit einer eigenen Solarinitiative. Er kündigte an, bis 2015 das erste große Solarkraftwerk des Landes bauen zu wollen. Sollten sich genügend Geldgeber finden, wird im Süden Marokkos eine 500-Megawatt-Anlage entstehen. Das wäre eines der größten Solarkraftwerke der Welt.

Der hier erzeugte Strom soll allerdings zunächst im Land bleiben. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte das Kraftwerk freilich erweitert werden - und auch Strom nach Europa exportieren. Der Chef der marokkanischen Solarenergie-Behörde MASEN, Mustapha Bakkoury, hofft, dass dieser Zeitpunkt bald kommen wird. "Wir setzen gemeinsam auf Partnerschaft, denn wir haben alle schnell eingesehen, dass wir beweisen müssen, dass diese Projekte heute möglich sind. Wir haben die Vision. Jetzt müssen wir konkrete Projekte umsetzen, von denen alle Beteiligten profitieren."

Viele Grüße
Michaela