Zwischen zwei Stühlen (Kulturen) sitzen...
#42253
04/03/02 01:54 PM
04/03/02 01:54 PM
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ladaisy
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Hallo,
ich wälze seit einiger Zeit ein Problem hin und her, komme zu keiner Lösung und dachte, vielleicht frage ich Euch einmal - Paare, die in einer deutsch-marokkanischen Beziehung leben - um Eure Meinung:
Mein Sohn wird bald drei und soll nach dem Wunsch meines Mannes (Marokkaner, ich deutsch) beschnitten werden. Nun habe ich eigentlich gar nichts gegen die Beschneidung, aber der Gedanke, daß es (m)ein Kind betrifft, ist mir doch nicht mehr so angenehm. Vor allem, weil es noch nicht in der Lage ist, seine Meingung dazu zu äußern. Mir wäre es lieber, wenn die Beschneidung später auf seinen eigenen Wunsch hin stattfindet (oder nicht). Schließlich hat Gott den Menschenmann so geschaffen, wie er nun mal auf die Welt kommt: mit dem Zipfelchen Haut, und da wäre es auch gut, wenn der Betreffende selbst über das Verbleiben selbigen entscheiden kann.
Fakt ist, die Beschneidung ist nicht zwingend, wird aber empfohlen, das habe ich beim ZMD nachgelesen. Dann fängt aber auch schon das Halbwissen an. Ich habe kein vernünftiges Buch über das Thema gefunden und das Internet teilt sich in Befürworter und Gegner.
Die Befürworter haben zum einen (1) religiöse oder (2) medizinische Gründe, außerdem wird auf (3) Homosexuellen-Seiten die Beschneidung bejubelt. Über (1) und (3) muß oder möchte ich mich nicht weiter auslassen. Zu den medizinischen Gründen gehören (2a) die Hygiene, die sollte aber bei einer vernünftigen Wascherziehung in hiesigen Klimaregionen kein Problem sein. Außerdem (2b) die niedrigere Krebsrate bei beschnittenen Männern und deren Partnerinnen. Dazu gibt es aber sowohl be- als auch widerlegende Studien, außerdem sind es relativ seltene Krankheiten, ein Raucher wird wahrscheinlich ein viel höheres Risiko haben, vorher an Lungenkrebs zu erkranken und kein vernünftiger Mensch käme auf die Idee, sich ein paar Meter Darm rausschneiden zu lassen, um sein Darmkrebsridiko zu senken. Außerdem wird (2c) geringere Ansteckung durch das HIV Virus genannt - okay, man kann sich aber auch anders schützen.
Die Gegner führen folgende Gründe auf: (1) Es ist gegen die Menschenrechte, an einem Kind einen solchen Eingriff vorzunehmen. In Schweden, das wohl das beste Kinderschutzgesetz hat, sind solche Eingriffe gesetzlich verboten. (2) Hartnäckige Gegner argumentieren, selbt eine Phimose könne man mit einer Hormonbehandlung ausheilen. (Es besteht jedoch die Gefahr einer Wachstumsverzögerung oder gar vorzeitigem Wachstumsabschluß beim Kind, was für mich persönlich bei weitem das größere Übel wäre.) (3) Weiterhin las ich, daß in den USA (nicht daß sie für mich ein Vorbild seien) Beschneidungen deshalb so verbreitet sind, weil sie ein Mittel gewesen seien, initiiert von Dr. Kellogs, Masturbation bei Jungen, wenn nicht zu verhindern, so doch erschweren. Der Gute glaubte wohl, das sei ungesund. (4) Jedoch soll die Vorhaut eine schützende Funktion erfüllen und außerdem eine Vielzahl von Nervenenden enthalten, und wenn sie weg ist, wird die Eichel zudem ein gutes Stück unempfindlicher. Bei einer Beschneidung gehe also gleich zwei Mal "Feeling" verloren.
Da sitze ich also, und weiß nicht, was ich machen soll... Ach ja, wenn ich im Zusammenhang von Kind oder Kindern schreibe, meine ich natürlich Jungen.
Also frage ich Euch: (1) Habt Ihr Eure Söhne beschneiden lassen und warum (nicht)? (2) Wenn ja, in welchem Alter? (Ich habe belesen, Kinder sollten nicht älter als 3 Jahre alt sein, weil dann die Identifizierung mit dem eigenen Geschlecht beginnt.) (3) Wenn ja, wo und von wem wurde die Beschneidung durchgeführt? (4) Wenn ja, wurde eine Vollnarkose gemacht? (5) Haben Eure beschnittenen Söhne schon mal Probleme z.B. mit ihren Altersgenosseen gehabt wie Hänseleien beim Duschen nach dem Sportunterricht o.ä.? (6) Was spricht dagegen, sich im Erwachsenenalter beschneiden zu lassen? (7) Falls es jemanden unter Euch gibt, der sich als Erwachsener hat beschneiden lassen, könnte der sich bitte einmal zu seinen Erfahrungen äußern, evtl auch als private Message? (Bitte, ich möchte eigentlich nicht so aufdringlich sein, aber das ist die einzige Möglichkeit, um etwas darüber zu erfahren.)
Herzlichen Dank für Eure Antworten!
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Re: Zwischen zwei Stühlen (Kulturen) sitzen...
#42254
04/03/02 09:55 PM
04/03/02 09:55 PM
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Joined: Nov 2001
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Sabina BenChaira
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Hallo,
ich kann Dich nur zu gut verstehen. Eine verbindliche Antwort gibt es nicht. Ich bin genauso hin und her gerissen, und habe es eigentlich meinem Mann überlassen, immer in der Hoffnung, dass er es irgendwie vergisst, was natürlich Unsinn ist. Tatsache bei mir ist, dass wir in Marokko leben, und ich denke es vereinfacht mir die Entscheidung für eine Beschneidung, selbst meine Kinderärztin fragt mich regelmässig, ob wir immernoch nichts unternommen haben. Bei meinem Kleinen, der im Juni 2 wird, werden wir es wohl demnächst hinter uns bringen. Beim Grossen (5) muss die Harnröhre begradigt werden, und dieser Eingriff wird mit der Beschneidung zusammen vorgenommen. ganz wohl ist mir auch nicht, aber wie gesagt jeder muss die Entscheidung selbst treffen, und ich hoffe, dass meine Söhne später einmal mit unserer Entscheidung Einverstanden sind.
Grüsse Sabina
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Re: Zwischen zwei Stühlen (Kulturen) sitzen...
#42256
05/03/02 03:04 PM
05/03/02 03:04 PM
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Joined: Feb 2002
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ladaisy
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Hallo Sabina,
herzlichen Dank für Deine Zeilen. Ich bin erleichtert, daß ich nicht die einzige bin, die Bauchgrummeln dabei hat, obwohl es das Problem an sich natürlich nicht löst. In meiner Umgebung halten alle die Beschneidung für selbstverständlich, und sei es aus Tradition, oder aber sie sind strikt dagegen.
Ich denke, wenn wir in Marokko leben würden, wäre die Entscheidung auch für mich einfacher. Aber zurzeit leben wir in Deutschland,im Moment in einem Gebiet mit einem großen "Ausländer"anteil. Aber was, wenn es einen z.B. in einen Landstrich verschlägt, in dem kaum Muslime leben. Ich möchte meinem Sohn eben auch das Gefühl der Ausgegrenztheit ersparen. Ich denke, gerade für Kinder ist das nicht einfach.
Wenn Ihr die Beschneidung durchführen laßt (siehe auch Tamous Fragen), werdet Ihr dann traditionell feiern? Versteht Dein Mann Deine Bedenken in dieser Hinsicht?
Viele Grüße!
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Re: Zwischen zwei Stühlen (Kulturen) sitzen...
#42257
05/03/02 04:52 PM
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Joined: Apr 2001
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HABIBA
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Hallo, an der Beschneidung kann nichts negatives sein, wie du selbst erkannt hast garantiert die Beschneidung eine sehr hohe Hygiene. Da für Allahu s.w.t. die Hygiene ein wichtiger Aspekt ist, sollte man die Beschneidung auf jeden Fall auch durchführen. Ich kann dir so nicht sagen, ob die Beschn. in Hadithen oder im Koran erwähnt wird. Ich weiß es leider nicht. Meine beiden Neffen wurden auch schon beschnitten als sie 1 Jahr waren. Ich habe gehört, es wäre schmerzloser und viel effektiver wenn man sehr jung ist. Ich meine, dass die Wunde viel schneller heilt. Ich kenne auch einige Nichtmuslime, die sich beschnitten haben, da sie erfahren haben, dass es viel hygiener ist. Also an deiner Stelle würde ich mir da nicht so sehr den Kopf zerbrechen. Außerdem warum sollten ihn andere Kinder deswegen hänseln, diese Kinder sollten einfach lernen damit umzugehen. Wenn er erstmal ein großer und intellegenter Mann wird, dann wird er das bestimmt verstehen und sogar froh sein, dass er diese Behandung hinter sich hat. wasalam Habiba
Es gibt keinen Weg zum Frieden, der Frieden ist der Weg!!!!!
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Re: Zwischen zwei Stühlen (Kulturen) sitzen...
#42258
05/03/02 06:37 PM
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Joined: Apr 2001
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Ilyass
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Erstaunlich, dass hier Frauen über Hygienefragen und pro und contra Beschneidung diskutieren, aber gut. Ich gebe einfach als Betroffener meinen Senf dazu. Ich bin Deutscher, seit mehreren Jahren Muslim und mit der besten Marokkanerin überhaupt verheiratet (meine Meinung, hihi, nicht persönlich nehmen). Erstmal zu Ladaisy's Fragen:
*(1)-(4): Ohne Antwort, da mich das nicht betrifft. *(5): Antworte dennoch, obwohl ich noch nicht Vater bin. Ich wurde selber mit 9 Jahren wegen Phimose beschnitten, Probleme, Hänseleien etc. gab es nicht, lag aber auch vielleicht daran, daß ich immer sehr bemüht war, die medizinischen Gründe (die ich damals sehr wohl verstanden hatte) zu erläutern. Kommt wohl aber sicher auf das betroffene Kind an, ich wurde sehr aufgeklärt erzogen, daher war auch das "Schnibbelchen" kein Problem. Ich wurde auch ab und an mal gefragt, ob ich jüdischen Glaubens wäre, aber durchaus immer auf freundlich-neugierige Art, was ja dann auch in Ordnung ist. *(6): Ich denke mal, eigentlich gar nichts. Wohl eher der Umstand, daß es wohl nur die wenigsten Arbeitgeber mitmachen, auf einen mitarbeiter zu verzichten, der gerade wegen einer Beschneidung für eine Woche ausfällt. Außerdem sicher auch erwachsene Bequemlichkeit, da zweifelt sicher mancher an der Ernsthaftigkeit seines Glaubens. Medizinisch spricht sicher nichts dagegen. *(7): Ohne Antwort
Dann die Befürworterpunkte: (2a): Da könnte ich aus der Haut fahren. Das können doch eigentlich nur Leute behaupten, die keinen Schimmer haben und ein Argument pro brauchen. Wenn ein erwachsener Mann im Zeitalter der Dusche mit der Hygiene im Bezug auf die Vorhaut ein Problem haben sollte, dann ist diesem sicher nicht mehr zu helfen. Und wenn es um Hygiene geht, dann fallen mir da noch viel ekligere Sachen ein. Dann sollte man sich alle Zähne ziehen lassen (Brei kann man dann immer noch essen) und (sorry) sich den Hintern zunähen lassen. Wer sowas sagt, will die Beschneidung schönreden und hat keine Ahnung. So ein Käse. (2b): Habe ich noch nie gehört. Wo kann man das lesen? (2c): Sollte in Staaten, wo die Aufklärung schlecht ist, sicher ein ganz wichtiges Argument sein. Ich habe das auch schon häufig gelesen, es scheint was dran zu sein. Schwarzafrika ist da sicher ein Stichwort. Würde mich aber auch hier über Quellen freuen, da ich selber gerade keine zur Hand habe. Wo steht's?
Um aber auf die ursprünglichen Fragen zurück zu kommen: Ich habe ebenfalls Bauchschmerzen deswegen, glaubt es mir. Umso mehr, als dass die Beschneidung NICHT vorgeschrieben ist, aber eben eine gute islamische Tradition ist, insofern als obligatorisch angesehen wird. Ich sträube mich dagegen, da ich mit Traditionen nun gar nichts am Hut habe. Ich muß ehrlich gesagt gestehen, meine Frau und ich haben sehr oft darüber diskutiert, ich weiß nicht, wie ich mich mal entscheiden werde, wenn ich Vater bin. Ich tendiere dazu, die Entscheidung meinen Sohn als Erwachsener treffen zu lassen. Aber da habe ich die Rechnung wohl ohne meine Frau gemacht... ;-) Aber dennoch: Gute und wirklich schwierige Frage, wenn man nicht aus einem Land kommt, wo halt jeder beschnitten ist. Ich neige dazu, dies als eine schlimme Verletzung meines Kindes zu sehen, die in dem jungen Alter nicht nötig ist und nicht seine Zustimmung gefunden hat. Er soll sich irgendwann selber entscheiden. Ich habe auch deswegen Bauchschmerzen, weil jeder schlimme Schmerz für ein kleines Kind ein Trauma bedeutet. Jeder Mann wird mir sicher zustimmen, daß diese Körperregion eine sehr empfindliche ist.
Ratlos, der Ilyass
P.S.: Gibt's auch andere Männer, die Stellung beziehen?
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Re: Zwischen zwei Stühlen (Kulturen) sitzen...
#42259
06/03/02 03:04 PM
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Ilyass
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Hallo, würde mich sehr freuen, wenn dieses Thema nicht untergeht. Ilyass
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Re: Zwischen zwei Stühlen (Kulturen) sitzen...
#42261
06/03/02 06:40 PM
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TiJI
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Was mich jetzt nochmal zum Thema Beschneidung interessieren würde: Wie gesagt, prinzipiell bin ich nicht absolut dagegen, aber ich habe drei Punkte im Kopf, die mich noch vor so einem Schritt aufhalten würden, und die kann auch mein Mann nicht sinnvoll wiederlegen: 1) Gott hat dieses Häutchen geschaffen, wenn er es nicht für gut empfunden hätte, wäre er sicher selbst in der lage es zu korrigieren, deshalb finde ich eine Beschneidung eigtl. eine Kritik an Gott und seinem Werk. 2) Darf ich über den Körper eines anderen Menschen, selbst wenn es mein Kind ist bestimmen. Ist es was akut Bedrohliches, muß ich das als Eltern sicher machen, aber ihm etwas "gesundes" wegnehmen, ohne seine Einwilligung, darf ich das? Das Kind gehört mir nicht, es ist mir nur zur Sorge anvertraut 3) Sollte man das Risiko einer OP, und das hat man bei jeder OP (Infektion, Narkose...) dem Kind zumuten?? Setzt man ihm nicht ein Trauma, das gerade in den frühen Jahren auf die spätere Psyche schwere Auswirkungen haben kann, die man im direkten Zusammenhang garnicht feststellen kann??
Und das alles um der Kultur willen, denn es wurde ja von Gott im Koran nie festgelegt, wenn ich recht informiert bin.
Mich würde von den Beschneidungsbefürwortern sehr eine Stellungnahme zu meinen 3 Punkten interessieren, aber nicht so schwammig, sondern ganz konkret. Bin gespannt auf Eure Meinungen Tine
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Re: Zwischen zwei Stühlen (Kulturen) sitzen...
#42262
08/03/02 01:38 PM
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Ilyass
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Ich glaube das wird nichts mehr, ist ja auch wieder 'ne heilige Kuh... Ilyass
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Re: Zwischen zwei Stühlen (Kulturen) sitzen...
#42263
08/03/02 02:06 PM
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Khira
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(Kopiert von Khira)
Was sind die islamischen Erfordernisse hinsichtlich der Beschneidung?
Was nun die Beschneidung von Knaben beziehungsweise Männern betrifft, so handelt sich dabei um eine Sunna des Propheten Ibrahim (a.s.). Vom Propheten Muhammad (a.s.) wird in sämtlichen authentischen 6 Hadithsammlungen folgender Ausspruch überliefert: "Es gibt 5 Dinge, die zur natürlichen (Hygiene) gehören: Die Entfernung des Schamhaares, die Beschneidung, das Kürzen des Schnurrbartes, die Entfernung des Achselhaars und das Schneiden der Fingernägel."
Nach Imam Abu Hanifah und Imam Malik ist die Beschneidung empfohlen (sunnah mu'akkadah). Nach Imam Schafi'i und Imam Ahmad Ibn Hanbal ist sie verpflichtend (wadschib). Deswegen sollten muslimische Eltern darauf achten, daß ihre männlichen Kinder beschnitten werden, und zwar aus hygienischen Gründen wie auch aus Gründen der prophetischen Tradition.
Die korrekte Art der Beschneidung ist, daß die Vorhaut (qulfah) so entfernt wird, daß die Eichel vollständig frei liegt. Entsprechend der sunna ist es empfohlen, die Beschneidung am siebten Tag nach der Geburt (einschließlich des Geburtstages) vorzunehmen, aber sie kann auch früher oder später erfolgen.
Was nun die Beschneidung im fortgeschritteneren Alter betrifft, also bei Erwachsenen, die zum Islam übertreten, so ist dazu zu bemerken, daß es sich um eine empfohlene Handlung (sunna) und nicht um eine Pflicht handelt. Wenn irgend möglich, sollte man sich beschneiden lassen, weil der Islam der Beschneidung den Vorzug gibt. Anzumerken ist, daß vom Propheten Ibrahim (a.s.) überliefert wird, er habe die Beschneidung im Alter von 80 Jahren vorgenommen.
Muslim wird man durch Aussprechen des islamischen Glaubensbekenntnisses und nicht etwa erst durch die Beschneidung. Angeblich soll es sogar in Deutschland vorgekommen sein, daß man von jemandem, der den Islam annehmen wollte, zunächst eine ärztliche Bescheinigung hinsichtlich einer bereits erfolgten Beschneidung verlangt habe. Das ist natürlich Unsinn, denn wäre die Beschneidung tatsächlich verpflichtend, dann würde eine solche Verpflichtung erst mit Annahme des Islam entstehen und nicht schon vorher.
Folgte man dieser Logik unter Berücksichtigung des oben zitierten Ausspruchs des Propheten, dann wäre zum Beispiel auch die Entfernung von Scham- und Achselhaar zu verifizieren und zu bescheinigen!
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Re: Zwischen zwei Stühlen (Kulturen) sitzen...
#42264
08/03/02 02:26 PM
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Ilyass
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Nochmal zu Tine: Punkt 1 kann wohl nicht eindeutig beantwortet werden, denn was wissen wir schon... ;-) Punkte 2 und 3 finde ich sehr interessant. Vielleicht sagt mal jemand was dazu. Insbesondere Nummer 3 finde ich sehr diskussionswürdig, da ich glaube, daß man sich darüber noch nie den Kopf zerbrochen hat. Ein wichtiger Punkt!
Herzlich, der Ilyass
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Re: Zwischen zwei Stühlen (Kulturen) sitzen...
#42267
14/03/02 12:01 AM
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Joined: Feb 2001
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jana
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Hallo Tine, mein Mann gehört eher auch zur "es is halt so"-Fraktion, er ist leider keine rechte Stütze. Da es für die Beschneidung ja keinen koranischen Beleg gibt, wie ich hier gehört habe, sondern eine Überlieferung ist, hab ich noch mal in der Bibel nachgeschlagen. Im A.T. wird bei Mose angefangen die Beschneidung häufig erwähnt, doch es werden keine Gründe dafür angegeben. Der Einzige, der mehr zur Beschneidung sagt, ist Paulus in der Apostelgeschichte und vor allem in den Briefen (Römer und Korinter). Er ist allerdings eher dagegen. Ich zitiere: "Die Beschneidung ist nützlich, wenn du das Gesetz befolgst, übertrittst du jedoch das Gesetz, so bist du trotz deiner Beschneidung zum Unbeschnittenen geworden. Wenn aber der Unbeschnittene die Forderungen des Gesetzes beachtet, wird dann nicht sein Unbeschnittensein als Beschneidung angerechnet werden? Der leiblich Unbeschnittene, der das Gesetz erfüllt, wird dich richten, weil du trotz Buchstabe und Beschneidung ein Übertreter des Gesetzes bist. Jude ist nicht, wer es nach außen hin ist, und Beschneidung ist nicht, was sichtbar am Fleisch geschieht, sondern Jude ist, wer es im Verborgenen ist, und Beschneidung ist, was am Herzen durch den Geist, nicht durch den Buchstaben geschieht. Der Ruhm eines solchen Juden kommt nicht von Menschen, sondern von Gott." (Röm 2;25-29) Ein nächster interessanter ist noch Römer 4 und dieser: "Wenn einer als Beschnittener berufen wurde soll er beschnitten bleiben. Wenn einer als Unbeschnittener berufen wurde, soll er sich nicht beschneiden lassen. Es kommt nicht darauf an beschnitten oder unbeschnitten zu sein, sondern darauf, die Gebote Gottes zu halten." (1Kor.7;18/19)
Zu dieser Meinung tendiere ich bis jetzt auch. jana
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Re: Zwischen zwei Stühlen (Kulturen) sitzen...
#42268
15/03/02 07:55 PM
15/03/02 07:55 PM
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Joined: Apr 2001
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Marion
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Deutschland, Hamburg
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Hi, habe gerade deinen Beitrag gelesen. Habe meinen marokkanischen Sohn mit 9 Monaten beschneiden lassen. Grund: hygienische und medizinische Gründe, aber auch die Möglichkeit zu bieten, später Moslem zu werden (freie Entscheidung). Ablauf: Ich war beim Internisten, der hat einen Narkosearzt bestellt und die OP in Vollnarkose (ca. 15 Minuten) durchgeführt. Keine Probleme hinterher, 2 Stunden etwas schlapp. Aber sehr viel Schmutz (Smagma) herausgeholt. Der Kleine hat keine Probleme. Hat nur Probleme mit den Kosten, hat sich aber auch geklärt. Ich kann die Beschneidung nur empfehlen, finde beschittene Männer auch schöner- z.B. im punkto Sauberkeit. Ok. Ich weiß nicht, ob Beitrag noch interessant, aber zumindestens konnte ich etwas dazu beitragen. Gruß
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Re: Zwischen zwei Stühlen (Kulturen) sitzen...
#42269
18/03/02 03:35 PM
18/03/02 03:35 PM
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ladaisy
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Hallo und herzlichen Dank an alle, die antworteten! Ich war einige Tage offline bzw. hatte nicht die Zeit, um zu schreiben, und ein paar Minuten Zeit möchte ich mir schon nehmen, um eine Antwort oder einen Artikel zu erstellen... Zurück zum Anfang: Die Beschneidungsargumente (2b) und (2c) hatte ich im Internet gefunden, z.B. http://www.swr.de/buffet/teledoktor/2002/01/30/ und medi-report.de/nachrichten/2000/06/20000609-02.htm. Wie bei Internetrecherchen oft, weiß ich natürlich nicht, ob es sich um seriöse Quellen handelt. Was die Bedenken angeht, die von Euch geäußert wurden, ja, die teile ich auch! Meiner Meinung nach haben Eltern eigentlich kein derartiges Bestimmungsrecht über ihre Kinder. Dem Selbstbestimmungsrecht (Menschenrecht) würde ich eine höhere Priorität zuordnen als religiösen Regeln oder kulturellen Traditionen. Ich bin nicht gegen die Beschneidung an sich, sondern gegen eine Beschneidung, die nicht aus freiem Willen oder medizinischen Gründen vorgenommen wird. In beiden Fällen ist auch das Risiko der Narkose ein akzeptables. Kann denn ein beschnittenes Knabe sich noch aussuchen, ob er Muslim werden will? Was die Religion betrifft, sicher. Körperlich gezeichnet ist er dann aber schon für sein ganzes Leben.
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Re: Zwischen zwei Stühlen (Kulturen) sitzen...
#42270
18/03/02 03:53 PM
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Ilyass
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Wohl gesprochen, aber leider alles Argumente, die ein unter arabischer Sonne geborener Muslim vermutlich nicht gelten lassen wird. Ilyass
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Re: Zwischen zwei Stühlen (Kulturen) sitzen...
#42271
20/03/02 04:51 PM
20/03/02 04:51 PM
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ladaisy
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Ja, und ich bin im Moment auch richtig enttäuscht-wütend-sauer. Ich habe so lange Anlauf genommen, bis ich mir getraut habe, hier zu schreiben!!! Das Forum schien mir die einzige Möglichkeit zu sein, Informationen zu bekommen, um eine Entscheidung zu treffen. Ich dachte, bei so vielen Hundert Usern muß es doch etliche geben, die mit dem Thema konfrontiert sind! Ich kann ja schlecht im Anzeigenblättchen unseres Ortes eine Annonce aufgeben und beschnittene Männer zwecks Ausfüllen eines Fragebogens suchen. Ich hatte jedoch Bedenken, vielleicht einigen zu offen zu sein. Aber das Ergebnis ist: es interessiert ja kaum jemanden. Die einen machen weiter, wie es schon immer war, weil's eben so ist, die anderen bleiben auf ihren Zweifeln und auf ihrer Unsicherheit sitzen. Immerhin weiß ich jetzt, daß ich damit nicht allein bin, und ich danke allen, die sich zu meinen Fragen geäußert haben.
Ja, vielleicht geht es mir zu gut, daß ich über solche Probleme überhaupt nachdenken kann, aber ich habe trotzdem schlaflose Nächte deswegen.
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