Diesen Artikel aus der Süddeutschen Zeitung vom 28.06. finde ich interessant. Wird das neue Forum helfen, eine besseres, gemeinsames Verständnis herbeizuführen? Immer, wenn die Themen konkreter wurden, schien die Diskussion schwierig zu werden... lese ich. Aber immerhin ein Schritt in die richtige Richtung, glaube ich... Gruß, Ulla
http://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/artikel7959.php

Das in Frankfurt gegründete neue „Forum Islam“ soll ein Ort des offenen und kontroversen Dialogs werden.

Irgendwann legt Mohammed Kalisch von der Universität Hamburg doch die wissenschaftliche Zurückhaltung ab. „Glaubt uns doch einmal“, sagt er, an die gegenüberliegende Seite des Tisch-Vierecks gewandt. „Erst sagen Sie, es fehlt das Bekenntnis der Muslime zum Grundgesetz – und wenn es dann kommt, sagen Sie, es ist ja doch nicht ehrlich gemeint!“ Auf der anderen Seite des Tisches sitzen die Angesprochenen, Georgios Tsapanos vom Bundesinnenministerium in Berlin und seine Kollegin vom Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz, die ihren Namen nicht in der Zeitung sehen möchte. „Es gibt durchaus Probleme, über die wir reden müssen“, gibt Tsapanos zurück, „deshalb sitzen wir ja zusammen.“

Einen Moment lang zeigt sich, wie brisant das bislang einmalige Treffen im Frankfurter Ökohaus ist: Vertreter islamischer Gruppierungen sitzen an einem Tisch, vom Islamrat und dem Zentralrat der Muslime über den Verband der islamischen Kulturzentren bis zur Föderation der Alewiten und der Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen – Verbände, zwischen denen oft genug Sprachlosigkeit herrscht. Und mit am Tisch sitzen Staat und Verfassungsschutz. Die von vielen Muslimen als anonym ungerechte Bewertungsmacht erfahrenen Institutionen haben nun ein Gesicht. „Es war mühsam, alle an diesen Tisch zu kriegen“, sagt Jürgen Miksch vom Interkulturellen Rat, der gemeinsam mit dem Gießener Oberarzt Yasar Bilgin vom Rat der türkischstämmigen Staatsbürger und mit Unterstützung der Groeben-Stiftung das „Forum Islam“ auf die Beine gestellt hat. Es soll nun zweimal im Jahr tagen.

Welche Mühsal diesem Unternehmen bevorsteht, wird nur ansatzweise sichtbar – man redet lieber von den Gemeinsamkeiten. „Islam und westliche Gesellschaft sind kein Gegensatz“, sagt Kalesch in seinem Referat, „die deutsche Verfassung enthält nichts, wozu ein Muslim nein sagen müsste.“ Allerdings sei „die Interpretation manchmal anders“. Wo genau? Der Hamburger Wissenschaftler geht darauf nicht weiter ein. Ähnlich vorsichtig spricht Hatem Elliesie, Professor für Islamwissenschaft in Heidelberg. Für den gläubigen Muslim sei „die Übernahme des Menschenrechtskonzepts möglich“ – des Konzepts? Die Debatte darüber bleibt in der Behandlung theologischer Details hängen.

„Unsere Diskussion nahm immer die Abfahrt, wenn es brisant wurde“, sagt Tsapanos am Ende – was vielleicht auch am Fußballspiel Türkei gegen Brasilien am Nachmittag lag, das manchen Diskutanten melancholisch zurückließ. Aber, so der BMI-Vertreter, „es gibt ja noch weitere Treffen“. Das zweimal im Jahr tagende Forum soll ein Ort des offenen und kontroversen Dialogs werden, wird allenthalben versichert. Als mögliche Themen für künftige Zusammenkünfte nannte Micksch die Menschenrechte, die Frauenfrage, das Verhältnis des Islam zur Demokratie sowie die Einrichtung islamischer Lehrstühle an den Universitäten. (Matthias Drobinski)


Viele Grüße, Ulla

"Ein Kind ist kein Gefäß, das gefüllt, sondern ein Feuer, das entzündet werden will" Francois Rabelais