Zwar nicht Marokko, aber passend zur Hybridkultur:


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Geheime Welt hinter türkischem Honig

Zwischen Ost und West: Der Comic "Vimanarama" schildert die unglaublichen
Abenteuer eines moslemischen Teenagers.


Superman und Batman haben zwar noch nicht ganz ausgedient - aber sie
bekommen ernsthafte Konkurrenz. Der große US-Comicverlag DC Comics, bei dem
die beiden "Mans" erscheinen, hat jetzt den ersten Band seiner neuen Reihe
"Vimanarama" veröffentlicht, in der ein netter moslemischer Teenager von
nebenan die Welt rettet.

Arrangierte Heirat


Der 19-jährige Ali ist ein aufgeweckter Brite aus einer schiitischen
Familie, der mitten im spätpubertären Weltschmerz und Aufbegehren gegen
starre Traditionen steckt: Seine Eltern, die in der englischen Stadt
Bradford eine kleine Greißler-Kette betreiben, wollen ihn mit einem fremden
Mädchen vermählen.


Sofia stellt sich allerdings als viel netter heraus als befürchtet - und die
arrangierte Heirat ist ohnehin bald nebensächlich, als die beiden hinter
einer Schachtel mit türkischem Honig in einem der Geschäfte von Alis Vater
eine geheime Passage zu einer vergessenen Welt finden.


Wenn Dämonen auferstehen


In der unterirdischen Himmelsstadt nimmt die irre, kunterbunte Geschichte
voller religiöser Versatzstücke ihren Lauf: Das Paar wider Willen trifft auf
versteinerte Dämonen, die wieder aufwachen, auf obskure Flugmaschinen aus
der indischen Mythologie (die "Vimanas" aus dem Titel) und auf einen 15.000
Jahre alten asiatischen Superman, der sich in Sofia verliebt.


Pop und Bollywood


Kritiker sprechen von einer fesselnden Handlung und einer prallen
Kombination aus östlicher Mystik und westlicher Popkultur, der DC-Verlag
beschreibt den Comic als Mischung aus romantischer Komödie, Bollywood-Film
und kosmischer Odyssee.


Autor Grant Morrison und Zeichner Philip Bond sind bekannte Namen in der
Comic-Szene. Morrison hat etwa bei der DC-Konkurrenz Marvel jahrelang die
Geschichten zu den immens populären "X-Men"-Comics geschrieben.


Sie haben den Comic-Helden neuer Schule als positive Antwort auf die
vielfach negative Darstellung junger Moslems und Asiaten (nicht nur) in den
US-Medien angelegt.


"9/11" als Ausgangspunkt


Die Idee zu "Vimanarama" kam Morrison laut eigener Aussage nach den Debatten
über das Verhältnis des Westens zum Islam.


"Alles begann nach '9/11', als ich anfing, mich über islamische Kultur zu
informieren, um die politische und religiöse Situation in der Welt ein wenig
besser zu verstehen", erklärte der Autor in einem Interview mit der
Comic-Website Newsarama.


Liebe und Apokalypse


"Ich recherchierte die frühe Geschichte Pakistans; dadurch stieß ich auf das
mythische Reich des Gottes Rama, das vor 6.000 Jahren existiert haben soll.
'Vimanas' ist die Bezeichnung der Flugmaschinen des Rama-Imperiums", so
Morrison weiter. "Ausgehend von diesem Material hatte ich die Idee zu einer
Geschichte von Liebe und Apokalypse in einem streng moslemischen Milieu."


Und warum hat Morrison seine Recherchen ausgerechnet zu einem
Science-Fiction-Comic verarbeitet? "Weil die großen Religionen dieser Welt
Science-Fiction ziemlich ähnlich sind - voller göttlicher Geschöpfe,
immenser kosmischer Kräfte und völlig unplausibler Rechtfertigungen."


Moscheen gegen Kathedralen


Am Ende des als Dreiteiler angelegten Buchs soll es jedenfalls ziemlich zur
Sache gehen: "Atlantis ersteht wieder auf, gigantische Spinnen-Moscheen
liefern sich auf Englands grünen Wiesen einen Krieg mit Panzer-Kathedralen,
und endlich wird die Frage beantwortet: Islam oder Christentum - was ist
stärker?"


"Jeder kommt zum Zug"

Große religiöse Debatten erwartet sich der Autor nicht. "In dem Buch gibt es
streng gläubige Moslems ebenso wie Mir-doch-egal-Moslems; es kommt also
jeder zum Zug", so Morrison.

Für eine Mini-Kontroverse sorgt "Vimanarama" in Großbritannien aber doch -
weil es im Comic-Bradford dauernd regnet. "Die haben offenbar unser Wetter
mit dem von Manchester verwechselt", zitiert der britische "Guardian" eine
Sprecherin des örtlichen Fremdenverkehrsamtes.