Ramadan hat für die Muslime eine große Bedeutung. Er gehört zu den fünf Säulen des Islams. Um das Wohlgefallen Allahs (swt) zu erlangen, ist seine Einhaltung Pflicht. Aus der Sicht vieler Nichtmuslims ist der Ramadan deshalb nur eine religiöse Pflicht. Doch ist der Ramadan viel mehr. Nur wer ihn in der Familie erlebt hat, hat die Faszination des Ramdans erlebt.
Der kleine Shakir erlebte den Ramdan hautnah mit. Er sah, wie sich die ganze Familie auf den Ramadan vorbereitet hat. Wochen vorher wurde begonnen, Vorräte für den wichtigsten Monat aufzubauen, damit es uns auch wirklich an nichts fehlte. Wenn es bei uns große Packungen an Datteln gab, war mir als Kind klar, was bald anstand. Die Bestellung von Datteln war immer eine Tortour. Ein Onkel hat sie für uns in Bonn mit wachsamen Augen begutachtet, bevor wir mit ihnen versorgt wurden. Die Datteln kamen aus Saudi-Arabien. Und am Schluß des Ramadans wurde immer ein Resumee über die Qualität der Datteln gezogen. Und damit mein Onkel sich nicht beleidigt fühlte, waren sie immer gut.
Da Klein-Shakir ein aufgewecktes und sehr neugieriges Kind war, hatte er zum Ramadan einige Fragen an die Großen:
"Sag mal Mama, wieso fasten wir?"
"Damit wir wissen, wie sich die Armen fühlen! Es gibt viele arme Menschen, die den ganzen Tag nichts zu essen haben. Wir sollen nachvollziehen können, wie es diesen Menschen ergeht. Diese Menschen, die jeden Tag darüber nachdenken, wie sie etwas zu essen kriegen können."
"Das kann ich mir doch auch so vorstellen!"
"Nein Shakir, du sollst es erleben. Du sollst abends beim Fastenbrechen dankbar sein. Du sollst deinem Allah (swt) dankbar sein, dass du nicht zu den Menschen gehörst, die hungern müssen. Wie willst du etwas schätzen lernen, wenn du es noch nie vermisst hast. Der Ramadan ist eine besondere Zeit. Eine Zeit, in der du Allah (swt) viel näher kommen kannst, als in anderen Monaten. Allah (swt) liebt dich und du sollst Allah(swt) deine Liebe und Dankbarkeit zeigen. Schau mal: Bist du mir dankbar, mein Sohn?"
"Ja - Mama."
"Und warum?"
"Weil du meine Mama bist... und und weil du für mich da bist. Wenn ich krank bin, schreie ich nach dir und du bist da."
"Siehst du mein Sohn - Allah (swt) ist auch immer für dich da und will dich dankbar sehen. Aber mach dir noch keine Sorgen - du bist jung und du brauchst noch nicht fasten."
"Ich will aber auch fasten - weckst du mich auch auf, um mit euch zu fasten?"
"Nein - du hast Zeit!"
"Ach bitte Mama - wenigstens einen Tag!"
Abends erhielten wir einen Anruf von unserem Onkel: "Morgen ist Ramadan". Der Mond wurde gesichtet und morgen ist der erste Tag vom Ramadan. Alle freuten sich und der kleine Shakir mit ihnen. Meine Mutter bereitete das Essen für die Nacht vor, damit es nachts nur noch hergerichtet werden kann. Es war spät und der kleine Shakir legte sich schlafen. Er darf endlich seinen ersten Tag Ramadan fasten und er freute sich sehr. Voller Tatendrang kuschelte er sich fröhlich in seine Decke.
Am nächsten Morgen weckte mich das Morgenlicht auf. Ich realisierte, dass ein neuer Tag angebrochen war. Ich stand auf und lief direkt zu meiner Mama. Mit Tränen in den Augen fragte ich sie, warum sie mich nicht geweckt hat. Sie nahm mich in den Arm und beruhigte mich, dass ich doch noch so viel Zeit hätte, um zu fasten und dass ich noch viel zu jung sei.
Ich erwirderte heulend: "Nein...nein... ich bin auch groß - ich will auch mit euch fasten!"
Ich fühlte mich so einsam. Ich fühlte mich nicht dazugehörig. Ich war in meiner Familie ein Außenseiter. Einer, der nicht am fasten ist. Den ganzen Tag musste ich mir von meinen Geschwistern anhören, dass ich ja nicht am Fasten sei und machten Witze über mich: "Shakir fastet ja nachts!" Ich fand das gar nicht lustig.
Als Abends alle gespannt auf die Uhr schielten, sah ich meine Mutter, wie sie die leckere Harira in die Schüssel gab. Wie sie die leckere Torte zurecht geschnitten hat und die Dattelpackung öffnete. Aus der Teekanne roch es nach frischem Na3na3. Ein Schlaraffenland.... "Danke Allah (swt), dachte ich nur!"
Von hinten hörte ich meinen Bruder sagen: "Wir können essen....!"
Und alle kamen zusammen. Jeder suchte sich seinen Platz und der kleine Shakir dazwischen. Auch ich musste mir schließlich einen guten Platz sichern. Und da war er schon wieder - der gemeine Satz: "Wieso drängelst du so? Du hast doch gar nicht gefastet." Meine Mama nahm mich dann in Schutz, man solle mich in Ruhe lassen.
Da saßen wir nun alle in der Küche. Meine Familie.... - meine große Familie. Diese Geborgenheit ist unbeschreiblich. Diese Verbundenheit einmalig. Diese Liebe grenzenlos. Alle freuten sich und lachten.
Es klingelte an der Tür und ich spurtete sofort dahin.
"Mama - es ist Onkel Hadsch!"
Onkel Hadsch lebte in Deutschland allein. Seine Frau lebte mit den Kindern noch in Marokko und so besuchte er uns fast jeden Tag im Ramadan. Wir freuten uns jedes Mal, wenn er kam und vermissten ihn, wenn er mal nicht kam. Ich vermisste ihn ganz besonders, denn er brachte mir jedes Mal Schokolade mit.
Als sich Onkel Hadsch zu uns gesellte, verteilte meine Mutter die Schüssel mit der noch kochend heißen Harira. Ich bekam immer meine Schüssel. Eine kleine hellblaue Schüssel, die meinem Alter entsprechend war. Ja - diese Schüssel gehörte mir. Mir ganz allein. Mein Besitz! Und wehe, es bekam sie ein anderer.
Das Fastenbrechen starteten wir mit einer Dattel und das Gerede über die Qualität began. Mir war es egal - es schmeckte süß und das reichte mir. Mit meiner Schwester hatte ich immer einen kleinen Kampf. Wer von uns die meisten Fleischstückchen in seiner Suppe fand, der hatte gewonnen. Und das Geschrei war groß, wenn ich gar keins gefunden habe.
Es wurde gegessen, geredet und gelacht und saßen lange zusammen, bevor es dann ans Gebet ging.
Nach dem Gebet sagte ich dann leise zu meiner Mama: "Morgen faste ich aber mit!" Und am nächsten Tag durfte ich mich wie ein Erwachsener fühlen und habe allen stolz verkündet, dass ich auch faste.
Heute - sehr viele Jahre später wird es diese Familienkonstellation nie mehr geben, auch wenn ich nun der Onkel bin, der seine Nichten und Neffen mit Schokolade erfreut. Auch wenn ich heute kein Familienmensch bin, so würde ich gerne nocheinmal dieses Familienleben so intensiv erleben. Nocheinmal die Fleischstückchen in der Harira zählen. Noch einmal meinem Onkel die Tür öffnen..... noch einmal.....
Aber die Erinnerungen, die bleiben....
Und so hat es sich ergeben, dass mir letztens meine Mutter lachend die kleine bläuliche Schüssel gezeigt hat, die mein Besitz war. Der Anstoss für mich, um meine Erinnerungen an den Ramadan aus meiner Kindheit hier niederzuschreiben. Heute bevorzuge ich allerdings die größeren Schüssel. Dafür faste ich auch den ganzen Monat.
Denn damals - muss ich gestehen, blieb es nur bei diesem einen Tag! Schließlich sah ich es auch so: Ich war viel zu jung für das Fasten. Es sollten ruhig die Erwachsenen hungern, während ich weiterhin Schokolade futtern konnte.
In diesem Sinne - noch einen gesegneten, familiären Restramadan. Und denkt dran - die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen.
Geschrieben Ramadan 2007 Gruß Shakir
Re: Ramadan - ein Kind erzählt
[Re: Shakir.]
#88088 27/09/0804:14 AM27/09/0804:14 AM
Schön geschrieben und so echt dargestellt, wie ich selber meinen kleinen Nachbarjungen, 5 Jahre alt, vor 3 Tagen auf der Piste traf, dieser jedoch stolz meinen Schokoriegel ablehnte und sagte es sei doch Ramadan. Es folgte dann eine ähnliche Konversation mit seiner Mutter. Sein Vater hat mir heute erzählt das die Schokolade dann wohl doch gesiegt hat. Ich bewundere das Zusammengehörigkeitsgefühl, das zu einer spürbaren Energie wird, Schwerstalkoholiker es schaffen 4 Wochen abstinent zu bleiben, Kranke oder Alte trotzdem fasten obwohl es jeder verstehen würde wenn sie es nicht täten und eben diese Kinder, die schon gerne dazu gehören würden. (Für die Ramadangegner, es gibt auch ausnahmen). Ich, für mein Teil, rauche vielleicht nur halb soviel Zigaretten, verzichte auf Alkohol und wenn ich mal einen Tag mit faste, spüre ich die Kraft, die dahinter sich verbirgt. Wenn ich gefragt werde, bin ich ehrlich und antworte mit "Schrull diälkum" (Euer Job), und in den meisten Fällen ernte ich ein Lächeln. danke shakir ...guenter...
Re: Ramadan - ein Kind erzählt
[Re: Kunta]
#88090 27/09/0805:25 AM27/09/0805:25 AM
ja, shakir, das hast du gut getroffen. ich erlebe genau das mit meinen kindern. kunta hat es auch gut getroffen. besonders das mit den alkoholikern erstaunt mich auch immer wieder. auch die verfluchte nikotinsucht scheint sich dem ramadan unterzuordnen. bei mir ist es jedenfalls so, dass die lust auf eine zigarette erst kurz vor dem fastenbrechen kommt.
aber so schön die ersten tage oder wochen auch sind, jetzt wird es zeit, dass sich wieder alles normalisiert. der schlafentzug wird langsam lästig.
gruss aus dem ersten richtigen regen Najib
um etwaigen rechtliche konsequenzen vorzubeugen: dieses posting wurde unter subjektivitätsvorbehalt erstellt.
Hallo Jasmin, heute ist der 26. Tag... eine Art Fest im Ramadan, der Tag wo jeder Hühnchen isst und Räucherstäbchen angezündet werden, kann mir jemand den Grund sagen?. Das Fest findet entweder am Mittwoch oder Donnerstag, 01. o 02. Oktober statt. gruss ...guenter...
Hallo Jasmin, heute ist der 26. Tag... eine Art Fest im Ramadan, der Tag wo jeder Hühnchen isst und Räucherstäbchen angezündet werden, kann mir jemand den Grund sagen?. Das Fest findet entweder am Mittwoch oder Donnerstag, 01. o 02. Oktober statt. gruss ...guenter...
Hallo Kunta, Das ist die 27. Ramadannacht "Lailatu-l-Qadr", in der Koran herabgesandt wurde. Das ist praktisch die islamische Heiligtabend/Heilige Nacht.
Allah(swt)sagt im Koran:
1. Wir sandten ihn (den Koran) in der Nacht der Herrlichkeit herab. 2. Woher kannst du wissen, was die Nacht der Herrlichkeit ist? 3. Die Nacht der Herrlichkeit ist besser als tausend Monate. 4. Die Engel kommen mit Gabriel auf die Erde hinunter mit Gottes Befehl und Befugnis. 5. Sie ist voller Frieden bis zum Anbruch der Morgenröte.
Ein zauberhafter Beitrag Shakir, der auch eine Nichtmuslima wie mich tief berührt. Jeder Glaube hat wohl solche Sternstunden, nur die Namen sind unterschiedlich. Schön, ich denke, es kann Völker verbinden sich darüber auszutauschen. Auch wir Christen haben ja unsere religiösen Traditionen, die oft das innige Zusammensein mit unseren Lieben beinhalten.
Und wenn et jetzt wieder seinen holzigen Kren dazugeben muss, soll es mir recht sein. Wir *Religioten* haben besseres vor, als seine wertlosen Kommentare zu diskutieren. Stimmt´s?
Ramadan Mubarak a´isha
Ein kleines Lächeln, ein freundliches Wort zwischen den unterschiedlichsten Menschen, sind die beste Anerkennung der Menschenrechte Aletha Jane Lindstrom
Liebe Gemeinde, herzlich willkommen an Bord des ✈✈✈Fliegers RA-MA-DAN.
Die Flugnummer lautet 1437. Das Ziel ist die Vergebung Allahs, seine Gnade und die Errettung vom Höllen Feuer...
⌛ Die Reise dauert 29 bis 30 Tage. Flugdauer pro Tag ist etwa 19 Stunden.
Beachtet zu eurem eigenen Wohl bitte folgende Instruktionen: Wir bitten unsere verehrten Fluggäste, 🚫 sich mit dem Gurt der Gottesfurcht und des Iman fest zu schnallen und alle Arten vom Haram zu unterlassen, die zu einer Notlandung führen könnten.
📖 Der Pilot dieser Reise ist der edle Koran.
📲 Schaltet, so gut wie es geht, alle ablenkenden Einflüsse aus und entsorgt alle nafsgetriebenen Gewohnheiten.
Im Falle von Turbolenzen verhaltet euch bitte ruhig und 🙌 hebt die Hände zu Allah WIR hoffen.
Ihr habt genug Proviant in Form von Geduld und taqwa im Gepäck.
Alle Engel, 💫💫 die euch auf dieser Reise begleiten, wünschen euch eine angenehme Reise voller Segen auf dass ihr Allahs Wohlgefallen erlangen möget...
In diesem Sinne: Ramadan Karem / Ramadan Mubarak...💫💫💫💫
eines Tages aber sagte der kleine Shakir, dass er in der schule gelernt hat, dass es Länder gibt, in denen die Sonne für 1/2 Jahr nicht untergeht und in anderen Ländern für 1/2 Jahr nicht aufgeht., und der kleine Shakir fragt, ob die Menschen im Ramadan in den Ländern verhungern und verdursten müssen, in denen die Sonne nicht unter geht, sogar den ganzen Tag essen dürften, wenn die Sonne nicht zu sehen ist. Und er sagte weiter, dass doch der Islam eine gerechte Religion sei und dass es diese Ungerechtigkeit nicht geben darf.
Da war nun guter Rat teuer. der Imam wusste zuerst auch keinen Rat, dann aber die Lösung. Mohammed wollte Gleichheit unter den Menschen und so fastet Shakir immer zu der Zeit, die es in Mekka ist, woher der Prophet kommt.
Warum kathrin, eine der schönsten Geschichten des Forums ? Die Allerwenigsten hier dürften Muslime sein, Die Al Aqsar in Kairo macht sich schon seit Jahren Gedanken darüber , den Islam den Erfordernissen des 20 Jahrhunderts anzupassen. Ob Fasten überhaupt noch zeitgemäss ist. Auch im Chrstentum war es früher zeitgemäß, Frauen auf den Scheiterhaufen zu setzen. Für die überwiegende Mehrheit der Muslime im südlichen Mittelmeeeraum ist eigener Sonnenuntergang zeitlich odentisch mit der Länge des Tages in Mekka, nur eben etwas zeitversetzt, wobei auch für diese Länder die Mekka-Zeit gelten könnte, weil dann deren Tag (Sonnenaufgang) nicht erst um 7.00 begönne sondern bereits um 5.00, z.B. Marokko, wo es dann noch stockduster ist., Zeitverschiebung zum Sonnenaufgang Mekka. Problematisch erwäre es allerdings für die Muslime in Pakistan oder Indonesien, deren "Mekka-Zeit u.U, genau in den Tag fallen würde. Da der Ramadan eine freiwillige Angelegenheit ist, und nicht doktrinär gesehen werden sollte, sollte jeder Muslim, der seinen Ramadan machen will, sich selber ein Zeitfenster schaffen, z.B. abends 18.00 bis zum anderen Morgen um 6.00 , das ist dann 1/2 Tag und das entgspricht dem Forderung des Propheten zur Einkehr.
Last edited by ferbitz; 28/06/1702:40 PM.
Re: Ramadan - ein Kind erzählt
[Re: ferbitz]
#163751 11/08/1710:43 AM11/08/1710:43 AM
Es geht um Familie, Kindheitserinnerungen, Zusammenhalt, Traditionen. Poetisch, lyrisch, ausdrucksstark.
Eine ähnliche Geschichte erzählt eine junge Frau namens Gergishu Yohannes aus Eritrea über Mohamed - Angelo, der seine Überfahrt über das Mittelmeer nicht überlebte.