Hallo Tangeroise, danke, daß Du diesen Aspekt noch einmal hervorhebst.
Ich möchte nur ein "MISSVERSTÄNDNIS" (ist er zumindest aus meiner Sicht) auf islamischer Seite erläutern.
Es wird von islamischer Seite immer begründet, daß eine Adoption nach europäischem Recht nicht richtig ("Haram") und möglich ist, da diese dem Kind seine Abstammung nimmt.
Jedoch: Eine Adoption nach europäischem Recht (wozu auch die deutsche zählt) nimmt dem Kind nicht seine BIOLOGISCHE Abstammung. Die Adoption nach europäischem Recht stellt das Kind innerhalb der Familie lediglich RECHTLICH auf die gleiche Stufe wie die leiblichen Kinder.
Und das ist in vielen Teilen gut so, weil Adoptivkinder gegenüber den leiblichen Kindern nicht mehr als minderwertiger oder geringer erachtet werden, so wie es in der Vergangenheit der Fall war. Dies gilt besonders in Erbschaftsangelegenheiten. Und warum soll ein Kind, das z.B. als Säuglich adoptiert wird, in der Familie aufwächst und sich im Alter genauso um die Eltern kümmert, weniger Rechte gegenüber den Eltern haben ?
Deutsche Adoptivkinder haben neben der Adoptivurkunde auch eine Abstammungsurkunde. Und es wird heutzutage offen mit den Kindern über die Herkunftseltern und Adoptiveltern gesprochen. Die Kinder wachsen mit der Kenntnis auf, daß sie 2 "Formen" von Eltern haben: die Herkunftseltern und die Adoptiveltern. Es wird heute sogar befürwortet und gefordert, daß die Adoptiveltern den Kontakt mit der Herkunftsfamilie des Kindes suchen und fördern, damit das Kind - neben dem Aufwachsen in der Adoptivfamilien - zu seinen Wurzeln findet. Daß Kinder dabei "verwirrt" werden, - so weiß man heute - ist eine Unterschätzung der kindlichen Mentalität und diese Haltung gilt als überholt.
Leider war es lange in der westlichen Welt üblich, dem Kind seine biologische Abstammung zu verheimlichen, vor allem wenn das Kind laut Kirche "in Sünde" (d.h. ledig) gezeugt wurde oder die Eltern kriminell waren. Heute geht man sogar damit offen um, weil man sagt, das Kind ist unschuldig, was seine "Herkunft" betrifft. Es lastet ihm kein Makel der Sünde an, wie man früher oft dachte. (Hingegen weiß ich, daß in islamischen Ländern die Kinder in Waisenhäusern oft als minderwertig von der Gesellschaft gesehen werden, da man weiß, daß die Mutter oft ledig oder womöglich sogar Prostituierte war).
Was im islamisch-religiösen Sinne aus meiner Sicht gemeint ist, ist lediglich die biologische Abstammung. Und diese Abstammung zu vertuschen, wäre meiner Meinung nach in der Tat ein Verbrechen (gegenüber dem Kind) und wird im Islam auch - wie Du sagst, als "haram" erachtet.
Bei all diesen Diskussionen stelle ich fest:
Hier passen Denkmuster (islamisch-östlich und europäisch-westlich) nicht zusammen, deswegen gibt es Vorurteile und Mißverständnisse auf beiden Seiten (sind in den vorigen Beiträgen ausreichend beschrieben.)
Die Konsequenz: Weil die Marokkaner Sorge und Ängste bzgl. der deutschen/europäischen Adoption haben, kooperieren sie nicht mit den deutschen/europäischen Behörden. Und die deutschen Behörden machen deshalb momentan komplett "zu". Auch Marokkaner, die in Deutschland leben, dürfen kein marokkanisches Waisenkind adoptieren und das Kind in Deutschland aufwachsen lassen. Was sehr traurig ist, weil die Waisenhäuser in Marokko nicht mehr wissen, wohin mit den vielen Kindern !
@ Karim, wir würden uns freuen, von Dir zu hören !