Hallo Karin, in Eile, deswegen habe ich die Rechtstexte oben nur überlesen. Soweit.

Aber lieber Karim, was lese ich: Du schreibst, Du und Deine Frau habt seit August 2003 eine Kafala für ein Kind in Marokko. Das heißt, Ihr habt das volle Sorgerecht für das Kind übernommen.

Ihr aber lebt hier in Deutschland. Was ist mit dem Kind, warum seid Ihr nicht bei ihm ? Wenn die Gesetze es nicht ermöglichen, daß das Kind nach Deutschland kommt, dann hat es trotzdem ein Recht auf die Liebe und Fürsorge seiner Eltern. Du schreibst: Das Kind ist schon älter. Umso schlimmer: Das heißt, die erste bewußte Erfahrung mit seinen Eltern lautet: Und wieder werde ich verlassen. Und selbst wenn Du das Kind bei Verwandten “hinteläßt”, das ersetzt die Eltern nicht. Ein Kind braucht stabile Bezugspersonen, nicht heute Papa, morgen Onkel, übermorgen Großmutter, dann wieder Papa. Das Kind wird irgendwann auf seinen Papa pfeifen, der nicht bei ihm geblieben ist. Ich wäre immer bei meinem Kind, egal was passiert, egal in welchem Land, ein Kind darf nie verlassen werden, wie sonst soll es denn jemals ein Ur-Vertrauen entwickeln ? Ihr solltet, wenn Ihr Euch nicht mit den deutschen Gesetzen anfreunden könnt, Euch schleunigst auf den Weg zu EUREM Kind machen.

Zum Zweiten: Wenn Du in Deutschland leben willst, mußt Du Dich an die deutschen Gesetze halten. Du kannst beispielsweise auch nicht in Marokko 4 Frauen heiraten und verlangen, daß diese vor einem deutschen Gesetz anerkannt werden. Es ist in allen Rechtsangelegenheiten so, daß Du Dich in Deutschland nach dem deutschen Gesetz richten mußt, in Marokko nach dem marokkanischen.

Bitte sehe mir meine etwas heftigen Worte nach, ich kenne Euch nicht und kann mir kein Urteil erlauben. Allerdings bin ich frustriert, da ich immer wieder von Fällen höre, daß Marokkaner blauäugig in Marokko eine marokkanische Kafala beantragen, ohne sich vorher Gedanken gemacht zu haben, wie das Kind nach Deutschland kommen soll.

Es gibt einige marokkanische Kafala-Kinder in Deutschland (alle aus den 20 Jahren vor dem Jahr 2000), die Kinder kamen alle als Baby nach Deutschland, leben bei deutschen oder gemischt (marokkanisch-deutschen) Eltern. Teilweise sind sie mittlerweile schon fast volljährig, sind integriert und glücklich, daß ihr Schicksal in Marokko in Deutschland eine andere Wendung nehmen durfte.

In Marokko sind diese Kinder Kafala-Kinder und bleiben marokk. Staatsbürger.

In Deutschland sind diese Kinder adoptiert nach deutschem Recht, ohne das hätten sie nicht die deutsche Aufenthaltserlaubnis und den deutschen Pass erhalten können.

Was ist daran schlimm - in Marokko bleiben sie Kafala-Kinder - in Deutschland adoptierte Kinder.

Gott beschütze diejenigen, die den ausgesetzten und verlassenen Kindern ihre Liebe und eine Familie schenken. Nur das zählt.

Ich wünsche Euch viel Glück bei Eurer Klage gegen die Gesetzgebung und hoffe, daß Ihr Erfolg habt. Um des Kindes willen. Bitte halte uns darüber auf dem Laufenden, es wäre ein Licht am Horizont, wenn die Gesetzgebung (auf beiden Seiten - Marokko und Deutschland) sich miteinander mehr um eine Lösung bemüht.

Viele Grüße, Ulla


Viele Grüße, Ulla

"Ein Kind ist kein Gefäß, das gefüllt, sondern ein Feuer, das entzündet werden will" Francois Rabelais