Guten Tag allerseits !

Lmarrakchi, zum Thema Entfremdung:

Ich bin nicht Deiner Meinung und finde, das mit der Entfremdung hast Du nicht verstanden. Ein Kind, das verlassen wurde, in die Mülltonne geworfen, im Gebüsch versteckt, das hungrig und krank ist, das vielleicht in einem Heim ist, aber mit 30 anderen in einem Raum und kaum das Tageslicht sieht, das den ganzen Tag in seinem Bett sitzt und mit leeren Augen hin und her schaukelt, weil es niemand hochnimmt, anspricht... dieses Kind hat keine „Landeskultur“. Es kennt nur die Kultur des Ausgestoßen, Weggeworfen, Verlassen Seins.

Und es geht mir ja nicht darum, Kindern, denen es gut geht, eine Chance zu geben. Sondern einem Kind eine Chance zu geben das niemand haben will.

Es haben sich netterweise bei mir 2 deutsche Familien gemeldet mit Kindern aus Rabat. Eine Familie hat ein Kind mit der Glasknochenkrankheit (die Knochen sind so dünn, daß sie bei der geringsten falschen Bewegung brechen). In Marokko wurde es einmal operiert, aber es ging schief, so daß es zum Schluß nur noch am Boden kriechen konnte. Danach hat man es dort aufgegeben. In Deutschland wurde es nochmals richtig operiert, so daß es heute mit einer Gehhilfe die normale Schule besuchen kann. Und es hat eine liebevolle Familie gefunden. Die zweite Familie hat ein Mädchen. Als sie ins Heim kamen, fragten sie nach einem Mädchen, das zur Adoption freigegeben war. Die Heimleitung sagte, sie hätten kein Mädchen. Als die Eltern sahen, daß an einem Bettchen ein Mädchenname stand, fragten sie: „Und dieses da ?“ Da sagte die Heimleitung: „Dieses Mädchen ist übrig.... ja - es ist nicht hübsch genug für die Marokkaner. Aber sie können sie auch nicht adoptieren, sie ist schwach, sie wird wahrscheinlich sowieso sterben.“ Das deutsche Paar entschied sich dann genau für dieses Mädchen. Es ist heute 13 Jahre alt, kerngesund und ist sogar Klassenbeste! Soviel zu diesem Thema.

Was die rechtliche Seite angeht, konnte ich allerdings von beiden Familien keine Hilfe bekommen. Die Adoptionen sind schon so lange her, damals war die deutsche Gesetzgebung wohl noch offener. Ich würde mich auch freuen, wenn sich noch jemand zu Algerien meldet. Ich bin nun am Recherchieren über diese Kaffala.

Schönen Feierabend. Henriette