Gleichberechtigung nur Theorie
Ein Jahr nach der Gesetzesreform hat sich im Alltag für Frauen nicht viel verändert

Theorie und Praxis klaffen - wie so oft - auch in Marokko Mittlerweile ist schon wieder ein Jahr vergangen seit in Marokko die Gesetze zur rechtlichen Gleichstellung der Frau in Kraft traten. Damals wurde die Polygamie zwar nicht abgeschafft, aber erschwert (es bedarf nun einer richterlichen Erlaubnis) und die Frauen von der jahrhundertealten Vormundschaft ihrer Väter und Ehemänner befreit. Zumindest auf dem Papier. Die Praxis hinkt noch nach.

Im neuen Familienrecht, "Moudawana", wurde fest gelegt, dass Väter nicht mehr entscheiden dürfen, wen ihre Töchter heiraten. Die Frauen benötigen also für die Heirat nicht mehr die Zustimmung eines männlichen Vormundes. Desweiteren haben die Frauen seit der Reform auch Anspruch auf ein Scheidungsverfahren vor einem Gericht.

Die Umsetzung in die alltägliche Praxis sieht anders aus: Männer, die es sich finanziell leisten können, kann auch die Erschwerung der Vielehe nicht davon abhalten. Auch bei der Eheschließung redet der Vater nach wie vor mit, auch wenn er die Heiratsurkunde nicht mehr unterzeichnen darf. Und was die Scheidungen betrifft, darf der Mann seine Frau nach dem neuen Gesetz nicht einfach auf die Straße setzen. Meist ist es jedoch so, dass ein großer Teil der Scheidungen dadurch zu Stande kommt, dass die Frauen zuvor auf alle Ansprüche verzichten.

Dennoch ziehen Frauenrechtlerinnen ein Jahr nach der Reform keineswegs eine negative Bilanz. Sie üben sich in Geduld und hoffen auf einen Mentalitätswandel.