marrakech, gare routière, ca 21.30 uhr
es herrscht ein unbeschreibliches chaos, menschen laufen hin und her, mit gepäck und kisten beladen, busfahrer und ticketverkäufer brüllen in immerwährender wiederholung ihre fahrtziele in die menge, motoren brüllen, und dazwischen parken in völlig unübersichtlicher reihenfolge zum teil uralte busse. auf den dächern werden kisten und gepäck gestapelt, das sonst keinen platz mehr fand, und das ganze höchst abenteuerlich mit fadenscheinigen netzen zusammengehalten. ziele oder abfahrtszeiten sind nirgendwo zu erkennen, unser bus nach ouarzazate soll aber um 22 uhr abfahren, heißt es.
22 uhr
ein bus-ungetüm nach dem anderen hat sich mit brüllendem lärm und gestank in bewegung gesetzt, neue interessant beladene gefährte kommen dazu, der bus nach ouarzazate ist nicht zu entdecken. egal, ich beobachte fasziniert das treiben um mich herum, höre nur arabisch, ich scheine die einzige europäerin zu sein. kein problem, niemand schaut mich komisch an, ich bin ein teil dieser eigentümlichen szenerie.
23 uhr
schmuck-, uhren- und süßigkeitenverkäufer scharen sich um uns, der bus ist nicht zu sehen.
24 uhr
gähn
0.30
ein riesiger, uralter, schnaufender bus, das dach wieder mal hoch beladen, schaukelt heran - der bus nach ouarzazate. wir steigen ein, lassen uns auf die staubigen, zerschlissenen sitze fallen, ich fahre mit einem schrei wieder hoch. eine schlange??? nein, nur die sprungfeder aus dem sitz. gut, die sprungfeder und ich müssen uns arrangieren. zögernd prüfe ich die stahlharte, kerzengerade rückenlehne. gut, eine nacht muss das gehen.
abfahrt? aber nein. ein schuhverkäufer bietet im bus den passagieren babouches an, danach kommen noch ein wasser- und ein süßigkeitenverkäufer. zu guter letzt ein prediger, der audiokassetten mit korangesängen verkauft und selbst ein leidenschaftliches gebet anstimmt. ich überlege, ob der bus die fahrt durchs atlasgebirge übersteht oder wir irgendwann zum schieben hinzugebeten werden.
1.00
ohrenbetäubender motorlärm, eine qualmwolke, schnaufend setzt sich das bus-ungetüm in bewegung. na also.
1.05
wir halten an. nanu? der bus wird aufgetankt. ach so. ich als spießige deutsche hatte gedacht, das wäre vorher schon passiert.
1.10
es geht tatsächlich los! der bus dröhnt brav in richtung gebirge. ich lehne mich ans fenster, versuche, meine arme und beine irgendwohin zu verstauen und döse ein.
ca 3.00
quietschende bremsen, geschrei, licht, aufruhr. unfall???? nein, eine raststätte mitten im hochgebirge. wir steigen aus, klopfen uns den staub aus den klamotten, dehnen unsere eingeschlafenenen beine und arme. um uns herum reges treiben - rauchschwaden von gegrilltem fleisch, insassen anderer busse und taxis laufen herum, orientalische musik durchdringt die nacht zusammen mit dem hupen und rufen der fahrer. auf dem boden liegen fleischreste und ein rinderkopf. wir trinken einen minztee, dann geht es weiter. der busfahrer hupt, sammelt seine insassen ein. weiter schaukelt er uns durchs gebirge, vorbei an gnadenlosen abgründen und ungesicherten straßen.
ca 4.00 wieder licht, trubel, laute rufe. ein teil der ladung auf dem dach wird an einer kleinen raststätte abgeliefert, einige passagiere steigen aus. das gleiche passiert im 15-minuten-takt noch ca dreimal.
ca 7.00
ich schaue aus dem fenster und bin überwältigt. rot leuchten die berge der präsaharagegend in der morgensonne, karges gestein, eine mondlandschaft. ein licht und eine stimmung, die es nur in marokko gibt.
irgendwann erreichen wir ouarzazate, von hier aus geht es mit einem anderen bus weiter, ein stück in die wüste, bis ins dadèstal. der rest wird dann noch im taxi bewältigt, sieben leute in einem uralten mercedes.
das nenne ich marokkanisch reisen, ich finde es jedes mal wieder abenteuerlich, faszinierend, lustig und einfach unvergleichlich. das gibt es eben nur dort und gehört einfach dazu. ich freu mich schon aufs nächste mal!
miriam