Salam aleikum und hallo zusammen,

äußerst interessantes Thema...ich komme ja gerade frisch zurück aus Marokko, nachdem ich ein zeitlang nicht mehr dort war. Da ich nie in einem Hotel etc. meinen Urlaub verbracht, sondern immer in Gastfamilien gelebt habe, kann ich natürlich nicht meinen Eindruck als typische Touristin wiedergeben, weil ich mich auch nie als solche gefühlt habe. Ich wurde von Anfang an recht schnell in die Gesellschaft integriert und so habe ich vielleicht andere Eindrücke gesammelt oder mir wurde vielleicht auch eine andere Art von Respekt entgegengebracht.

Trotzdem war mein Urlaub in Marokko diesmal "anders"...denn Europa mit seinen Konsumgütern hat vollendst Einzug gehalten...in Marokko gibt es mittlerweile wirklich alles was es bei uns auch gibt und z.T. noch darüberhinaus.

Ich möchte euch von meinen ganz persönlichen Eindrücken erzählen, als ich auf meine Gastfamilie traf. Der jüngste Sohn begrüßte mich handschlagmäßig im Rapper-Outfit mit einem coolen "Hi" und einem MP3-Player im Ohr, meine Gastmutter kam gerade von ihrem Lese- und Schreibkurs zurück (sie war jahrelang Analphabetin und kann nun schon erste Sätze lesen, das finde ich wirklich toll!!!) und Omi kam mir in topmodernen Nike-Hausschuhe entgegen (tja und ich bin hier noch von einem Deichmann zum anderen geflitzt, um ein paar "seniorenwürdige" Hausschuhe zu kaufen). Außerdem bauen sie gerade ein neues Haus außerhalb der Stadt und alleine der Rohbau sah schon gigantisch aus. Dabei gehörte meine Gastfamilie wirklich nicht zur Oberschicht. Nur zahlt sich langsam aber sicher die Tatsache aus, daß sämtliche Söhne und auch die Tochter vor ein paar Jahren nach Übersee und Europa gegangen sind, dort mittlerweile Fuß gefaßt haben und ihre Familie in Marokko regelmäßig finanziell unterstützt. Dazu kommt die durchaus akzeptable Rente des Vaters.

Auch die infrastrukturellen Veränderungen oder nennen wir es sogar Verbesserungen in dem von mir besuchten Norden Marokkos haben mich wirklich sehr positiv überrascht. Während man früher ewig brauchte, um über die Nationalstraßen zu fahren, ist man nun bsp. bequem innerhalb von 2 Stunden mal eben von Rabat nach Fés unterwegs.

Na ja... Dinge wie fast jedes Mal 2 DH für´s eben mal Kurzparken und die obligatorischen Schachteln Zigaretten für den Zollbeamten und den Nachtwächter, der auf´s Auto aufpaßt...ärgert mich halt manchmal immer noch, aber was soll´s! Ich plane es halt mit in mein Urlaubsbudget und das war´s! Es sind halt "Jobs" und sie verdienen sich damit ihren Lebensunterhalt und/oder auch etwas dazu. Ich zahle halt nur dann eben nicht mehr als die Einheimischen auch. Da bin ich konsequent und ich glaube, sie haben mittlerweile durchaus verstanden, daß in Europa das Geld nicht auf den Bäumen wächst. Auch sie kennen die wirtschaftliche Situation in Deutschland und auch die Arbeitslosenzahlen sind dort bekannt.

Klar wurde ich auch wieder "angebettelt" und natürlich habe auch ich wieder gelegentlich den einen oder anderen Dirham gegeben...aber man gewöhnt sich auch daran und so banal das jetzt auch klingen mag: In Köln höre ich oft genug "Hasse mal ´nen Euro oder so" ...und da gebe ich dann auch etwas oder drehe mich nur um und gehe weiter...der Prozess ist der Gleiche!

Fazit: ICH bin diejenige, die sich jedes Mal wieder neu an Marokko anpassen muß. Es kostet mich immer ein paar Tage Kraft und Nerven, bis mein Gehirn und Herz von Laufwerk Deutsch auf Laufwerk Marokkanisch umgestiegen ist...danach aber genieße ich die Zeit dort sehr, liebe wieder die Hektik auf dem Souk und das Herumhängen in den Cafés und sammle meine Erfahrungen...sowohl positive als auch negative. Aus beiden lernt man bekanntlich am meisten.

Der nächste Marokko-Aufenthalt ist in der Planung...

Lieben Gruß aus Köln

Anja Maria