hallo keela, - ich kann deine gedanken sehr gut nachvollziehen. es kann ja sein, dass sich dieses "entweder - oder" gar nicht immer unter den verschiedenen gruppen der touristen verteilt, die nach marokko kommen, sondern ebenso - du hast es treffend beschrieben - uns selbst zweiteilt!

vieles, was du schreibst, erkenne ich in mir wieder. als ich die ersten male nach marokko reiste, war ich fasziniert vom land, den menschen, den souks, den gerüchen, dem handwerk...als ich einmal im mai richtung fes fuhr, beleuchtete die goldene abendsonne die olivenhaine, darin standen schafe und weideten. ich hatte das gefühl, durch arkadien oder ein biblisches land zu reisen...

mit jeder reise nach marokko wird mein blick nüchterner und mein herz wohl auch ein wenig verschlossener.

nüchtern! weil ich bemerkte, dass ich die ersten male marokko sah wie ein schönes theaterstück. ich sass im parkett, der vorhang ging auf, und sie spielten dort ein wunderschönes stück inmitten einer wunderschönen landschaft. das stück hiess "marokko".

aber, es ist wie immer: je öfter ich das theaterstück sah, desto mehr sah ich auch die kulissen, die versatzstücke, die strippen und scheinwerfer, das ganze durcheinander "hinter" der bühne.manche kulisse war nur notdürftig zusammengezimmert und an manchen brökelte die farbe ab...das, was sie spielten, war immer noch *schön*. der blick hinter die kulissen ernüchterte mich allerdings!

und was ist mit dem *verschlossenen herz*?

am anfang war ich voller mitleid und voller hilfsbereitschaft! ich sah die not der menschen. ich konnte sie mit händen greifen! und ich gab gern. dann aber geriet ich in situationen, in denen ich merkte, dass man in marokko mein mitleid *benutzte* und meine hilfsbereitschaft ausnutzte. die appelle an mich, den europäer, wurden immer lauter: es sei, weil es mir offensichtlich besser geht, eine pflicht zu helfen und zu unterstützen!

es kann ja sein, weil dies ein gebot des islam ist, dass auch der europäer an diesem gebot gemessen wird. ich habe das wort "danke" selten in marokko gehört. ich weiss aber auch, wie schwierig und in manchen momenten wie demütigend es für den anderen ist, immer *dankbar* zu sein und es zu zeigen!

ja, dieser riss, liebe keela, von dem du schreibst, geht auch durch mein herz!

aber es gibt eine medizin, damit unser herz nicht ewig und immer blutet: diese medizin befindet sich genau dort, wo uns die wunde zugefügt wird: in marokko!

Jocim