Liebe Freunde,
eigentlich bin ich eher ein Voyeur in den Foren, aber dieses Thema spricht mich persönlich doch ziemlich stark an.
Ich lebe seit 1982 auf den kapverdischen Inseln, angefangen hat es mit einer Elektronikwerkstatt (Radio war die einzige Kommunikationsmöglichkeit,deshalb dieses Segment), 1987 zerbrach ich mir den Kopf wie die Volkswirtschaft zu den bitter nötigen Devisen kommen könnte, denn unsere Landwirtschaft produziert maximal 15% der Lebensmittel. Da kam ich zum Schluß, daß allein internationale Dienstleistungen diesen Input bringen könnten und die einfachste davon ist eben Tourismus. Ich wurde als Verrückter belächelt, als ich mit den ersten Trekkinggruppen loszog, heute nimmt diese Aktivität ständig zu.
1987 mußte ich noch lange unserer Regierung erklären, wie ich meine Aktivitäten setze, damit es nicht zu den üblichen negativen Auswirkungen des Tourismus kommen muß. Allerdings bekamen wir 1991 eine neue Regierung, die voll auf Tourismus setzte und eben den üblichen "Strandurlaub" propagierte. Dies ist aber volkswirtschaftlich schädlich, denn es gibt kein inländisches Kapital für die Investionen, aber auch keine Wertschöpfung aus der eigenen Produktion.
Bis 1997 arbeitete ich mit Reiseveranstaltern hauptsächlich im deutschsprachigen Raum zusammen, mußte aber immer mehr erkennen, daß es da nicht um unser Land geht sondern darum, daß der Tourist gehätschelt wird, Folklore bekommt und damit Geld verdient wird. Daraufhin entschloß ich mich, die Zusammenarbeit zu kündigen und seither betreibe ich meine alsatour übers Internet und bastle individuell Reisen mit meinen Gästen. Das fängt an vom internationalen Flug bis hin zum kleinsten Transfer.
Was ich damit sagen möchte ist, daß nur dann ein verträglicher Tourismus möglich ist, wenn sich das Land selber und direkt vermarktet. Sicher gibt es dann nicht so tolle Umsätze, aber dafür Stabilität und Effektivität: unsere Umsatzzahlen steigen, wo ich früher ein Gewinnverhältnis vom Umsatz zum Gewinn von etwa 4 % hatte, da bin ich jetzt bei über 16% obwohl für den Gast der Endpreis um 30 - 40 % billiger geworden ist. Was aber das Wichtigste ist, seit der Direktvermarktung hatte ich keine Reklamation mehr, denn ich habe unser Land so beschrieben wie es ist und keine anonymen Hochglanzprospekte verteilt.
Wollte mir das nur von der Seele schreiben, es ist sehr schade, daß unser Weg so selten beschritten wird. Ich glaube nicht, daß ich die Tourismusbranche verändern kann, aber ein wachsendes Segment dieser Art könnte zu mindest ein gutes Beispiel für einen anderen Weg sein.
ganz viele Grüße aus Sto. Antao
alfred