Hallo liebe Leute,

nachdem mir Einigkeit zu herrschen scheint, dass Erziehung und Sozialisation geschlechtsspezifische Ungleichheiten hervorbringen (in Marokko, wie auch in Deutschland, wenn auch hier mittlerweile mit anderen Vorzeichen???) stellt sich natürlich die Frage, wie kann man dem begegnen. Nach wie vor erscheint mir der krasse Unterschied in den Bildungschancen, vor allem für die Mädchen der Landbevölkerung, ein grundlegender Ansatzpunkt mit 1. Priorität zu sein. Offensichtlich hat der Staat hier bislang keine großen Fortschritte erzielt. Die in der städtischen Bevölkerung errungenen verbesserten Chancen für Frauen (Polizei, Pilotin, etc.) geben Hoffnung auf eine Fortsetzung des positiven Prozesses im städtischen Umfeld. Verantwortlich hierfür scheinen mir weniger Feministische Programme oder staatliche Initiativen zu sein, sondern ein insgesamt fortschrittlicheres Denken, welches aus eigener besserer Bildung, Aufgeschlossenheit und tendenziell weniger geschlossenen (und damit der sozialen Kontrolle geringer unterworfenen) Strukturen des Lebensumfeldes gespeist wird. Hier ist es dann möglich, staatliche Angebote wahrzunehmen, die der Landbevölkerung nur marginal zugestanden werden.

Liest man die von Yacin zur Hälfte zitierte Quelle weiter, die wenn ich es richtig einschätze einen offiziellen Konsens aktuell publiziert, dann ist die Aussage zum Frauenbild eindeutig beantwortet.

Zitat "Der Islam kennt keinen Ausschluß von Frauen von der Bildung, denn der Erwerb von Bildung ist eine religiöse Pflicht für Frauen und Männer."

Zitat "Im islamischen Wertesystem ist die Frau gleichwertige Partnerin des Mannes mit Pflichten und Rechten, wie z.B. Stimm- und Wahlrecht, Erbrecht, Namensrecht, Recht auf ökonomische Unabhängigkeit, standesgemäßen Unterhalt, Bildung und Ausbildung, freie Wahl des Ehepartners, Empfängnisverhütung, Scheidung, Still, geld, sexuelle Erfüllung in der Ehe und sie besitzt den Status eines Rechtssubjektes."

Keine Sorge, ich will hier keinen theologischen Diskurs eröffnen, mir drängen sich ganz praktische Fragen auf:

Welche Initiative wird von religiösen Einrichtungen in Marokko ergriffen um dieser Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis zu begegnen?
Welches Verständnis vom Islam haben die Eltern der Kinder, vor allem der Mädchen, die frühzeitig dem Schulbesuch entzogen werden, und wer fühlt sich verantwortlich, ihnen Stellungnahmen wie die oben zitierten nahe zu bringen?
Wird sich der Prozess der Chancenangleichung ausschließlich auf die städtischen Gebiete konzentrieren, womit Problemen wie z.B. Landflucht weiter Vorschub geleistet wird?

Würde mich freuen, wenn jemand Antworten auf diese schwierigen Fragen hat.

Grüße
N.