Hallo Erika,
das war nicht nur ein sehr langer, sondern auch ein sehr informativer Beitrag, dem ich glaube entnommen zu haben, dass auch Sie die Vernetzung Marokkos/ den Internetzugang für jeden oder viele, nicht für so vorrangig halten, denn ich denke dieses bringt nicht sehr viele Arbeitsplätze und dient letztlich zunächst erstmal nur wenigen. Ich war übrigens erstaunt, wieviele Internetting-Möglichkeiten es bereits in Agadir gibt!
Okay: kurz zum Thema wachsender Analphabetismus und "Bildung für alle". Mein marokkanischer Lebensgefährte (1960 geboren)wuchs als zweites von 4 Kindern in einem Dorf auf, wo heute noch sein Bruder mit Familie lebt und wo es bis jetzt noch kein Strom und kein fließendes Wasser gibt (Strom soll allerdings bald kommen), man hat allerdings ein Auto fürs Business und kann über die Batterie auch Fernsehen. Dieses Dorf liegt nicht etwa irgendwo im gebirgigem, schwer zugänglichem Hinterland
sondern von Qualidia aus gesehen ca. 20 km landeinwärts. Alle Kinder in der Generation meines Freundes hatten jedoch auch damals die Möglichkeit zur Schule zu gehen. Mein Freund hat dieses Angebot genutzt, und hat, da die schulischen Möglichkeiten dieses Dorfes nur begrenzt waren, das Lyceum irgendwo, ich glaube in El Jadida besucht.
Sein ältere Bruder hat auch 6 oder 7 Jahre die Schule besucht. Sein jüngerer Bruder (der in besagtem Dorf) und seine Schwester haben nur höchstens 2 Jahre die Schule besucht. Sie hatten schlicht "null bock" auf Schule. Ich hab aber das Gefühl, dass sie heute als Erwachsene trotzdem glücklich und
zufrieden sind und Schraib in seinem Buisiness auch relativ erfolgreich ist. Der Cusin meines Freundes, Apotheker, den Dr. der Pharmacie in Frankreich erworben, kommt mir eher so vor wie ein Mensch, der mit seinem Leben nichts weiter anfangen kann als Gin trinken, Fernsehen und Dirhams sparen, um dann das nächste Terrain zu kaufen.
Also, um nicht missverstanden zu werden: Ich bin nicht gegen ein besseres Bildungsangebot für alle Marokkaner. Auch ich halte das für sehr sehr wichtig. Nur weiss ich aus Erfahrung, dass nicht jedes Kind bildungshungrig und bildungswillig ist und dass hier neben der Schaffung guter Rahmenbedingungen (Geld für Schulen etc)
auch die Menschen selbst mitmachen müssen.
Und manchmal frage ich mich, ob wir das Recht haben Menschen zur Bildung zu zwingen?
Okay, dieses Problem hier zu diskutieren führt allerdings wirklich zu weit.