Hallo Peter,

Döblin hat sich in Essaouira als Dubb layin eingeweiht, es heißt soviel wie der sanfte Wolf. Ich nenne ihn Dubblin. Er findet das wunderschön. Ab und zu labbert er mich voll mit seinen Geschichten von Ostteilbewohnern in den Strassenbahnen, wenn sie in ignoranter Art auf die für sie Nicht-Deutschen losgehen.
Er erzählte mir eines Tages, dass sie keinen Sinn für imposante Bauten haben und dass sie nach wie vor auf Ideologen, Demagogen und Volkshetzer hören. Irgendein Verlagsbesitzer aus Allemanien soll im Stadtteil grosse Summen zum Sieg seiner Volkstümlichkeiten verpulvert haben. Allein Tele.com soll mit seiner Kampagne für ein reines deutsches Volk Millionen eingenommen haben. Immer wenn Dubblin mir von sowas erzählt, fühle ich mich traurig. Dann frage ich mich, wie kann sowas in einer Stadt wie Berlin möglich sein, wo alle Nostalgiker der 68er Jahre ganz oben in den höchsten Ämtern des Landes sitzen. Ich finde, sie sind nicht mehr wie damals, als sie in kleineren Foren mit Menshcen kommunizierten, wie die Erzähler auf Jemaa el-fna. Wenn sie überhaupt, was zu sagen haben, dann tun sie das nur noch bei Christiansen am Sonntagabend und dann geschickt. Gott sei Dank, ich bin stolzer Besitzer von einer Sattanlage.Ich empfänge bis bei mir ins Zimmer fast alle Fernsehprogramme ausser Bayern und dem schwarzen Kanal. Ich finde die Moderatorin eine gewifte schlaue Frau. Stell dir vor, in Deutschland ist es möglich von einer Hostesse zur Chefredakteurin zu werden. Mann oder Frau soll nur das richtige Parteibuch haben. Christiansen hatte das richtige und eben deshalb amüsiert sie sich auch in der Bärenstadt.Am liebsten hat sie den Joschka zu Gast. Mir ist immer wieder aufgefallen, dass sie ihm die gleichen Fragen stellt und insbesondere diese: wie kann man grün und sich von den besten Modedesignern bekleiden lassen? Wahrlich da übertreffen seine Parteigenossen alle anderen Parteikader in ihren komischen Anzügen. Die Partei des Ostteils kann da kaum noch mitkonkurrieren.
Der dicke Bisky und sein kleiner Begleiter tragen immer noch Westen aus der DDR-Zeiten. Ob bewußt? Das wissen nur sie.
Eigentlich wollte ich dir von Ramonet und Azoulay erzählen. Nun bin ich jetzt bei dir in der Stadt der Kulturen und langweile dich mit diesen Randbemerkungen zu deiner Stadt. Wieso auch nicht. Was wäre, wenn im Lande des Sonnenuntergangs der Berliner Wind wehen würde? Er soll aber keine Kohlianer mittragen.Davon haben wir mehr als genung. Ich habe gehört, dass unsere Kohlianer europäische Schäfer ein Wochenendworkshop in Sachen unauffälliger Schmiergelder anbieten.Eine gute Marktlücke.Ich bin zu dumm, warum bin ich nicht auf diese Idee gekommen.Hätte ich nur früher schon von deinem " Triumph der Ökonomie" mitgekriegt.
Jetzt gehe ich beten. Hoffentlich finde ich dort die Stille, von der dir dein Günter erzählte. Seit einiger Zeit sind diese
irdischen Aufenthaltsorte für die Unsterblichkeit des Menschen Meditaionsorte für die Zivilisationsmüden nicht mehr so ruhig. In den Gebetszeiten sitzen hier viele junge Menschen, in ihren Trachten verhüllt. Sie berühren entweder den bis zum Hals hängenden Bart oder ihre Brüste. Sie scheinen keine Leute der Meditation zu sein. Es sind viele geworden. Unglaublich aber wahr, seitdem sie gibt, kennt das Geschäft mit Alkohol keine guten Zeiten. Wenn sie in der Moschee auf den Strohmatten sitzen, dann sind alle in der Lektüre des Wortes Allahs versunken. Und immer wenn sie aufstehen, sprechen sie ganz laut und heldenhaft " Allah o Akbar " und " Nieder mit dem Westen, der uns versklavt, ausbeutet und dabei ist, uns zu christianisieren. Die Strände gehören uns. Wir wollen mit unseren Familien nach unseren Sitten Sommerferien verbringen. Wir lassen es nicht zu, dass sich die Touristen vor den Augen unserer Kinder entblößen. Zum Teufel mit den Reisegesellschaften, die nur an das Geld denken und unsere Schamzonen wie eine Fliege zerdrücken."
Ich verlasse lieber den Aufenthaltsort. Mir ist das alles doch zu viel. Von Ramonet und Azoulay erzähle ich dir morgen. Du ich muss jetzt gehen, der Dubblin kommt wieder.
A Dieu