Hallo Herr Peter Gerlach,
Dein Beitrag liest sich wie ein Seufzen der neuen Europamüden auf der Suche nach dem Urtypischen. Deine kritik an mir und dein Plädoyer für den Erhalt des strukturell-kommunikativen Charakters von Jamaa al-Fanaa lesen sich wie eine stadtplanerische Predigt eines Städtebauspezialisten, der der modernen Stadt das Modell der noch mit menschlicher kommunikativer Zwischenbeziehung überfüllten Stadt entgegenhält, eine Stadt, die an die Vergangenheit der Menschenheit erinnert, in der der Mensch nicht von den Finanzverwaltenden Institutionen, Geldbeutelleerenden Supermärkten und Verkehrsreglenden digalisierten Ampeln zur funktionierenden Maschine wird, deren Aufgabe darin besteht, am Rande der Satdt durch Veräußerung der Arbeitskarft an das im Stadtzentrum auszugebende Geld kommt. Vielleicht ein idealer Ort wie Jesus.

Im Rahmen dieses Forums, glaube ich, ist kein Raum für eine detaillierte historische
Analyse der Entwicklung von Jamaa al-Fanaa.Ich habe mich deshalb in meinen ersten Beitrag den Lesern zu Liebe auf bestimmte bewußt von mir ausgewählte markante historische Anhaltspunkte beschränckt. Andererseits wurden diese geschichtlichen Eckpfeile Zur Klärung der Tatsache herangeführt, dass Jamaa al- Fanaa kein Sammelbecken von Arbeitslosen ist. In dieser Hinsicht versteht sich von selbst, Herr Stadplaner, dass es dann zu langweilig wäre, wenn mann bestimmte Zeitabschnitte allzu sehr ausführt. Von daher der knappe historische Überblick.
Herr Europamüde. Als ich von den Bestrebungen der Studenten von Dar al Baroud oder später von der Uni Kadi Ayyad erzählte, tat ich es mit dem Hinweis, dass diese rebellische Masse in Marakkesch von der kommunikativen Bedeutung von Jamaa al-Fanaa wusste und dementsprechend deren Protestzug dorhin steuerten; wahrlich ein Moment einer Symbiose zwischen dem dynamischen intellektuellen Teil einer Stadt( Gramschi lässt grüssen) und den übrigen Stadtangehörigen.
Ohne ,wie du, irgendeinen " Kulturvoyorismus " betreiben zu wollen, habe ich in keiner Weise trotz Verlagerung der kulturellen Angebote vom Platz in die neuen Umsiedlungen behauptet, Jamaa al- Fanaa hätte deswegen ihre " Seele " verloren, die etwa bei einem Herren Hubert Fichte( inzwischen gestorben) in seiner Erzählung (der Platz der Geköpften)mit ethnologischem Anstrich oder bei seinem Freund Wolfgang Geerdt in seinem Roman( Es Lebe Marakkesch.. )festgehalten wird und aus Verlustangst in seiner Malerei verewigt wird. Ich erwähne hier nur die jenigen aus dem deutschsprachigen Raum, die in kulturvoyoristischer Weise Marakkesch zum Mythos erhöht haben und am Platz das Urtypische bewahrt sehen, so ungefähr wie du das tust mit deiner These von Jamaa al-Fanaa als kommunikativem Energiefeld. Gerade mit dieser oberflächlichen These flanierst du á la Hubert Fichte, entzückt wie ein Spätromantiker von den Kommunikationssituationen auf dem Platz, deren Teilnehmer Sensationelle Statisten mit in deiner Phantasie vibrierenden
(Ich zitiere dich) phantastischen kindlichen oder 'verrückt'- paranoiden Märchenerzähler; ... lepra- zerstörten bettelnden Voll-Amputierten.., Schlange... um den Hals i den wispernd vorgetragenen Angeboten einer Hure" und ober darauf der 'Kaugummikaner,."
Und das siehst du, Herr wahrer " Kulturvoyorist" als das ( ich zitiere dich noch einmal)" Sensationelle an dem Platz"
In deinem Bild Von Jamaa al Fanaa haben wir den Märchenerzähler, dem Voll-Amputierten, die Schlange um den Hals, die Hure und die Creme der Globalisierung den Kaugummikaner. Alles vermischt sich (vielleicht unter der Wirkung von Kanabis) zum behutsam zu bewahrenden Phantastischen. In deiner Fremdwahrnehmung ist die totale Negierung des Fremden zugunsten der Selbstbefriedigung. Fremde Kulturen als Therapie?. Freud hat nicht viel dazu erträumt.
Jetzt frage ich mich, Herr Stadtplaner, wer ist hier Flaneur?
Mehr Zerstücklung würdest du mit Sicherheit nicht ertragen. Wenn du willst, kann ich dir
gerne einiges von Jamaa al Fanaa als Volksuniversität, wo früher der Suffi als herumirrender Dichter mit seinen Pfeifen das Elend in dem Lande anprangerte. Auch ein sehr guter Aspekt von Jamaa al Fanaa, leider dem Kulturvoyoristen nicht so einfach zugänglich.

Ich schlüpfe aus meiner Haut und nicht in sie

Aziz.