Hallo Si Bakkali,

Zunächst zu meiner Antwort auf deinen ersten Beitrag: Vielleicht kommt sie dir wie eine informationsreiche Lektüre für Touristen vor, aber glaub mir, solche Infos kriegen die Touristen nicht zu hören. Von wem denn? Ich habe in keiner Weise das Thema Jamaa al- Fanaa im Verhältnis zum Tourismus, sondern in einem kulturanthropologischen Sinne angeschnitten. Vielleicht ist dir schon mal Literatur zur Stadt in der Moderne im Allgemeienen und speziell zu betsimmten Orten in einer Stadt begegnet. Wenn nicht, dann könnte ich dir dabei gerne behelflich sein.

Jetzt zu deinem Zitat:„Diejenigen, die an einen Wandel nach spanischem Vorbild denken, an eine baldige movida, hoffen daher vergebens. Marokko wird es gewiss langsamer angehen lassen, wie es der Tradition des machsen entspricht. Die geht davon aus, dass man die Bremsen nur nach und nach lösen darf, wenn man gut und sicher vorankommen will.“

Herr Bakkali. Dein Ramonet meint mit denjenigen, die an einen Wandel nach spanischem Vorbild denken, aller Wahrscheinlichkeit nach, den marokkanischen Islamismusexperten Mohammed Tozy von der Uni Casa, der schon vor und auch nach dem Tod Hassan II um eine Monarchie nach spanischem Vorbild wettete ( Siehe das Interview mit J.P Tourquoi in le Monde von August oder Spebtember letzten Jahres mit Mohammed Tozy mit dem Titel: Ich wette um eine Monarchie nach spanischem Vorbild.)
In der Argumentation Tozys, übrigens ein sehr guter Kenner des politischen Systems in Marokko( Vgl seine Arbeit: Monarchie et champ politique, Edition. Science PO, Paris 1999) sprechen viele Indizien dafür, dass der neue König Marokkos Sidi Mohammed einen starken Willen zur Gerechtigkeit bei einer überraschenden Abneigung vom traditionellen mittelalterlichen Arsinal an symbolichen und adminsitrativen Praktiken nachweist, welches auf Machtkonzeptionen der Unterwürfigkeit basiert. Dieses politische System bezeichnen die Politoplogen Makhzen ( apropos im Zitat ist das Wort falsch geschrieben).

Der zweite Teil des Zitats liest sich wie ein Rezept an die Adresse des Palastes mit der Bitte um Vorsicht bei Reformen, die zu schnell kommen. Man kann beim Lesen fast dazu neigen, zu glauben, dass dieser Teil des Zitats offensichtlich einen gewissen Anspruch auf Bevormundung kaschiert oder zu vermuten, dass die gegenwärtige Machterhaltstrategie der Monarchie in Marokko die jedem vertraute genauer dosierte Öffnungspolitik.
Dass Ramonet nun mal ein Humanist und mutiger Intellektuelle unter der Familie Le Monde ist, ist mir durchaus bekannt. Ich lese ihn schon seit einiger Zeit. Ich erinnere mich sehr gut an seine Positionen hinsichtlich der Westsahara und an seine kritischen Äusserungen zu Hassan II. Er ist von daher jemand, der die Machtpraktiken im "Cherifischen" Königreich sehr gut kennt. Und folgerichtig kann er sich anmassen, die Richtung vorzuschlagen, nämlich der schrittwiese vor sich gehende Prozeß der Befreiung der Politik in Marokko von dem mittelalterlichen Makhzen. Aber ramonet sagt uns nicht wie?.
Vor Lösungsvorschlägen sollte man meines Erachtens die richtigen Fragen zum Rezept von Ramonet: Sollen wir wirklich die Bremse langsam lösen, um besser voranzukommen? Haben wir noch Zeit für einen Schritttempo, wo Marokko zu 44% städtischer und dementsprechend politisierter geworden ist? Wie sollen wir die ab 2010 beginnende Freihandleszone mir der EU begegnen? Wie wollen wir dem Club der demokratischen Länder beitreten, wenn wir noch die Kultur der Furcht und Angst züchten? Kann Herr Ramonet dazu beitragen, die marokkanische movida durch Sensibilisierung der Weltöffentlichkeit für zivilgesellschaftliche Strukturen in Marokko?
In diesem Sinne verabschiede ich mich heute und hoffe von Si Bakkali bald zu lesen.
A Dieu
Aziz