Hallo alle zusammen,

es ist schon interessant, wie sich dieses Thema entwickelt hat, und es ist ein hübsches kleines Lehrstück wie schwierig es ist, das "Zusammenzuleben". Gerade in Bezug auf Religion bzw. Weltanschauung, denn kaum jemand kann so ohne Weiteres die Meinung des Anderen tolerieren.

Zu meinem Eingangsthema, dem denkwürdigen Satz "Es geht um das Zusammenleben von Deutschen und Moslems..." noch folgendes:

Die Diskussion um "Wortklauberei" habe ich nicht wirklich verstanden.
Es geht doch überhaupt nicht um Wortklauberei. Für mich drückt dieser Satz einfach ein Gefühl, eine Stimmung aus. Ein mehr oder weniger unbewusstes Abgrenzen von dem was Fremd erscheint, was Angst macht.

1) Das Verhältnis von sehr vielen Menschen hier zum Islam ist bestimmt von Angst und Vorbehalten. Dafür gibt es viele Gründe. Einer davon könnte sein, dass manchmal der Eindruck erweckt wird, dass unser Rechtssystem und unsere Werte hier nicht akzeptiert werden und sich auch darüber hinweggesetzt würde. Das wird immer als Bedrohung empfunden. Dass dies keine Mehrheitsmeinung ist, spielt dann leider keine Rolle.
Da sich der Großteil der nicht-islamischen Bevölkerung hier nicht selber mit dem Islam beschäftig, wird nur gehört was von den Medien verbreitet wird und wer am lautesten schreit. Das ist dann nicht unbedingt das oder sind nicht die, die Vertrauen erwecken oder für ein friedliches Zusammenleben sind.
(Vielleicht würden Fremdheit und Angst weniger, wenn bewusst wäre, dass es gar nicht so wenig Deutsche gibt, die zum Islam konvertiert sind. Wenn mehr miteinander geredet und der einzelne Mensch gesehen würde, nicht immer nur "der Islam" als Ganzes. Wenn bewusst wäre, dass es "den Islam" als Einheit nicht gibt, was wir in der Diskussion auch schön erleben können..)

2) Alleine die deutsche Staatsbürgerschaft macht noch lange keinen Deutschen. Und wenn man in der 100. Generation hier lebt. Das ist vermutlich nicht nur hier so. Ähnliches erlebt man übrigens, wenn man als Städter in ein kleines ländliches Dorf zieht. Auch dort bleibt man in der 100. Generation noch "der Städter".
(Gut, es ist ja auch so, dass man seine Identität nicht mit Annahme einer anderen Staatsbürgerschaft oder mit einem Umzug aufgeben möchte. Trotzdem, selbst wenn man wollte... Und wenn es dann irgendwann zu Krisen kommt, ist man eben ganz schnell wieder der "Fremde" und prädestiniert dazu der Sündenbock zu sein, wenn man gerade einen braucht...)

Das ist es, was für mich dieser Satz ausdrückt. Es hat nichts damit zu tun, dass ich mich oder irgendwen sonst als Opfer fühle. Warum auch?

Wie man es besser hätte sagen können? Ich weiß es nicht. Moslems und Nicht-Moslems vielleicht? Aber irgendwie trifft es das auch nicht und im Grunde passt der Satz ja sogar, denn er zeigt eben deutlich, dass der Dialog notwendig ist um Vorbehalte und Angst auszuräumen, um Verständnis für einander zu wecken, um Toleranz zu schaffen. Genauso zeigt er, dass das alles ein Prozess sein wird, der nicht von heute auf morgen zu einem Ergebnis kommen kann. Ich finde jedenfalls gut dass mit der Konferenz dieser Prozess in offizieller Weise begonnen wurde, denn es bietet eine Chance, die hoffentlich von allen genutzt wird.

Und jetzt zu dir Abid,

ich finde sehr wichtig was du hier sagst (du hattest das in früheren Diskussionen schon gesagt und ich bin froh dass du's hier noch mal erwähnt hast, nun muss ich nicht suchen... )

 Antwort auf:
das muss auch jeder selber mit sich ausmachen,
welchen Pflichten er nachgehen will
und in wie weit man auch die sunnah befolgt, usw.
umso mehr man dem nachgeht,
umso mehr hasanat und baraka inshallah

und alles sollte mit der absicht alleinig zum wohlgefallen Allah swt gemacht werden und nicht für irgendjemanden sonst.
Genau so sehe ich das auch, vor allem den letzten Satz.
Und ich würde noch weitergehen: Der Gläubige, der meint besser zu sein als andere, der sich über andere stellt, auf sie herabschaut und im Namen der Religion andere erniedrigt, verletzt, unterdrückt, ausbeutet.., hat den Sinn des Glaubens nicht verstanden, ist kein wahrer Gläubiger.

Ist es nicht überhaupt so, dass der wahre Glaube frei von jeglichem Eigennutz sein sollte? Eine sehr schwierige Aufgabe...

Viele Grüße
Claudia