Hallo Ibno,

entschuldige bitte, daß ich gestern einfach nur die Frage an Dich hier hinein gestellt habe, ohne Dir zu erklären, warum ich das frage (War doch schon reichlich müde.)

Ich habe den Eindruck, daß in diesem Thread einige von ganz unterschiedlichen Standpunkten her argumentieren. Zum Beispiel an uns beiden dargestellt:

Du als Marokkaner kennst natürlich Dein Land, Kultur, Familie sehr gut. Und du kennst sicher eine Menge an Theorie über den Islam, Koran etc.

Ich aus meiner anderen Ecke versuche, die Theorie zu lernen und zu verstehen (sorry, ist für einen nicht-arabisch sprechenden Menschen nicht immer leicht !) und lese viel über den Islam.

Aber gleichzeitig erlebe ich die muslimische Welt mit allen Sinnen (Augen, Ohren etc.) in der Praxis. Ich habe eigene Alltagserfahrungen mit der muslimischen Kultur und erlebe immer wieder die Praxis anderer muslimischer Menschen.

Was ist mit den Frauen, die von ihrer Familie geschlagen werden, weil sie sich entscheiden, das Kopftuch abzunehmen ?

Was war mit meinen muslimischen Auszubildenden, wo die 2 Ladies mit Kopftuch die 1 junge Frau ohne Kopftuch unter Druck setzten mit den Argumenten, es stünde im Koran und ohne Kopftuch wäre sie keine richtige Muslima ?

Was ist mit der muslimischen Wirtschaftsprüferin, die nach ihrer Heirat nicht mehr auf Geschäftsreise gehen darf und nicht mehr das Büro mit männlichen Arbeitskollegen Männern teilen darf, weil ihr Mann es ihr verbietet ? (Mit der Begründung, es steht im Koran).

Ich freue mich immer, wenn Du versuchst, etwas aus Koransicht zu erklären (auch wenn ich Mühe habe, einiges zu verstehen, da Du mehr in Surensprache sprichst, die mir fremd ist). Trotzdem freue ich mich über jeden Versuch, mir etwas zu erläutern.

Was mich aber erstaunt bei Deinen Beiträgen, ist, daß Du mit keinem Wort auf die gelebte Praxis der Frauen eingehst.

Wo ist Dein Mitgefühl mit den Frauen in der Alltagssituation, mit denen, die in den sogenannten "Zwickmühlen" stecken ?

Was denkst Du über die Frauen, die kein Kopftuch tragen? Was denkst Du über die Praxis ?

Ist das Thema nicht zu komplex ? Ist es nicht zu einfach, es mit den Worten abzuhandeln:

 Antwort auf:
Im Koran steht das so !
Wie denkst Du darüber ?

Ich habe das Gefühl, daß viele Muslime mit einer Defensiv- und Verteidigungshaltung reagieren, wenn wir "Westler" mit einer gewissen Portion "Rationalismus" islamische Themen hinterfragen.

Das kann ich auch punktuell nachvollziehen. Nicht immer trifft man den richtigen Ton. Ich von meiner Seite aus kann nur sagen: Meine Argumente sind nicht böse gemeint. Meine höchste Achtung vor dem Koran und der islamischen Kultur. Aber Fragen muß erlaubt sein. Ohne Fragen gibt es aus meiner Sicht keine Weiterentwicklung.

Ich denke, wenn wir gegenseitig verstehen, was die Hintergründe und gelebte Welt der Anderen ist, wenn man sich besser kennt und weiß, woher die Argumente der Anderen kommen, dann kann man auch einen guten Dialog führen.

Gruß, Ulla


Viele Grüße, Ulla

"Ein Kind ist kein Gefäß, das gefüllt, sondern ein Feuer, das entzündet werden will" Francois Rabelais