Hallo liebe Leute, Hallo Cindyrella und Ibno Rouchd,
herzlichen Dank für eure Antworten, die recht unterschiedliche Standpunkte einnehmen. Ich möchte vorwegschicken, da ich kein Korankenner oder gar Gelehrter bin, mein Beitrag kann zur inhaltlichen, religiös orientierten Diskussion nicht viel beitragen. Ich meine jedoch, dass die Diskussion für Muslime nur gewinnbringend geführt werden kann und auch unter ihnen geführt werden muss.
Warum? Kennzeichnend für viele muslimische Länder sind weit verbreitet verarmte Bevölerungsanteile. Wie auch in Industrienationen oder weiteren nicht-muslimischen Schwellen- und Entwicklungsländern klafft die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander. Die Möglichkeit, an dem weltweit insgesamt gewachsenen Wohlstand teilzunehmen, ist für den Einzelnen im eigenen Land aufgrund verkrusteter Strukturen sehr schwer. Die Auswanderung in westliche Länder erscheint als Lösung, ist aber auch/gerade in der heutigen Zeit mit Nachteilen verbunden, von denen wir hier im Forum leider schon oft lesen mussten.
Wie soll es weitergehen? Es ist sicher nicht nur meine Wahrnehmung, dass sich die "Fronten" zwischen muslimischen und westlichen Ländern verhärten. Gott sei Dank, gibt es ausgleichende - auch öffentlich wahrnehmbare - Stimmen, aber das sind nicht die entscheidenden. Die interessierten Regierungen (v.a. USA) haben es auch relativ leicht, ihr Vorgehen (z.B. gegen Irak) im eigenen Land zu legitimieren. Das dann gern benutzte "Feindbild" reicht allemal aus, um in der Öffentlichkeit durchschnittlich höchstens ein leichtes Unbehagen zu erzeugen, dass den Machterhalt nicht in Frage stellt. Die in Palästina zu beobachtende Spirale von Gewalt und Gegengewalt ergibt einen Teufelskreis, von dem niemand mehr sagen kann, wie er gelöst werden könnte. Hier ist nicht mehr von wachsendem Wohlstand oder verbesserten Lebensumständen die Rede, sondern es geht um das Überleben (übrigens, auch Israel verarmt zunehmend). Ein solches Szenario auch in anderen Ländern? Wer kann das wirklich ausschließen, wenn sich nichts ändert. Im Interesse der Menschen ist es sicher nicht.
Als einen Beitrag für eine denkbare mögliche Lösung sollte man eine Fortentwicklung des Islam in Erwägung ziehen und eine Diskussion hierüber muss der erste Schritt sein. Hier zitiere ich gerne Cindyrella:
Dabei geht es nicht um "Fitna" oder darum den Koran zu verändern, nein es geht Primär darum die Offenbarung Gottes (Koran) von den Menschengeschaffenen Dogmen bzw. arabischer Rückschrittlichkeit zu trennen und auch andere Interpretationen zu zulassen als das strikte Wörtlichnehmen der Hadithe oder Koran-Suren.
Der zentrale Punkt sind die "menschengeschaffenen Dogmen" die durchaus (oder täusche ich mich hier?) nach islamischer Rechtsauffassung der Interpretation durch Muftis oder Ulamas zugänglich sind. Lieber Ibno, der im Film oft zitierte Soheib Bencheikh ist als anerkannter Mufti sicher niemand, dessen Meinung man gleich ablehnen sollte. Insofern hat mich tatsächlich deine persönliche Meinung interessiert und nicht deine Einschätzung, was der Islam dazu meint. Vor allem auch, weil im Film wieder deutlich wurde, dass es
den Islam nicht gibt. Zu groß sind die weltweiten Unterschiede und nicht nur zwischen Sunniten und Schiiten.
Wenn man im Film gesehen hat, mit welcher Dankbarkeit und Erleichterung auch die Thesen von Öztürk unter Muslimen aufgenommen worden sind (und welche Verkaufserfolge unter Muslimen die entsprechenden Bücher erzielen), so fällt es schwer zu glauben, dass solche Stimmen in einer Diskussion innerhalb muslimischer Gemeinschaften über eine Fortentwicklung des Islam keinen Gewinn brächten. Das breitere Eingehen auf solche Stimmen wäre auch für viele Menschen in westlichen Ländern ein positives Signal. Es würde allen Muslimen helfen, Vorurteilen zu begegnen. Verhärtete Fronten könnten dann langsam aufweichen und es wären (vielleicht) die Weichen gestellt für ein partnerschaftliches Zusammenleben der Völker zum Nutzen der Menschen.
Friede sei mit euch