Ahlan an alle,

ganz exklusiv etwas Kopftuchkunde von mir.
Jocim Ok, als Ausahme trifft es vielleicht manchmal zu, daß das Kopftuchdesign nicht zur Jellaba oder übrigen Kleidung paßt. Das liegt auch oft daran, das Kopftücher häufiger gewechselt und gewaschen werden müssen, so das Frau nicht immer, das zur restlichen Oberbekleidung passende zur Hand hat. Durch die vielen Großfamilien ist es oft so, daß Kopftücher sich gegenseitig versteckt, geliehen ja sogar gestohlen werden. Aber trotz dieser Probleme läßt sich Frau nicht gehen sondern improvisiert insofern, daß sie einfach die Kapputze des Jellabahs über den Kopf mit dem unpassenden Tuch stülpt. Nicht beobachtet habe ich dies bei Landfrauen, die den Kopftuchknoten auf der Stirn machen und nicht unter dem Kinn. Ich habe das K-tuch auch nie als einen Ausdruck von Religiösität empfunden, sondern nur als Religionszugehörigkeit und hin und wieder als eine etwas andere Art den Frisör zu umgehen. Als Zeichen von Religiösität würde ich als Frau zum Kopftuch einen Schleier tragen. So ist bei Ihnen dann klar erkennbar, daß das Gesicht in der Öffentlichkeit nicht erlaubt ist, wie es der Koran wünscht. Zum Schleier würde ich als Frau keine Jeans tragen, weil es sich beißt. Zum Kopftuch ohne Schleier schon, aber mit einer kleinen Einschränkung, nämlich der Bedeckung des Beckens mit einem längerem Hemd einer Schürze oder einem XXL-T-Shirt.
Noch etwas Jocim, der Kopftuchkauf von Frauen in marokanischen Modegeschäften ist nicht so häufig. Die meisten Kopftücher werden aus Kostengründen auf dem Souk erworben. Der Kopftuchverkäufer ist auf dem Souk zu 99% ein Mann. Beratung ist von Ihm was Farbe und Design angeht, nicht zu erwarten. In der Regel geht es beim Verkaufgespräch um den Preis. Der Käufer dort ist auch mehrheitlich ein Mann, der seiner Mutter, seiner Frau oder Tochter das Tuch vom Wochenmarkt mitbringt. Ich liebe es meiner Frau Kopftücher zu kaufen und wenn´s nicht gefällt, kauf ich eine Woche später ein anderes. Ganz besonders mag Sie so grobmaschige schwarze Netze mit Franzen ringsherum mit ein paar Pelen eingefügt. Was Ihr gar nicht gefällt sind diese Kaputzen der Ait Haddidou mit den dicken roten gestreckten Wollseilen. Die sind vielleicht im Winter warm, aber halt auch sehr schwer und bieten reichlich Gelegenheit zum einnisten von Kleinlebewesen. Am angenehmsten stell ich mir hauchdünne Seidentücher vor, die so dünn sind, daß das Haar ein wenig hindurchschimmert und fast schon mit einer Verdunstungsklimaanlage konkurieren. Durch Hitze entstehende Schweisperlen bilden sich unter dem als Isolierung geltenden Kopftuch auf dem Kopf und ein leichter Wind der durch den Seidenstoff hindurchpaßt, verschafft unter dem Tuch eine messbar kühlere Luft.

Naziha: Das Du Kopftücher anziehst die Deinem Mann nicht gefallen ist nicht verboten, ich find´s halt nur ein bißchen brutal, wenn er Dich dann nicht anschauen soll. Trotzdem wünsche ich das Eure Ehe das aushält.

Zu der Vormundschaft erinnere ich mich noch an den Aktionismus vom M6. Als moderner mächtiger König wollte er das islamische Familienrecht durch ein bürgerliches Recht ersetzen. In Rabat gingen im März 2000 dann ca. 100tausend Befürworter auf die Straße um dafür zu demonstrieren. Gleichzeitig aber gingen in Casablanca fast 1Million Menschen zu einer Gegendemonstration auf die Straße. Das diese Gegendemo nach Geschlechtern getrennt ausgerechnet im modernen Casa stattfand, sagt auch schon einiges. Jedenfals war der moderne mächtige König machtlos gegen so viel Frauenpower. Mir ist kein Land auf der Welt bekannt, das so viel Frauenpower hat wie Marokko.

leihinik
Josef