oh, oh - langsam kann ich nicht mehr sitzen. diese verflucht engen sitze! jetzt habe ich auch alles gelesen, was der "flugbegleiter" so anzubieten hat. das ist die zeitschrift, die vor mir im netz hängt - samt spucktüte. ich habe mich über alle notausgänge des flugzeugs informiert, habe mir die funktion der sauerstoffmasken eingeprägt, habe mich schlau gemacht, dass es auf dem boden der kabine kleine pfeile gibt, die rot blinken, wenn es zum notfall kommen sollte...sehr beruhigend das ganze.

ich schaue aus dem fenster. meistens sind die fenster in den flugzeugen beschlagen, oder es bilden sich eiskristalle. ich weiss es schon - immer sitze ich an einem fenster, aus dem ich nicht hinausschauen kann, während die passagiere hinter mir immer rufen: "ach schau mal, das ist sicher jetzt schon der titikaka-see. ja, wo bitte befinden wir uns eigentlich?

marokko ist ein land, das ockerfarben-gelb ist. wenigstens, wenn wir es von oben aus sehen. zerklüftete bergmassive, bizarre täler, flüsse, die kein wasser führen. jetzt überfliegen wir casablanca. warum ich das weiss? weil es da eine moschee gibt, die so irrwitzig gross ist, dass wir sie noch aus 10.000 meter höhe sehen können. diese moschee weisst dem flugzeug den weg nach süden.

aber nun nähern wir uns dem mittleren atlas. jetzt packe ich den "flugbegleiter" weg, kuschele mich in meinen sessel und sage zu meinem nachbarn oder nachbarin: jetzt gehts los. die schauen mich dann, so sie das erste mal nach agadir fliegen, ein wenig hilflos an. manche suchen auch nach den kleinen blinkenden pfeilen am fussboden.

eigentlich ist es widersinnig! warum fliegen die flugzeuge agadir nicht vom meer aus an? nein, die kapitäne mögen es eben ein wenig schwieriger. wenn sie schon vier stunden völlig untätig in ihrer kabine sassen, dann wollen sie uns doch jetzt einmal zeigen, was sie so können.

kaum hat das flugzeug den mittleren atlas erreicht, werden alle passagiere gebeten, ihre sicherheitsgurte anzulegen. das kann ich verstehen! was ich aber überhaupt nicht begreife: über diesem recht hohen gebirge begibt sich das flugzeug in den sinkflug. es verliert so schnell an höhe, dass ich angst habe, es könnte die spitzen der berge wegrasieren.

jetzt aber hat irgend jemand zu allem überfluss noch einen haarföhn eingeschaltet. einen mächtigen haarföhn! die wolken jagen nur so vorbei, dicht über die berge weg, dicht am flugzeug vorbei. es ist, als flöge man durch einen wettertunnel richtung agadir. und dazu der druck auf den ohren!

dann sind die berge fort. das sousse-tal öffnet sich. nein! es öffnet sich nicht. denn da hinten riegelt ja schon der anti-atlas das tal wieder ab. so hat dann das flugzeug alle mühe, in diesem engen tal sehr schnell an höhe zu verlieren.

jetzt beginnt der höhepunkt eines jeden flugs nach agadir: das flugzeug neigt sich in die kurven. es fliegt eine mächtige rechtskurve. jetzt nur nicht aus dem fenster schauen. mal ist es der himmel, den wir sehen, dann die erde, auf der wir noch nicht gelandet sind!

es folgt eine weitere steile kurve. das flugzeug steht über dem sousse-tal fast senkrecht in der luft. wie viele kurven denn noch?

sehr viele! es ist geradeso, als ob wir an einem kunstflugwettbewerb teilnehmen. allerdings würde ich mir dieses spektakel lieber von unten aus ansehen. eine letzte steile kurve. da sind die olivenbäume, die orangenhaine, die kleinen lehmigen häuser, dieses rostige rot agadirs...

...das flugzeug jagt über das flugfeld. ein unglaubliches tempo, die bremsen drücken mich in die polster.

willkommen in agadir. jetzt müssen nur noch die türen geöffnet werden, und dann bin ich angekommen.

es gäbe vielleicht einen leichteren weg, agadir zu erreichen, - den über das meer. aber erst, wenn sich das flugzeug kurve für kurve ins sousse-tal hinunter schraubt, weiss ich wo ich ankommen will. mein nachbar, der sich aus seinem sitz quält, sagt allerdings: "wenn der ganze urlaub so wird, wie dieser schreckliche anflug, dann nichts wie weg hier."

er hat ja recht. warum bin ich nur so fröhlich?

rolf