Hallo Josef, hallo Marie,
ich hatte gestern abend die Gelegenheit nach unserem Vortrag über die Sparache und Kultur der Berber von Uschen, die Diskussion mit Uschen und Zigeuner fortzusetzen der auch da war. Im wesentlichen geht es um die Verurteilung des Massentourismus und seine negativen Auswirkungen die vielleicht tatsächlich von vielen von uns durch eine rosarote Brille geshen werden. Das Geld des Massenntourismus fließt in die Kassen einiger weniger Konzerne und in die Kassen reicher Saudis und einiger weniger Marokkanischer Familien. Das ist leider tatsächlich so. Deshalb muss der Kleinuternehmer gefördert werden. Diejenigen die in kleine Hotels, in kleine Restaurants und Tourismuunternehmen finanzieren. Das wäre wünschenswert. Aber in aller Welt werden von den Tourismusministerien nur die großen Unternehmen und Investitionen gesehen, da diese natürlich erst einmal viel Arbeitsplätze schaffen (die aber dann wiederum krisenabhängig sind und das Geld aus den Hoteleinnahmen nicht im Land bleibt).
Es gibt zwar auch unter den Tourismuskitikern die Ansicht besser Massentourismus als Individualtourismus, da im Massentourismus die Touristen mehr kaserniert sind und dadurch weniger Unheil anrichten als die Individualtouristen. Aber ich vertrete die Meinung, dass durch Letztere viel mehr Geld beim kleinen Unternehmen bleibt: Beim kleinen Autoverleiher, bei der Werkstatt, beim kleinen Restaurant oder Hotel oder Campingplatz, im Souk (ohne Provision an Führer etc.) So wie Josef schreibt gibt es auch im Hochsommer genug Touristen. Wir sind früher in den Schulferien immer in den Ferien gereist und im Gebirge ist es wirklich nicht zu heiß. Unsere Kinder haben es genossen in den Bergbächen und Seen zu baden und an der Küste ist es auch nicht zu heiß. In der Wüste muss man schon hitzefest sein. Ich bin eher der Meinung, dass Marokko, abgesehen vom äußersten Süden kein Winterreiseland ist (viel zu kalt brrrrrrrr).
Was Anna Norge schreibt ist auch richtig. Es gibt sicher auch unter den Massentouristen einige die gerne Kontakt zur Bevölkerung hätten, aber dann auch nur kurz und dann wollen sie wieder ihre Ruhe und Rückzugsmöglichkeit. In dieser Beziehung finde ich Marokko sowieso sehr anstrengend. Denn selten hat man Gelegenheit in den südlichen Oasen irgendwie zu bummeln oder sich etwas anzuschauen ohne dass man von Kindern umringt ist oder wie das siebente Weltwunder bestaunt wird. Betteln nach Kugelschreiber, Bonbon und Geld ist ein Sport geworden und von weitem laufen einem die Kinder schon entgegen, so dass man gar keine Lust mehr hat auszusteigen um eine interessante Ksabah oder einen Oasengarten zu besichtigen. Die Bettelei ist zwar ein Phänomen des Tourismus, aber es vergrault auch die Touristen, denn auch dann noch freundlich zu sein, wenn man mit Steine werfenden Kindern konfrontiert ist und nach dem 10. Ansturm von Kindern nicht die Nerven zu verlieren braucht schon eine gewisse Erfahrung und Kaltschnäuzigkeit welche die meisten Touristen nicht haben. Die Konsequenz ist, dass entweder viele Touristen nicht mehr kommen oder in den Touristenghettos bleiben, weil man da wenigstens seine Ruhe hat. Agadir ist abgesehen von ein paar Händlern und Geschäftemachern diesbezüglich sehr angenehm, auch Essaouira, Rabat und Meknes. Mühsam ist es zwischen Ouarzazate, Erfoud, Merzouga bis Errachidia, Zagora, im Draatal und in den Hochgebirgsregionen bis Imilchil.
Die besten Möglichkeiten Kontakt aufzunehmen und zwar im netten Sinne sind eigene Kinder, wie Anna schreibt. Als unsere Kinder noch klein waren, ergaben sich hier auch die nettesten Kontakte mit Familien, während sich jetzt abgesehen von den Leuten die ich kenne, flüchtige Kontakte auf solche mit Geschäftemachern beziehen die einen mit blöden Sprüchen: alles klar.. etc. nerven. in Rissani sind wir dreimal die gleich Straße entlanggefahren weil wir etwas gesucht haben bzw. ich mir Notizen über die Infrastruktur gemacht habe und von zwei jungen Männern kam doch jedesmal wieder derselbe Zuruf, als wenn alle blöd wären. Das denke ich, sind Entwicklungen die auch Umnya und Zigeuner stören, die Auswirkungen auf die Bevölkerung und wie sich diese dadurch entwickelt - die soziokulturellen Folgen und die Veränderungen die in der Bevölkerung durch den Tourismus einher gehen.
Aber diese Anbiederung, Geschäftemacherei, Bettelei, das Verlieren sämtlichen Stolzes und Zurückhaltung hat auch Ursachen in den armen und unterentwickelten Gebieten. An der Küste und in den reichen Gebieten um Meknes und Fes lernt man so ein Verhalten kaum kennen. So schön die archaischen Regionen Marokkos sind, so angenehm ist es wieder in die "zivilisierten Gebiete" als Tourist zu kommen, weil man nicht immer angequatscht und angebettelt werden will. Das ist zwar jetzt voll aus der Sicht des Touristen gesehen, aber diese kommen halt auch nur, wenn sie in Marokko Urlaub machen können und nicht einen Spießrutenlauf durch die Souks und Dörfer. Die Marokkaner unter Euch sind nie in so einer Situation und sehen gar nicht was den normalen Touristen, wenn er nicht im Schutz seiner Gruppe reist als übermächtiges Problem bewegt. Wo wir wieder am Anfang der Diskussion sind, dass die Armut durch den Tourismus auch nur bedingt geändert wird und nur da die Touristen bleiben wo sie sich ungestört bewegen können, d.h. die Bevölkerung es auch nicht mehr nötig hat die Touristen anzubetteln. Deshalb werden die unterentwickelten Regionen in absehbarer Zeit aúch keinen Touristenboom erleben sondern nur einen Durchreisetourismus der aufgrund der nur flüchtigen Kontakte auch nur Probleme schafft.
Das Thema ist wie ihr seht endlos. Aber wie gesagt, ich sehe wirtschaftlich für Marokko trotzdem keine Alternative zum Tourismus; vielleicht noch im Fischfang, d.h. aber wiederum Meere sauber halten und das ist in Marokko ein Thema das noch ganz und gar ausgeklammert wird (Industrieabwässer, Abwässer aus Hotels, Verklappung von Schiffsmüll). Hat irgend jemand etwas von der Umweltmesse in Casablanca gehört die Mitte Oktober war???