Hall Zigo,
ich bin zwar auch kein Freund des Massentourismus, aber er schafft Arbeitsplätze die vor allem in Agadir und Marrakesch enorm wichtig sind. Wenn die Regierung andere Arbeitsplätze zur Verfügung hätte, dann wäre es ja o.k. aber es gibt viel zu wenig Arbeitsplätze und immer mehr die Verwaltung aufzublähen, die ohnehin viel zu viel Kosten in Marokko verursacht um mehr Leuten Arbeit zu geben, wie es manche junge Akademiker erwarten, löst die Probleme des Landes nicht. Sicher ist ein nachhaltiger Tourismus wie er in Zusammenarbeit mit der Deutschen Entwicklunghilfegesellschaft GTZ geplant ist sinnvoller als ein ausufernder Massentourismus, aber ihr in Marokko könnt doch froh sein, dass sich der Massentourismus nur um Agadir konzentriert. Im restlichen Land ist doch diesbezüglich kaum was los. Also von ausufernd kann keiner sprechen. Der ist in Tunesien ausufernd. Aber dort ist dank Massentourismus das Volk zu einem gewissen Reichtum gekommen, von dem Marokko nur träumen kann. Ressourcen in der Landwirtschaft? Sehe ich keine. Wenn die Landwirtschaft nach europäischen Maßstäben rationalisiert würde, dann wären noch viel mehr Leute arbeitslos. Solange noch mit Esel und Kamel gepflügt wird und Landwirtschaftsmaschinen nur in wenigen Teilen Marokkos überhaupt zum Einsatz kommen, ist das ein mühsames Geschäft, v.a. wenn das Wasser nicht reicht so wie dieses Jahr und dem kleien Volk die steinigen Berghänge zum bewirtschaften bleiben. Im ganzen Land werden die Brunnen tiefer gebohrt, weil es drei Jahre fast nichts geregnet hat. Teilweise muss auf 100 m Tiefe gebohrt werden. Ich gebe Dir recht, dass die Landwirtschaft noch sehr entwickelt werden könnte, aber mit modernen Methoden und dazu hat keiner Geld und Arbeitsplätze schafft es auch nicht. Das fruchtbare Land ist in den Händen weniger reicher Familien die immer reicher werden (auch in neuen Firmen der Köngisfamilie). Es gibt keine Armen in Marokko??? Warst du in den Slums hinter den Mauern von Rabat, Casablanca und anderen Städten ??? Wenige Ziegelsteine, Bretter und Pappkartons mit Dächern aus Wellblech mit Plastik geflickt. Ist das keine Armut? Sicher gibt es auf einigen Hütten Satellitenschüsseln oder Fernsehantennen (mit Autobatterien betrieben). Aber ohne sanitäre Einrichtungen, Wasseranschluss und Strom - ein Leben auf dem Müllhaufen - das ist keine Armut??
Wie würdest Du es bezeichnen wenn Hirten und Bauern im Atlas auf 2000 m Höhe in ca. 2 m hohen Steinhäusern oder Steinverschlägen vor Höhlen (fast ohne Fenster) oder in geflickten Zelten hausen, wo es im Winter bitter kalt wird, keinen Strom , keine Heizung und kein Wasser gibt?? Das haben wir alles dieses Jahr wieder gesehen und es sind keine Einzelfälle. Die Leute dort sind bitter arm und leben nur von ihren Ziegen und Schafen, die dann das letzte Pflänzchen noch wegfressen, weil es sonst kein Futter gibt. Viele dieser Dörfer sind im Winter durch Schnee und Regen monatelang abgeschnitten, auch wenn zugegebenermaßen die Regierung im Moment sehr viel tut auch die Berg- und Wüstenregionen mit Straßen und Strom zu erschließen. Daraus ergibt sich jedoch wieder ein neues Problem. Haben die Leute Stromanschluß und Wasserleitung, dann kostet das plötzlich Abgaben. Dieses Geld hat aber ein Arbeitsloser oder Kleinbauer nicht. Armut ist in Marokko im Hinterland allgegenwärtig und in den Städten wird sie verschämt hinter hohen Mauern versteckt. Sicher gibt es auch Nachteile durch den Massentourismus: Teurere Preise,lockere Sitten, Kriminalität und Prostitution. Nur bei letzterer wäre Marokko sehr viel mehr geholfen, wenn die Gesetzte die es Marokko gibt auch angewendet und nicht nur weggeschaut würde. So blüht das Geschäft - leider auch mit der Kinderprostitution sowohl bei Homos als auch Heteros und die Behörden schauen weg, weil ja hier eine Mafia dahintersteckt die gut verdient und die Oberen schmiert. Solange für die Verantwortlichen in den Behörden vom Kuchen was abfällt, kann mit den Schwachen geschachert werden. Dieser Sumpf müsste trockengelegt werden - auch der Menschen- und Drogenhandel - das sind die lukrativsten Geschäfte in Marokko. Dass die kleine Bevölkerung vom Tourismus gut profitiert sieht man am Beispiel Merzouga. Dazu gibt es eine sehr interessante Doktorarbeit von Ursula Biernert in den Passauer Maghrebstudien. Wüstentourismus in Südmarokko, Das Beispiel des Tafilalelt.
Sicher ist ein Tourismus wie in Domrep, wo internationale Konzerne in All-inclusice-Clubs alle Kaufkraft beim Touristen schon in Europa abschöpfen und der kleine Mann auf der Straße nichts abbkommt, nicht zu befürworten, aber das gibt es in Agadir so kaum. Wichtig wäre für Marokko ein angepasster Tourismus der auf Umwelt und Tradition Rücksicht nimmt. Dazu gehört aber auch dass die Marokkaner mit ihrer Umwelt besser umgehen. Mülltüten aller Orten, keine Kanalisation, unkontrolliertes Bauen. Manche Regionen im Norden schauen aus wie in Lybien (va. in der Rifgegend und zwischen Ketama und Al Hoceima, in El Ksiba und Tiflet). Straßen von Müll und Schutt gesäumt, alles staubig und trostlos, jedoch neue Häuser und viele Autos. Dadurch stinkende Autoabgase und das letzte bisschen grün kümmert vor sich hin. Dann lieber Tourismus, der zumindest dafür sorgt, dass die Straßen und Parkanlagen sowie Strände sauber sind. Bei der Müllabfuhr gäbe es Tausende von Arbeitsplätzen, wenn sich jemand darum kümmern würde und zwar das ganze Jahr und nicht nur wenn der König im Land unterwegs ist und wie von der Gemeinde gefordert Straßenbegrenzungen und unverputzte Hausmauern gestrichen werden müssen sowie 100erte von Kilometern Fahnenmasten aufgestellt werden.
Marokko sollte sich den Aral-Spruch als Slogan vormerken: Es gibt viel zu tun, packen wir´s an!
In diesem Sinne neue Gedanken
Eure Erika