Teil 21
Vor der Stadt verschloss ich noch alle Türen und kurbelte die Scheiben hoch. Das war auch gut so.
An einer mehrspurigen Straße war wieder ein 60 Sekunden Ampelstopp. Hier warten oft Jungendliche auf ihre Opfer.
Es wurde wieder heftig an die Scheibe geklopft und nach Geld gebettelt. An einem anderen Ampelstopp wollten mir 2 Jungs die Sandschaufel, die am Sandblech fixiert war, klauen. Die Zeit reichte nicht, die Riemen zu öffnen. Auch wurde wieder versucht hinten aufzusteigen und mitzufahren.
Ich war glücklich am Hafen angekommen zu sein. Hier nervten mich die aufdringlichen Fährticketverkäufer. Hätte hier im Büro bestimmt ein Ticket gekauft, wollte jedoch nicht aussteigen.
Ich fuhr einen Bogen und parkte auf der gegenüber liegenden Seite direkt am Eingang zur Medina.

Hier war auch ein Büro das Fährtickets verkaufte. Der Mann am Schalter war nett und zuvorkommend. Was mich wunderte waren die unterschiedlichen Preise für die Überfahrt.
Hafen Tanger nach Tarifa: € 135.-
Tanger Med nach Algeciras € 85.-
Ich kaufte das Ticket ab Tanger Med. Dieser neue Hafen lag jedoch ca. 40 km Straßenkilometer östlich von meinem Standort in unmittelbarer Hafennähe. Mein Plan war, mit der 8:00 Uhr Fähre am nächsten Tag überzusetzen.
Nun wollte ich Ayman anrufen. Leider war kein Guthaben mehr auf der Prepaid Karte. Der nette Parkplatzwächter lieh mir sein Handy. Er beschrieb auch meinen genauen Standort.
20 Minuten später waren die Jungs am Zebra.

Beide zeigten mir die wunderschöne Medina, die ich so noch gar nicht kannte. Wiesen mich auch darauf hin, dass dies der schönste, aber gefährlichste Teil in der Stadt ist. Hier Beschaffungskriminalität.
Beide verbringen ihre freie Zeit immer in der Medina.
Der erste Stopp war an einem kleinen Imbiss. Ihrem Lieblingsimbiss. Hier wurde auch gleich gegessen, bevor es mit der Besichtigung der Medina weiterging.

Habe hier noch verschiedenen Tees und viel Obst gekauft. Ist immer gut mit Einheimischen unterwegs zu sein.



Wir saßen noch lange auf einer Terrasse bei einem Minztee, mit schönem Blick auf den alten Hafen.
Die Kneipe war auch klasse. Ich kam mir vor wie im Mittelalter. Niedrige Decken, total verraucht, ein süßlicher Duft lag in der Luft, nicht alltägliche Typen an den Tischen sitzend, alles schmuddelig, und dennoch sehr gemütlich.
Nach 22 Uhr verabschiedete ich mich von den netten Jungs. Ich solle doch bei nächsten Mal länger in der Stadt bleiben und auch ihre Familien besuchen.
Gegen 23 Uhr erreichte ich den Hafen Tanger Med. Hier war absolute Ruhe. Die Schalter jedoch besetzt.
Die Ausreise dauerte keine 5 Minuten. Keine Fragen, keine Kontrolle. Beim Röntgen des Zebras musste ich auch nicht warten.
Nun musste ich auf dem kilometerlangen und hell erleuchteten Hafengelände den Anlegeplatz meiner 8:00 Uhr Fähre suchen, was sich als schwierig herausstellte. Es war keine Menschenseele auf dem riesigen Hafengelände zu sehen um zu fragen.
Im Quai 6 sah ich ein Hinweisschild der FRS Linie. Alle Fahrspuren waren leer. Ich fuhr vor bis zur Schranke und stellte den Motor ab.
Oh, ein einsamer Mensch in einer leuchtend gelben Jacke war zu sehen. Ich fragte ihn ob ich hier richtig bin und zeigte ihm mein Ticket. Er nickte.
Ich bereitete mein Schlafzimmer im EG vor, ergänzte noch mein Reisetagebuch und schlief wohl schnell ein.
Leider war der Schlaf nur von sehr kurzer Dauer.
Kurz vor 2 Uhr wurde ich durch ein lautes Klopfen auf die Scheibe und auf die Motorhaube unsanft aus dem Tiefschlaf gerissen.
Ich drehte mich auf den Bauch, schob den Vorhang zu Seite und sah in das Gesicht eines Hafenmitarbeiters.
Er machte schnelle Handbewegungen, die mich aufforderten sofort loszufahren.
Hinter mir standen bereits einige PKW und LKW die darauf warteten, bis der Tourist endlich zu Potte kommt. So schnell hatte ich selten meine Hosen und Schuhe angezogen.
Noch nicht richtig wach bin ich in den Bauch einer größeren Fähre gefahren. Das Ticket muss wohl richtig gewesen sein, nur die Uhrzeit, die allerdings offen war, nicht.
Ausgestiegen bin ich nicht, so wie die LKW Fahrer auch, sondern gleich wieder in meinen noch warmen Schlafsack gekrochen.
Kurz nach 4 Uhr war wieder Leben im fast leeren Laderaum. Die riesigen Tore öffneten sich. Draußen war es noch dunkel.

Weiter mit Teil 22