Hallo Shakir,
ich sehe das genauso wie du und bin ebenfalls der Meinung, dass Sprache nicht der Schlüssel zur Integration ist. Wieviele Leute sprechen perfekt Deutsch, teils besser als "Ur"-Deutsche und werden immer noch als "Ausländer" wahrgenommen und angesprochen? Ja, Komplimente für das gute Deutsch stellen eine Form der Ausgrenzung dar, sei es auch nur unbeabsichtigt...
Ich selber kann Wörter wie "Ausländer" und "Integration" schon gar nicht mehr hören. Ein Ausländer ist jemand, der nicht dauerhaft in einem Land lebt, Menschen, die hier einen Lebensmittelpunkt haben, an der Gesellschaft partizipieren sind keine Ausländer! Sie können dennoch Nicht-Deutsche, Menschen mit Migrationshintergrund oder Marokkaner sein, sind aber keine Ausländer sondern Teil der Gesellschaft! Wer soll sich bitte in was integrieren? Integration bedeutet das Einfügen eines fremden Teils in etwas Bestehendes. Die Gesellschaft besteht aber aus vielfältigen Menschen, wir leben in einer pluralen Gesellschaft und wir ALLE sind WIR! Integrationsdiskurse sind im Prinzip Ausgrenzungsdiskurse, in denen ein homogenes national-kulturelles Wir konstruiert wird, dass so gar nicht existiert. Als ob man von einer gemeinsamen Kultur und Sprache (nicht nur Sprache im Sinne von Deutsch) zwischen einem Bergbauern und einer intellektuellen Künstlerin zum Beispiel ausgehen könnte (soll bitte absolut keine Wertung sein, sondern nur das Erkennen von Unterschieden).
Der Integrationsgedanke muss endlich verworfen werden, es soll um Inklusion gehen, in der Pluaralität gelebt werden kann!
Das Video "Weißes Ghetto von Kanak Attak, das ich mal gepostet habe (
http://www.forum.marokko.net/ubbthreads.php?ubb=showflat&Number=149429#Post149429), bringt das gut auf den Punkt: die Frage, ob sich "Ur"-Deutsche nicht endlich integrieren wollen ist eine ernstzunehmende und nicht nur eine witzige Frage! Wollen sie sich nicht endlich in die bestehende Gesellschaft integrieren, die einfach mal divers ist? Wie lange wollen sie noch an einer "ur"-duetschen Parallelgesellschaft festhalten und sich an das Phantasma einer deutschen "Leitkultur" klammern?
Deutscher: "Ausländer wollen sich nicht integrieren."
Ausländer: "Deutsche sind rassistisch."
Rassismus ist reeler Bestandteil der deutschsprachigen Gesellschaft. Rassisten sind nicht nur die, die rechtsextremistisch sind, vielmehr ist Rassismus allgegenwärtig und geschieht auch oft subtil. Die Gesellschaft wehrt sich vehement gegen den Rassismusvorwurf. Dabei geht es doch gar nicht um den Rassisten oder die Rassistin, sondern um die Verstrickung der gesamten Gesellschaft in rassistische Strukturen, Denkweisen und Diskurse. Diskurse über Integration und Anpassung, Parallelgesellschaften und Leitkultur sind primär Ausgrenzungsdiskurse und solange "andere" als "die Anderen" angesprochen und behandelt werden, ist der (kulturelle) Rassismus ein real existierender Bestandteil der Gesellschaft, der aufgedeckt und dekonstruiert werden muss!
Und ja: Konferenzen und Tagungen über Integration, Migration, Religion etc stellen kein Sprechen miteinander dar, sondern ein Reden über "die Anderen"!
Jasmin
PS: auch wenn manche Menschen betroffen von rassistischen Diskursen sind - sie alle (nur) als Opfer zu sehen, wäre auch nicht der richtige Weg, niemand will doch in die Opfer-Rolle gedrängt werden! Vielmehr sind Gegen-Diskurse, die rassistische, ausgrenzende Diskurse kritisieren, zurückweisen, durchkreuzen, verschieben, irritieren und ironisieren als dekonstruktive und machtvolle Potentiale anzuerkennen!