Hallo Kenipub,

was du schreibst, liest sich wirklich nett. Da trifft man sich am 16.09.2013 um 17 Uhr, um darüber zu sinnieren, ob bei der Thematik "Integration in Deutschland" der deutschen Sprache eine Schlüsselrolle zukommt.** Interessant wäre dabei zu erfahren, in welcher Sprache diese Debatte durchgeführt wird? Ich vermute mal stark, dass diese lebhafte Diskussion nicht in deutscher Sprache stattfinden wird. Denn die sogenannten Betroffenen - also die, welche mangels deutscher Sprachkenntnisse zu "Aussätzigen" in der deutschen Gesellschaft geworden sind - werden sich voll kaum in dieser ihnen fremden Sprache verständigen können.

Natürlich wird sie in deutscher Sprache stattfinden. Also spricht man lediglich über die Betroffenen - nicht mit ihnen. Nichts ist also nett.

Ihr sprecht also über meine Mama. Meine Mama ist nun einige Jahre in Deutschland - mindestens länger als 20 Jahre - und sie kann leider oder Alhamdulillah nur einen Satz perfekt: "Ich schpresche kein Dutsch". Und ganz ehrlich - sie braucht die deutsche Sprache nicht, um zu (über)leben, weil sie ihre Familie - uns - hat. Wenn ich meiner Mutter nun erklären müsste, dass sie sich integrieren müsste - damit sie auf der Straße besser behandelt wird, dann wird sie sich sicherlich die Frage stellen, was die Sprache mit Gleichbehandlung aller Menschen zu tun hat. Womit ich nun auf die von dir "anerkannte" Schlüsselrolle eingehe: Die Verwendung der deutschen Sprache als gemeinsame Basis kann helfen, Barrieren zu beseitigen - sie ist wohl Grundvoraussetzung für eine nachhaltige, intensivere Annäherung von Menschen unterschiedlicher Kultur, weil sie erst (verbale) Kommunikation mit einem für beide Seiten zufriedenstellenden Ergebnis ermöglicht - aber sie ist NICHT Grundstein für gegenseitigen Respekt. Also bitte keine Seifenblasen produzieren - die machen nur "plupp".

So lange man meint, dass die deutsche Sprache die Schlüsselrolle darstellt, um sich gegenseitig zu respektieren, tut sich bei dem, was man gerne als "Integration" umschreibt, nichts. Null.

Grundvoraussetzung für einen Ausländer, die deutsche Sprache GERNE und freiwillig zu erlernen, ist die Sympathie zu seinem "Gastland". Diese Sympathie entwickelt er nur, wenn er sich in diesem "Gastland" respektiert und wohl fühlt. Und Respekt provoziert Respekt. Wer sich unermüdlich respektvoll zeigt, wird früher oder später Respekt ernten.

Somit ist die Schlüsselrolle für "Integration" gegenseitiger Respekt (Umdenken in den Köpfen der Menschen beider Kulturen) und nicht das Erlernen der deutschen Sprache. Das kommt dann sowieso von ganz allein.

Das es darüber hinaus noch andere Motive gibt, die deutsche Sprache zu erlernen - was dann auch eben viele machen - ist mir wohl sehr bewusst:

* Wunsch nach Erwerbstätigkeit
* Unabhängigkeit von Familie/Dritten
* Sprache als Waffe zur Abwehr von Demütigungen
und und und....

Freiwillig ist das nur auf dem ersten Blick.

Übrigens: Mama antwortet auch schon mal - mit einem eindrucksvollen Selbstverständnis - auf Tamazight, wenn ein Fremder versucht, mit ihr Deutsch zu sprechen. Das ist auch völlig logisch - sie bedient sich eben der Sprache, die sie beherrscht. Der andere kann sich ja auch die Mühe machen, ihre Sprache zu erlernen, wenn sie ihm denn sooooooooooo wichtig ist. Schließlich können auch andere Sprachen eine gemeinsame Basis schaffen - nicht wahr?

Viel Spaß bei der Diskussion - vielleicht konnte ich einige Denkanstöße geben.

Tach auch
Shakir

**Ja, ja...ihr philosophiert auch darüber, wie man sich in mehreren Ländern ("vielfältige Migration") durch Sprache hilft, Barrieren zu durchbrechen. Ich weiß zwar nicht, welche Länderhopper oder Sprachenallrounder da zu Wort kommen und wen diese repräsentieren sollen, aber darüber muss ich mir ja nicht den Kopf zerbrechen. Winken1