Für Moslems ist es nicht ratsam sich im Maghreb während des Ramadans tagsüber in der Oeffentlichkeit beim Essen oder Trinken erwischen zu lassen. In Marokko sieht Artikel 222 des Strafgesetzbuches für öffentliches Nicht-Fasten während des Ramadan bis zu sechs Monaten Gefängnis vor.

In Ländern, in denen der Staat das absolute Sagen hat, in denen Bürgerrechte mehr oder weniger lediglich auf dem Papier stehen. Individuelle Freiheiten? In Ländern, deren Herrscher der Religion einen größeren Platz einräumen denn je seit der Unabhängigkeit, sowohl in Algerien wie Marokko. Aus Angst vor islamistischen Strömungen – nach der Devise: Ihr lasst uns die Macht, dafür überlassen wir Euch die Gesellschaft. Und dennoch forderte der junge marokkanische Journalist und Blogger Najib Chaouki auch dieses Jahr das Recht der Marokkaner auf Nicht-Fasten und erklärte: “Wir wollen eine öffentliche Debatte über individuelle Freiheiten auslösen.”

In einem Flugzeug von Air Algérie wurde einem flugängstlichen deutschen nicht-muslimischen Passagier der ersten Klasse der Schluck Whisky aus dem eigenen Fläschchen von einem hinter ihm sitzenden algerischen Staatsbeamten verboten. Seine Begründung: “Der Pilot ist Muslim, also ist dieses Flugzeug muslimischer Boden, hier ist Whisky im Ramadan nicht erlaubt.” Der Hinweis des Flugkapitäns, man befinde sich inzwischen über internationalen Gewässern, konnte den Ramadan-Verteidiger kaum zu etwas mehr Toleranz bewegen. Es war kein Islamist, der da gegen den Andersgläubigen intervenierte, es war ein Beamter des Staates. Und das ist es, was die Anti-Fasten-Initiativen auch in Marokko bewegt: der zunehmende Einfluss des Religiösen auf die Politik. “Der öffentliche Raum wird mehr und mehr von einer kulturellen Norm bestimmt, die aus Verpflichtungen und Verboten einer rigorosen Lesart der religiösen Texte besteht”, beobachtet der Cousin des Königs von Marokko, der in den USA Islam lehrt.


Last edited by latino; 15/07/13 09:25 PM.