Mit einer falschen eidlichen Aussage ist überhaupt nicht zu spaßen (den Antrag kann in einem Gerichtsverfahren jeder stellen: daß ein Zeuge vereidigt wird): es stehen bis zu 5 Jahre Gefängnis darauf und das wird auch so verhängt. Das wird vielen Menschen erst bewußt, wenn es dann mal so weit ist: dann berufen sie sich darauf, daß jeder sich mal irren kann und daß es auch so oder anders ausgelegt hätte werden können.
Da ist aber Schluß mit lustig: ein Gericht verlangt, daß ein ganz normaler Staatsbürger weiß, was ein Eid ist bzw. eine unter Eid genommene Aussage und daß darauf hohe Strafen stehen (sonst wären Aussagen nur noch "wischiwaschi" wie hier ja schön vorexierziert wird). Es wird mehrmals wiederholt bei der Vereidigung, daß man das, was man beeidet sich noch einmal genau überlegen soll. Clevere Anwälte finden dann in der Regel doch irgendetwas, was man nicht so genau hat wissen können und schiessen Dir damit dann Deinen wichtigsten Zeugen ab: der ist anschliessend so traumatisiert, daß er garantiert nie mehr irgendwo für irgendwen irgendeine Aussage macht - was auch nicht im Sinne eines funktionierenden Rechtssystemes sein kann.
Ein Beispiel aus meinem Freundeskreis: während der Hochzeit der RAF (
"Deutschland im Herbst" ) wurde praktisch jede Woche in einer anderen Münchner WG nächtens rausgeklingelt, alle Bewohner mussten auf die Strasse, auch die Kinder, man stand im Angesicht von Maskenträgern mit Maschienengewehren unter Generalverdacht. So man beispielsweise seine Kinder im Uni-Kindergarten hatte (wo einer der früher dort angestellten Kindergärtner einer der gesuchtesten RAF Terroristen war) - was praktisch alle hatten, die Kinder und ein Studium hatten: es war der damals einzige Kingergarten mit Ganztagsbetreuung und einem unschlagbaren Personalschlüssel (auf 7 Kinder ein Kindergärtner).
Eine meiner Freundinnen (Doktor der Soziologie und der Psychologie, was sonst) hat einen solchen Überfall miterlebt und hat vor Gericht ausgesagt, daß sie in ihrem Zimmer gewesen sei, nichts gehört hätte und deshalb auch nichts dazu sagen kann, was hier verhandelt würde. Damals mussten solche Aussagen obligatorisch beeidet werden (man stand ja unter Generalverdacht). Im Verlauf der Verhandlung hat sich dann herausgestellt, daß zur selben Zeit aber jemand sehr laut an die Tür geklopft hatte: das hatten alle anderen aus der Wohngemeinschaft ausgesagt - meine Freundin hatte aber nichts dergleichen gehört, sie hatte fest geschlafen.
Kurze Zeit später sah sie sich dem Vorwurf einer falschen eidesstattlichen Aussage gegenüber (des Staatsanwaltes), der behauptet hat, daß sie das Klopfen auch hätte hören müssen, wenn sie tatsächlich in ihrem Zimmer gewesen wäre: es ist haarscharf an einer Verurteilung vorbeigegangen und von Spaß konnte keine Rede mehr sein.
Jerzy Montag war seinerzeit der Anwalt, der das Kunststück fertiggebracht hat, die bererits mit einem Bein im Gefängnis stehende Freundin herauszupauken.
Nie mehr wollte sich diese Freundin zu irgendetwas äussern, sie blieb immer im Ungefähren, einstehen für irgendwen, selbst wenn dessen Leben davon abgehangen wäre, hätte sie vor Gericht nie mehr unternommen.
Schluß mit lustigMan unterschätzt unseren Rechtsstaat eigentlich regelmässig bis man ungläubig und fassungslos dasteht und glaubt, man wäre im falschen Film: hier ein Bericht aus dem letzten
Magazin der Süddeutschen Zeitung. Da kann es einen schon gruseln: ich glaube kaum, daß der Familienvater, der schwarz gearbeitet hat zusätzlich zu Hartz IV, um seiner Tochter Reitstunden zu ermöglichen, damit gerechnet hat, daß er für mehr als vier Jahre hinter Gitter kommt dafür.
Auszug: Mein bisher schlimmster Moment als ehrenamtlicher Richter: einen Familienvater wegen Sozialhilfebetrugs zu vier Jahren Haft zu verurteilen. Zu sehen, wie er um Fassung ringt, wie schwer er schnauft, wie die Hände zittern. Der Familienvater hatte eine offene Bewährung wegen Steuerhinterziehung, es gab für Juristen genug Gründe, die für eine lange Haftstrafe sprachen. Für mich als Nichtjuristen gab es auch ein Argument dagegen: sein Motiv. Der Vater, der viele Jobs hatte, aber niemals Erfolg damit, hatte es nicht übers Herz gebracht, der Tochter zu sagen, dass die Familie von Hartz IV leben muss. Darum ließ er seinem Kind ein letztes, teures Hobby: Reitstunden. Ich bin mir ziemlich sicher, daß auch der marokkanische Staat eine Schmerzgrenze hat: man fliegt so lange unter dem Radar durch bis man glaubt man wäre unverletzbar, wird frecher und immer dreister und wenn er einen dann plötzlich im Visier hat, dann gibt es kein "vielleicht" oder "ein bischen" oder ein "ehrenwertes Motiv": dann zählt nur was im Gesetz steht und wenn es dort nicht steht, was im Koran steht und wenn es dort auch nicht steht, wie es das Volksempfinden sieht.
Wie das Volksempfinden das sieht, was hier ungeniert hinausposaunt wird, ist in jedem Fall drastischer als das was im Gesetz steht oder im Koran. Die Expats hier im Forum und ihre Freund(innen) kennen sich ja alle untereinander mit e-mail, Namen und Adresse, oft waren sie schon miteinander spazieren oder haben sich auf Forentreffen persönlich getroffen. Irgendwer tritt irgendwem mal wieder auf die Füsse und schon gibt es Beweise "schwarz-auf-weiß": wer sich auf solche Freunde verlassen muß, der ist verlassen.
Viel Spaß beim falschen Beeiden auch weiterhin.
Josi