Warum immer "die" muslimische Frau als Opfer von Unterdrückung konstruiert wird und danach gefordert wird, sie von der vermeintlichen Unterdrückung zu befreien und welche Widersprüchlichkeit dahinter steckt,beschreibt ROMMELSPACHER (2008) sehr gut.
Und zwar liegt laut Rommelspacher die Widersprüchlichkeit darin, dass „die“ muslimische Frau sich angleichen soll, aber gleichzeitig als „Andere“ konstruiert wird. Sie soll also mit den Frauen der Mehrheitsgesellschaft gleich werden aber dennoch verschieden bleiben. Gleich soll sie werden damit der „Emanzipationsauftrag“ erfüllt wird und zugleich soll sie verschieden bleiben, um eine „Kontrastfolie“ für die eigenen emanzipatorischen Fortschritte zu bieten. Die negativen Aspekte des Lebens der anderen, „der“ muslimischen Frauen sollen hervorgehoben und damit symbolisiert werden, was die westlichen Frauen hinter sich gelassen haben.
Das "westliche Emanzipationsverständnis" setzt emanzipatorische Fortschritte oft mit dem Überwinden von Religionen gleich und muslimische Frauen werden dementsprechend als Ausdruck für eine alte Ordnung verstanden. Indem etwa ständig die Rolle der Frau im Islam oder das Tragen des Kopftuches thematisiert werden wird das Konstrukt „der“ muslimischen Frau bestärkt und sie damit in dieser Rolle festgehalten, zugleich wird aber gefordert, dass sie das Kopftuch ablegt und sich vom Glauben befreit. Tatsache ist aber, dass die westlichen Frauen ihren Glauben ebenfalls noch nicht überwunden haben und, dass dieses Überwinden des Glauben auch überhaupt keine Befreiung verspricht. Durch das Konstrukt der Anderen werden „unbewusste Ambivalenzen mobilisiert“, welche „stellvertretend an der anderen Frau ausagiert werden.“
(vgl. Rommelpacher,Birgit, 2008: Feminismus und kulturelle Dominanz, Kontroversen um die Emanzipation "der" muslimischen Frau. BAG Mädchenpolitik Info 9/2008)