„Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer! Ihr Scheinheiligen! Den Propheten baut ihr Denkmäler, und die Gräber derer, die nach Gottes Willen lebten, schmückt ihr. 30 Dazu behauptet ihr noch: ›Wenn wir damals gelebt hätten, wir hätten die Propheten nicht umgebracht wie unsere Vorfahren.‹ 31 [n]Damit gebt ihr also zu, dass ihr die Nachkommen der Prophetenmörder seid. 32 Ja, ihr treibt es sogar noch schlimmer als sie“ (Matthäus 23,29ff).

Die ersten Christen wurden verfolgt, wie das Judentum alle Propheten verfolgt hatte. Kaum aber war das Christentum an der Macht, machten die Christen, was die Juden und Römer ihnen vorgelebt hatten.

Bis der Kaiser Konstantin den Streit zwischen den Anhängern Arius und Athanasius beendete, lebten die Christen streitend zusammen. Arius lehrte, Jesus sei Gott ähnlich aber er sei nicht Gott. Athanasius lehrte hingegen, Jesus sei Gott.

Beide Sichtweisen sind menschliche Überlegungen. Beide Sichtweisen lassen sich mit Bibelstellen belegen. So wird Jesus als der Prophet beschrieben, der wie Moses wirken würde. Das Johannesevangelium hingegen legt Jesus den Mantel der Göttlichkeit um die Schultern.

Kaum war der Dogmenstreit durch Kaiser Konstantin entschieden, wurden alle Anhänger Arius zum „richtigen“ Glauben gezwungen oder getötet. Die gleichen Muster finden sich dann nach der Reformation wieder. Die Täufer, welcher der Taufe eine zu große Bedeutung beigemessen hatte, wurden verfolgt, vertrieben und teils ermordet.

Heute werden Andersdenkenden nicht mehr blutig verfolgt, vertrieben oder ermordet. Das Vertreiben und damit Mundtotmachen ist geblieben. „Du verletzt unsere religiösen Gefühle“, wird heute gesagt. Und damit meint man, ein Recht zu haben, einen Kritiker aus den Kirchen zu drängen und damit mundtot machen zu dürfen.

Ich sage allen, welche es hören oder nicht hören wollen: Wir sind die Kinder der Prophetenmörder. Wir bleiben solange ihre Kinder, bis wir die elenden Verhaltensmuster der Vorfahren erkannt und abgelegt haben.

Gerhard Ingold