Lieber Afulki,

ich weiß, daß ich mit meiner Meinung ziemlich alleine dastehe, aber ich finde und fand den Koran nie "schwer verständlich": man kann ihn sich anhören wie man auch Jazz von Coltrane hören würde und ohne großartig nachzudenken, was daran jetzt so schrecklich unverständlich sein soll (und kann sich dabei getrost auch dem Arabischen überlassen). Der Koran ist (auch) Musik und in dieser Eigenschaft ein Solitär: man muß beim Hören dann auch kein Theologe sein noch sich mit komplizierten Auslegungsfragen beschäftigen. In der Regel liegt man mit dieser Herangehensweise dann auch exakt auf demselben Level des jeweiligen Liebespartners aus einem muslimischen Hintergrund: gemeinsam kann man dann weitergehen - auch in Fragen der Ausübung des Glaubens.

Die Rechts-Voraussetzungen für Schlagen und Erschlagenwerden
in unseren Breiten


In der deutschen Rechtsgeschichte der frühen Neuzeit vertraten die Reformatoren (die insgesamt wesentlich humorloser waren als die Katholiken) mit Nachdruck die Vorstellung, die göttlichen Gebote der Bibel müssten von der weltlichen Obrigkeit als geltendes Recht durchgesetzt werden: in Analogie zum Gedanken der Todsünde wurde die Todesstrafe angedroht. Ich erwähne die Rolle der Reformatoren hier ausdrücklich, weil die gesamte westliche Welt (also die USA) zutiefst vom Gedankengut der Reformation/des Calvinismus geprägt ist: hier vor allem die tonangebenden Schichten der Ostküste.

Das Prinzip des Kehrens vor der eigenen Tür

Reformation und Gegenreformation veränderten die Rechtslage grundlegend und führten gleichermassen zu einer Erweiterung der Tatbestände und Erhöhung des Strafrahmens: es ist also die Zeit des klassischen Absolutismus, während der mit besonderer Aufmerksamkeit und Härte gerade "freiwilligen Sexualdelikten" begegnet wurde:

Die Badische Malefizordnung (1622) ist beispielhaft dafür: Sodomie (Feuertod); Notzucht (Tod durch das Schwert); Entführung einer unbescholtenen Frau (Tod durch das Schwert); Blutschande (in direkter Linie: Tod durch das Schwert, sonst Schandstrafe, Rutenschlag, Konfiskation und Landesverweisung); gewaltlose Verführung von Schützlingen oder von "unbewußten" Frauen (Landesverweisung und je nach Umständen andere Strafen); Bigamie (dreimal die Ehebruchstrafe oder Landesverweisung); Ehebruch (4 Wochen Gefängnis bei Wasser und Brot; 14 fl. 18 Kr. Geldstrafe; Ehrverlust bis zur offiziellen Begnadigung); Fornikation, d.h. Unzucht (Männer: 8 Tage Gefängnis bei Wasser und Brot; Frauen: 4 Tage Weibergefängnis bei Wassert und Brot oder Schandstrafe; wenn es kein geeignetes Gefängnis gab); zu früher Beischlaf (8fl. Geldstrafe; keine Hochzeitspracht, die Frau durfte am Hochzeitsgtag keinen Jungfernkranz tragen); danach kamen nur noch Prostitution, Kuppelei, Verführung, verdächtiger Lebenswandel, die willkürliche Strafen erhielten. Auffallend ist die hohe, religiös begründete Strafe gegen Sodomie, gleichfalls gegen Blutschande. Sie durften im Einzelfall nicht durch etwaige Strafmilderungen aus der Rangfolge gebracht werden (Auszug aus: Frauen in der Geschichte des Rechts, C.H. Beck Verlag).

Wie angenehm wäre es da doch seinerzeit gewesen (die Hexenprozesse fallen in den nachreformatorischen Zeitraum und auch die Delikte, die Juden zugeschrieben wurden, unterscheiden sich nur unwesentlich von Hexenprozessen), wenn man für jedes ehebrecherische Paar 4 Zeugen hätte aufbieten müssen, die mit eigenen Augen gesehen haben, daß der Ehebruch komplett vollzogen worden ist, bevor man jemanden steinigen darf oder wenn man - wie bei den Juden üblich - immer auch eine Ausnahme gelten lassen würde: zum Beispiel die, daß es vorkommen könne, daß ein Mann von einem Hausdach fällt unter dem eine Frau mit Obstkörben steht und so unglücklich auf der Frau (und zwischen den Apfelsinen) zum Liegen kommt, daß sich daraus ein Geschlechtsverkehr ergäbe: das wäre straffrei. Und kommt ja, wie wir alle wissen, alle Tage in dieser oder einer ähnlichen Form vor.

Josi

P.S.:
Antwort auf:
Das wiederum kann ich nicht nachvollziehen, wie kann Gott, oder Allah, von mir verlangen das ich das was ich von ganzem Herzen Liebe und beschütze, weh tun soll ?


Ist eine Frau nicht eine "sie"? Also in etwa so:

"wie kann Gott von mir verlangen, daß ich die, die ich von ganzem Herzen liebe, nicht beschütze und ihr stattdessen wehtun soll"?