Danke Afulki für die gute "Rollenanalyse": so habe ich sie auch empfunden und gut ist auch, daß Du es "Rollen spielen" genannt hast. Wenn Du nicht der Nick mit dem halben jüdischen Hintergrund bist, bin ich auch zufrieden: der hatte nämlich immer anfangs gute Gründe und ist dann mit zunehmender Geschwindigkeit immer mehr aus der Kurve geraten - was ich nachvollziehen konnte, aber nicht immer für sehr klug gehalten habe (klug im Sinn von ökonomisch im Kampf mit Stalkern und Trollen).
Die EU als Geberland
Zur Entwicklungshilfe, der Rolle der GTZ, den sogenannten "Geberländern" und dem Sinn und Unsinn von global agierenden (Umwelt)-Organisationen: den derbsten Unsinn habe ich in Äthiopien erlebt, wo sämtliche Lobbies sämtlicher Hotels besetzt sind von der internationalen Entwicklungshilfe-Kamarilla, die ihrem Gegenüber immer noch lauter ins Ohr brüllen, wenn der noch immer nicht kapiert, was und wie ihm geholfen werden soll. Nie habe ich mich mehr gegraust als vor weltgewandten Schwyzer Dütschen, die in den Bergen mitten in Afrika (ohne einen Tropfen Meer in tausend Quadratkilometern) sich sonnenkollektete Tiefkühltruhen in ihre Betonsteinbunker gestellt haben, in denen die Tupperware militärisch präzise nach Verfallsdatum gestapelt war und die königlich aussehenden Äthiopier (noch viel schöner als Marokkaner: wenn das überhaupt möglich ist) Listen führen mussten, wann was wie nachgefüllt, verbraucht und gegessen werden musste.
Gerne auch Fondue (sie sind dann immer vor die Tür gegangen und haben gekotzt) für das sie sich noch bedanken mussten (säuerliche und lauwarme Milchprodukte bringen auch meinen Mann regelmässig um vor Ekel): an Weihnachten wieder zu Hause öffne ich dann e-mails von Kollegen aus Indonesien, die mit vielen bunten Bildern garniert sind - 250 qm Terrasse, noch mehr Pool und sehr viele sehr liebe Hausangestellte ("gehören zur Familie") und ein Haus im Kolonialstil mit edlen Antiquitäten vollgestopft, der Jeep musste natürlich aus Hamburg dorthin verschifft werden: weil vor Ort, die taugen ja nichts und die GTZ zahlt es ja sowieso....
Moscheen bei denen einem die Tränen kommen
In Rabat am Flughafen dann eine Besprechung mit deutschen Ingenieuren, die in einem "Stiftungs-Projekt" für den Flughafen in Casablanca tätig werden wollen: die marokkanische Seite diese Sorte "Generaldirektor", die mit fetter goldener Uhr, feistem Grinsen und gegelten, deshalb nicht minder extrem lockigem Haar gesegnet ist und nichts weniger im Sinn hat, als einem deutschen Ingenieurbüro (finanziert aus Geldern der EU) das Geld in den Hintern zu blasen, sondern das ganze Meeting über auf die Schwachstelle lauert, die es ihm ermöglicht die Höhe, die Länge und die Breite eines möglichen "Cafés" zu ergründen.
Während der Marokkaner noch mit vollem Mund rülpst (hamdullilah!) schüttelt es die Deutschen vor Entsetzen und fangen sie an, hinter sich am Flughafenmosaik herumzukratzen mit den Worten: man könnte heulen, wie schlecht sie hier arbeiten - nichtmal in der Moschee in Casablanca haben sie es fertiggebracht, ein Mosaiksteinchen wie das andere herzustellen: sie sind alle verschieden (weil von Hand geklopft). Während sie vom Leder ziehen, sind sie sich vollkommen sicher, daß die Marokkaner sie nicht verstehen...: nur weil sie kein Arabisch und kein Französisch können, gehen sie davon aus, daß keiner ihre Gesten, ihre abfälligen Mienen und ihre defätistischen Äusserungen versteht.
Marokko ist schön - aber nur ohne Marokkaner
Eines der ganz grossen Geheimnisse im Positiven wie im Negativen ist in Marokko, daß sich ein Marokkaner niemals beschwert, nie ein Problem konfrontativ lösen würde und kaum jemand langfristig planen und denken will: es reicht, wenn es morgen auch noch reicht (Geld, Frauen, Essen, Land, Kinder) und alles darüberhinaus ist erstmal nicht so wichtig. Elissa fehlt mir deshalb nicht unbedingt - sie hatte auch diesen Agitationston, dem man in Deutschland vorwiegend dann begegnet, wenn es um den Orient geht - nur keinen normalen Marokkaner mögen müssen, einen der 5 mal am Tag betet (oder auch nicht), einen der in den Tag hinein lebt, sich für nichts als sich und seine Familie interessiert und auch für nichts demonstrieren will, es sei denn, es spränge irgendetwas Sinnvolles für ihn, seine Freunde und seine Familie dabei heraus.
Dieser Unterdrückten-Nächstenliebe mißtraue ich ebenso wie dem Aktionismus in der Westsahara, der GTZ und all den anderen Helfersyndromen (sich festbinden lassen vor der Wüste: das ist was für echt bewegte Frauen).
Josi