Wa alaikum salam

Das sind interessante Fragen.

Die Verbesserung der Infrastruktur ist ja generell nicht schlecht. Aber das Problem ist eben, wie du es beschrieben hast. Das Geld das dadurch verdient wird, verteilt sich auf die, die schon Geld haben und nicht auf die die bisher keins hatten.

Mehr Chemie in Landwirtschaft und Nahrungsmittel machen mich auch sehr traurig. Als ich das erste Mal in Marokko war fand ich es wunderbar, dass man dort noch ohne Maggi & Co. und somit ohne Geschmacksverstärker und Konservierungsstoffen kocht. Aber das betrifft wohl eher die ältere Generation. Vor kurzem kam eine Bekannte aus Marokko zurück und hatte alle nur erdenklichen Fix-Produkte, die die marokkanische Frau "braucht" im Gepäck. Was mich sehr traurig gemacht hat. Wie lange es wohl in Marokko dauert, bis Kinder nicht mehr wissen, wie Obst oder Gemüse aussehen!? Oder das Tiere für Fleisch sterben müssen. Was hier vielen gar nicht mehr bewusst ist, weil sie nur ein rotes Stück in der Fleischauslage sehen. Und dann geschockt sind, wenn sie mal im türkischen Geschäft einen Schafskopf in der Fleischtheke sehen.

Die Altersheime werden wahrscheinlich in 40-50 Jahren normal sein. Warum!? Zurzeit verteilen sich die Kosten und die persönliche Betreuung der Eltern oder Großeltern auf mehrere Kinder, Enkel. Aber das wird sich bald ändern. Denn auch in Marokko tendieren schon jetzt Familien zu weniger Kindern nach europäischem Vorbild, da reichen dann zwei. Außerdem gehen die Frauen auch mehr arbeiten und haben damit weniger Zeit für Kinder oder die Älteren.

Der Verlust der Religion ist ein schwieriges Thema. Dies macht mich auch sehr traurig. Aber eine Aya in al-Baqara sagt: "Es gibt keinen Zwang im Glauben". Man kann die Leute auf islamische Regeln hinweisen. Aber zwingen kann und sollte man sie nicht.
Andererseits weiss ich auch, dass der Islam in Marokko eine Art Renaissance bei vielen Leuten erlebt. Frauen bedeken sich wieder, aber aus religiösem Bewusstsein und nicht aus Tradition. Die Leute versuchen nach der Sunna zu leben und werden sich darüber bewusst, dass manche Sachen traditionell, aber nicht islamisch sind und versuchen diese auch abzulegen.