Lese ich grade im Augenblick und ist wie ein Kommentar zum Lustig-Lustig-Posting von Rolf, der ja Germanist war und gebildet:

"Soll also auf Heine die Regel Goethes "humoristisch, daher vom zweiten Rang" Anwendung finden? - Um diese Rangordnung weiss Heine selbst. "Es ist nunmal nicht zu leugnen, dass die Spottlust, die Freude am Widerspruch der Dinge, etwas Bösartiges in sich trägt, statt dass der Ernst mehr mit den besseren gefühlen verwandt ist. Indessen, es gibt Herzen, worin Scherz und Ernst, Böses und Heiliges, Glut und Kälte sich so abenteuerlich verbinden, dass es schwer wird, darüber zu urteilen".

Und weiter:

Mit zunehmenden Alter vertieft sich (bei Heine) der Witz.

Zunächst dient er dem Schutz, ist in seiner primitiven Form ein Abwehrmittel des Verfolgten, oft schwer Geschädigten, stets in gefährderter Randposition Lebenden. Heine ist arm, ist Jude, ist unglücklich verliebt, ist mißtraurisch, ist stolz, ehrgeiezig und empfindlich, genußfähig und naiv genußsüchtig, also nach allen Richtungen hin dem Leid preisgegeben. - Er habe dies und das nicht ernst genommen, sagt man oft vorwurfsvoll. Aber hätte er es ernst genommen, er wäre verrückt geworden! Ironie ist für den Wissenden das Signal, daß im Hintergrund eine unüberwindbare Realität lauert, der der Mensch auf direktem Wege erliegen müsste, - da macht er den rettenden Sprung aus dem Ernst in die Ironie, den Witz. Die meisten, die den Ironiker als Typ ablehnen, haben keine Ahnung, welche Kraft es erfordert, diesen Winkelhaken zu schlagen, statt der Realität seinen Kopf zum Einschlingen hinzuhlaten wie das Vöglein der Schlange".


Max Brod, Heinerich Heine - erschienen 1934 (lese ich grade).

Lustig wie man manchmal das Gefühl hat, die Bücher hätten ein Eigenleben mit dem, was man grade macht.

Josi