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hi 'VMK',

genauer: an die 'holde, harmoniesüchtige' weiblichkeit!
wer lust hat, kann sich ins auto setzen und nach berlin kommen!

viel spass am 'unten' eingespielten bühnenstück wünscht:
p.
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berliner ztg. v. 01.08.01

BÜHNE

Entdeckungsreisen ins Unaussprechliche

Carmen Böker


Frauen am Scheideweg". Oder: "Quelle der Lust". Oder: "Die Hohe Schule des Stöhnens". Oder: "Hommage an eine Oase". Mit solchen Metaphern waren jene Zeitungsartikel übertitelt, die sich mit den 1996 in New York uraufgeführten "Vagina Monologues" befassten. Die heute 48 Jahre alte Journalistin, Bühnen- und Buchautorin Eve Ensler - einst Steueranwältin sowie neulich Wahlkampfhelferin für Hillary Clinton - hat das erfolgreiche Theaterstück geschrieben. Es ist mittlerweile in 25 Sprachen übersetzt und wurde in 35 Ländern gespielt. Und Ensler setzt sich immer noch gern selbst auf den Bühnen-Barhocker, um in "Harry & Sally"-Manier die Feinheiten eines vorgetäuschten Orgasmus zu demonstrieren. Enslers Text-Revue basiert auf ihrem Interviewband, der Gespräche mit rund 200 Frauen - junge und alte, arme und reiche von der Prostituierten bis zur Professorin - über das Tabuthema "Ich und meine Vagina" aufzeichnet. Berichte über Selbsterforschungsversuche mit dem Taschenspiegel kommen auf der Bühne ebenso vor wie schlimmste Erfahrungen, denn in weiteren Büchern von Eve Ensler haben kriegstraumatisierte Bosnierinnen oder Frauen im Gefängnis das Wort. Vor allem aber geht es um eins: "Say: Vagina!" - nenn’ die Sache deutlich beim Namen, sprich nicht von "da unten". Erheiternd, dass ausgerechnet die berichtenden Journalisten das kaum fertig brachten. So kehrt sich Enslers Absicht zwar ins Gegenteil - denn in ihrem Produkt werden sowohl spekulumkühle medizinische Ausdrücke froh herausgekräht wie auch die Wörter, die man von, sagen wir: einer Horde Fernfahrer nach dem Genuss von einem Fass Bier erwartet. Andererseits aber kann sich die Verfasserin in ihrer These bestätigt fühlen, die Vagina sei "wie das Bermudadreieck": Alle redeten davon, keiner wisse ganz genau, wie es aussieht, und mancher solle schon darin verschwunden sein. Derlei Platituden und Zoten dürfen von den "Vagina Monologen" durchaus erwartet werden, wenngleich mancher auch einiges lernen kann; zum Beispiel, dass die Klitoris zweimal so viele Nervenenden hat wie der Penis. Ab heute sind die "Vagina Monologe" auf Deutsch in Berlin zu sehen. Es ist eine Eigenproduktion der Arena, die mit einem festen Stamm von vier Schauspielerinnen arbeitet, diese monologisierend in eine Rolle einpasst - und dazu stets einen Abendgast einlädt; zur Premiere Hannelore Elsner, in der vierwöchigen Spielzeit sollen zum Beispiel Iris Berben, Katja Riemann, Sonja Kirchberger folgen. Auch darin folgt die Inszenierung dem US-Vorbild, das dieses Jahr den "Valentine’s Day" zum "Vagina Day" erklärte und Glenn Close, Erica Jong oder Jane Fonda um Auskunft bat. Mal sehen, wie freimütig oder erotisch deutsche Schauspielerinnen ihre Lüste und ihr Begehren darzustellen vermögen - Brooke Shields’ damalige Fantasie, ihre Vagina trüge am liebsten "Kleider aus Kaschmir", erinnert ja nun weniger an kämpferisches Körperbewusstsein denn an Verona Feldbuschs jüngste Kessheiten gegenüber Alice Schwarzer.