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entweder - oder!! #4507
11/01/03 11:16 PM
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Jocim Offline OP
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ich weiss nicht, ob in diesem forum schon einmal darüber diskutiert wurde! also stelle ich einmal in einen neuen thread eine - für mich - "alte" frage!

ich spreche auf meinen zahlreichen reisen nach marokko immer wieder mit touristen, am liebsten am ende ihrer reise. dann frage ich sie: "nun, wie war ihr aufenthalt?"

ich habe immer zwei antworten bekommen (natürlich von unterschiedlichen leuten!). die einen sagten:

es war toll! wir kommen wieder...

und die anderen sagten...

einmal und nicht wieder!

eine *mittlere* lage der eigenen befindlichkeit fehlt immer. also eine aussage, die so aussehen könnte:

doch, vieles hat uns gut gefallen. aber es hat uns auch allerhand gestört. aber - insgesamt? - ja, wir würden wieder nach marokko reisen!

an marokko scheiden sich die geister! woran liegt das! (wenn meine beobachtung richtig ist!)

dazu gehört auch die seltsame beobachtung, dass es menschen gibt, die über jahrzehnte immer wieder nach marokko reisen (ich gehöre nun auch bald dazu!) und andere schon nach vier tagen an den fingern abzählen, wann sie wieder abreisen können!

was ist das?

ist es der "charakter" marokkos, der noch spürbar und zu erleben ist? anders wie in spanien oder der türkei, wo alles "norm und standard" ist und der tourist vom land und den menschen wenig erfährt?

ich kann mir nicht vorstellen, dass marokko - auch unter diesem gesichtspunkt - ein *massenhaftes* touristen-ziel werden kann! an marokko scheiden sich die geister! der eine schliesst das land und die menschen sofort in sein herz, für die anderen bleiben die menschen fremd und das land uninteressant.

ich wage einmal diese these: je individueller ein mensch ausgeprägt ist, desto mehr wird er sich in marokko wohlfühlen!

wenn dieser eindruck stimmt, dann wäre marokko gut beraten, auf diese "individualität" seiner gäste zu achten! das ist ein immenses kapital! gerade heute, wo die sensibilität für umwelt, ressourcen und individualität immer mehr an wert gewinnt. dann wäre es das ziel, nicht "alle", aber "einige" für marokko als reiseziel zu gewinnen. und diese "einigen" werden immer mehr! sie werden - bei schwindender kaufkraft der *massen* immer mehr zu einem wirklichen wirtschaftsfaktor.

entweder - oder! marokko mag als ziel haben, ein "aldi" land zu werden: billig, wiedererkennbar, eingeschränktes sortiment, ein wenig unordentlich, gesichtslos und eigentlich ohne jede freude...

doch auch wenn der trend für "aldi" spricht: die konsumenten erwarten eigentlich das "neue", die "differenz", das erlebnis...

ich möchte nicht, dass marokko zu "aldi-land" wird! ich wäre dann nämlich sehr traurig!

aber! fragt mich einer? nein!!

Jocim

Re: entweder - oder!! #4508
14/01/03 02:31 PM
14/01/03 02:31 PM
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sk8er3 Offline
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sk8er3  Offline
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unwichtig
Hallo jocim,

Ich mache gerade den dritten anlauf etwas in diesem thread zu schreiben. Schwierig, richtig schwierig und wie es aussieht, geht nicht nur mir das so. Denn obwohl doch einige den thread lasen kommt eine diskussion darüber nicht auf.
Die fakten sind relativ leicht beschrieben. Die schlussfolgerungen daraus, da wird es schwer.

Ja, marokko polarisiert. Aber polarisiert es wirklich mehr als andere länder? Da glaube ich eher nein denn zu jedem zielgebiet der erde wirst du solche und solche aussagen finden.

Was die faktoren angeht, die zu zustimmung oder ablehnung bei pauschalreisenden führen:

Ich glaube alfred hat etwas sehr wichtiges dazu bemerkt in dem thread “Tourismussektor als Wachstumslokomotive in Morroko”. Er schrieb dort Zitat “Was aber das Wichtigste ist, seit der Direktvermarktung hatte ich keine Reklamation mehr, denn ich habe unser Land so beschrieben wie es ist und keine anonymen Hochglanzprospekte verteilt.”
Realistische information vorab und eine gute beratung helfen ungemein erwartungshaltungen im vorfeld zu klären und tragen –eben durch die gute beratung– dazu bei, dass während der reise vor ort dann keine oder weniger frustrationen auftreten. An diesem punkt tun sich großverantalter nach meiner erfahrung weit schwerer als kleine. Sie haben insbesondere ein interesse daran das reklamationsaufkommen klein zu halten. Wahre spezialisten suchen nach “eindeutig uneindeutigen umschreibungen” die von interessenten häufig nicht verstanden werden, den veranstalter in juristischer hinsicht aus dem schneider bringen.
Einer der faktoren, in meinen augen ein sehr wichtiger!

Aber so, wie es menschen gibt, die massive probleme haben in einer organisierten gruppe zu reisen (weil sie alles partout lieber auf eigene faust entdecken und ihnen ein solches gruppenerlebnis wie der pure horror vorkommt), so gibt es menschen, die sich reisen in andere länder nur so vorstellen können. Die keine probleme damit haben selbst lächerliche basecaps zur farblichen unterscheidung von anderen gruppen zu tragen, mit dicht vollgepackten unflexiblen programminhalten die keinen raum für eigene erkundungen lassen etc. etc. Ich glaube da sind menschen sehr individuell. Der zweite faktor.

Ein weiterer punkt scheint mir auch zu sein, dass der urlaub insgesamt als stressfrei und erholsam erlebt wird. Viele werden den spruch “die kostbarsten tage des jahres” als umschreibung für den urlaub kennen, entsprechend hoch ist die erwartungshaltung an diese kostbaren tage. Da speziell sehe ich mögliche ursachen für unzufriedenheit denn marokko und die marokkaner erleben gerade menschen die keine reisen in arabische länder gewohnt sind oft als ausgesprochen “stressig” weil ihnen die erfahrung im “richtigen” umgang mit diesen situationen fehlt und sie entsprechend “fehler begehen”.

Gibt es denn dazu fakten ?
Ja! Wer professionell reisen plant und durchführt, einen katalog erstellt etc. etc. ist natürlich gut beraten “seine klientel” und ihre bedürfnisse sicher einzuschätzen. Muss doch –insbesondere bei den großen veranstaltern jede einzelne reise einen bestimmten umsatz generieren um nicht bei der neuauflage ersatzlos aus dem katalog gekippt zu werden. Entsprechend viel “forschung” betreiben diese großen veranstalter im bereich pauschalreisen. Die individualisten haben heute einen größeren anteil am gesamtkuchen der reisenden. Das realisierten auch die großen veranstalter und à la carte programme in denen termin, reiseroute, hotels, touristisches rahmenprogramm etc. individuell zusammengestellt werden sind inzwischen standard bei ihnen. Früher war das ausschließlich eine domaine der kleinen veranstalter da der erhöhte beratungs- und abwicklungsaufwand den großen uninteressant erschien. Dieser trend denke ich hält weiterhin auch noch an.
Zurück zu den fakten:
Die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (F.U.R.) wurde im Sommer 1994 als Verein von Forschungsnutzern gegründet, um branchenübergreifend, neutral und kontinuierlich Untersuchungen zum Reiseverhalten zu ermöglichen.
Mit der Weiterführung der Reiseanalyse, einer bevölkerungsrepräsentativen Befragung zur Erfassung und Beschreibung des Urlaubs- und Reiseverhaltens der Deutschen und ihrer Urlaubsmotive und -interessen, trat F.U.R die Nachfolge des Studienkreises für Tourismus an, der über 23 Jahre lang jährlich die Reiseanalyse herausgegeben hatte.
Diese studie steht allerdings nur gegen recht hohe gebüren (ab ca. 8.000 EUR) zur verfügung, selbst recht allgemeine auszüge daraus kosten noch mehrere hundert euro..
Darüber hinaus wissen veranstalter wie wichtig es ist eigene untersuchungen zu kundenzufriedenheit aber auch zu reiseabsichten etc. durchzuführen.
Trotzdem lässt sich das eine oder andere via google finden zu dem thema (die suchbegriffe reiseverhalten und marokko liefern bei google an die 50 links.):

Besonders relevante:
Als PDF-datei frei verfügbare auszüge aus der aktuellen 32. reiseanalyse. Auf der homepage der forschungsgemeinschaft finden sich weitere herunterladbare PDF-dateien zu verschiedenen themen., u.a. terror und reiseverhalten.
Reiseanalyse hier zusätzlich mit eigenrecherchen des großen onlinereiseanbieters expedia.de.

Dimensionen, Perspektiven und Wirkungen des Entwicklungsländer-Tourismus und Ansprechbarkeit deutscher Entwicklungsländer - Reisender auf interkulturelle Begegnung im Urlaub

“Die neuesten Reisetrends weltweit” Bei IPK International The World Travel Monitor Company Ltd ist eine (kleinere) studie mit dem titel "Guide to Global Travel Trends 2002-2003" erhältlich, der genannte link zeigt sie in auszügen.

“Der Massentourismus im Nachkriegsdeutschland” ein interessanter rückblick auf das reiseverhalten der deutschen.

thesen wirtschaftswissenschaftliche aspekte im internationalen tourismus erstellt von der FH München, Fachbereich Tourismus.

sk8er


KÄMPFT FÜR DIE FREIE MEINUNGSÄUSSERUNG HIER IM BOARD!!!
Re: entweder - oder!! #4509
14/01/03 03:21 PM
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Mirah Offline
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Hallo!

Ich denke, an Marokko scheiden sich die Geister deswegen so, weil es eben kein "Aldi-Land" ist. Marokko hat einen ganz eigenen Charakter, Marokko hat Ecken und Kanten und lässt sich nicht in eine touristische Einheitsmühle verwandeln (zumindest noch nicht, und das bleibt hoffentlich auch so.)

Nicht jeder findet Zugang zu der rauhen Bergwelt, der heißen Wüste und den unkonfortablen Zuständen. Auch mit dem Zeitgefühl der Marokkaner, das sich von dem der gestressten Europäern, die geplant und organisiert nach ihrem Palm-Top leben, unterscheidet, kommt nicht jeder Tourist klar.

Andere wiederum sind sofort von dem Charakter Marokkos in Bann gezogen und verlieben sich hoffnungslos. Diese Menschen werden bestimmt auch immer mit offenen Armen dort empfangen und haben nie Probleme, während die anderen, die dann von vornherein unbewusst eine negative Einstellung haben, bestimmt auf Schwierigkeiten stoßen. Denn, wie immer im Leben, bekommt man das zurück, was man selbst gibt oder ausstrahlt! :-)

Und, wie ist das mit den Menschen, die ihre Ecken und Kanten haben und sich nicht anpassen und verbiegen lassen....auch sie werden entweder geliebt oder gehasst! So würde ich das bei Marokko auch sehen - einzigartig eben!

Viele Grüße

Miriam

Re: entweder - oder!! #4510
15/01/03 10:51 AM
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Keela Offline
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Hallo,
„an Marokko scheiden sich die Geister“........an Marokko scheidet sich schon alleine mein Geist! „Marokko polarisiert“ nicht nur die verschiedenen Menschen, sondern auch mich in mir selber.

Anfangs kam ich nach Marokko (vor gut 5 Jahren) und war völlig fasziniert von Land und Leuten. Allerdings dachte ich auch: dies ist ein schon recht westlich geprägtes Land, was mich auch etwas enttäuschte. Ich hatte zuvor als einzige „arabische“ Erfahrung den Jemen kennen gelernt, der gegenüber Marokko wirkt wie ein Märchen aus 1001 Nacht. Trotzdem hat es mich wieder nach Marokko hingezogen. Ich denke am Anfang war es wohl die angenehme Entfernung zu Deutschland, das gute Wetter auch im Winter und die freundlichen Menschen – u.a. eine Freundin von mir, die zu dieser Zeit überwiegend in Marokko lebte.
Danach kam die nächste Phase: Ich war nur noch genervt und habe mich gefragt warum ich mir das bloß antue. Ständiger Schmutz, ständige Anmache, ständiges Handeln selbst bei kleineren Einkäufen, unkomfortabeles Wohnen (aufgrund meiner finanziellen Lage), etc,etc.
Ich habe daraufhin auch ein Jahr meine Besuche unterbrochen. Als ich nach einem Jahr wieder dort war konnte ich es gar nicht fassen, wie ich diese Zeit hatte auf Marokko verzichten können
.
Mittlerweile gibt es bei mir auf Marokko bezogen ein deutliches „sowohl als auch“. Und erstaunlicher Weise in genau denselben Dingen.
Ich fühle mich in Marokko viel mehr als Frau als in Deutschland und gleichzeitig geht es mir total auf die Nerven wie ich dort als Frau behandelt werde (von einigen Menschen).
Ich finde das Leben ohne Komfort blöd und anstrengend und gleichzeitig genieße ich es ohne den deutschen Lebensstil-Ballast zu sein und dadurch meine Wertigkeiten im Leben wieder zurechtrücken zu können.

So antworte ich auch jedes Mal nach einem Aufenthalt in Marokko auf die Frage: wie war´s? mit: Prima!!! und Nervig!!! – und fahre immer wieder hin........

Wie ist es bei euch? Kennt ihr diese Polarität in euch auch? Oder ist es bei euch so wie Jocim es beobachtet hat: eine Spaltung in Marokko-Liebhaber und Marokko-Gegner?

Liebe Grüße
Keela


Ich bin nicht dumm, ich hab' nur voll so Pech beim Denken...
Re: entweder - oder!! #4511
15/01/03 03:37 PM
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Jocim Offline OP
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hallo keela, - ich kann deine gedanken sehr gut nachvollziehen. es kann ja sein, dass sich dieses "entweder - oder" gar nicht immer unter den verschiedenen gruppen der touristen verteilt, die nach marokko kommen, sondern ebenso - du hast es treffend beschrieben - uns selbst zweiteilt!

vieles, was du schreibst, erkenne ich in mir wieder. als ich die ersten male nach marokko reiste, war ich fasziniert vom land, den menschen, den souks, den gerüchen, dem handwerk...als ich einmal im mai richtung fes fuhr, beleuchtete die goldene abendsonne die olivenhaine, darin standen schafe und weideten. ich hatte das gefühl, durch arkadien oder ein biblisches land zu reisen...

mit jeder reise nach marokko wird mein blick nüchterner und mein herz wohl auch ein wenig verschlossener.

nüchtern! weil ich bemerkte, dass ich die ersten male marokko sah wie ein schönes theaterstück. ich sass im parkett, der vorhang ging auf, und sie spielten dort ein wunderschönes stück inmitten einer wunderschönen landschaft. das stück hiess "marokko".

aber, es ist wie immer: je öfter ich das theaterstück sah, desto mehr sah ich auch die kulissen, die versatzstücke, die strippen und scheinwerfer, das ganze durcheinander "hinter" der bühne.manche kulisse war nur notdürftig zusammengezimmert und an manchen brökelte die farbe ab...das, was sie spielten, war immer noch *schön*. der blick hinter die kulissen ernüchterte mich allerdings!

und was ist mit dem *verschlossenen herz*?

am anfang war ich voller mitleid und voller hilfsbereitschaft! ich sah die not der menschen. ich konnte sie mit händen greifen! und ich gab gern. dann aber geriet ich in situationen, in denen ich merkte, dass man in marokko mein mitleid *benutzte* und meine hilfsbereitschaft ausnutzte. die appelle an mich, den europäer, wurden immer lauter: es sei, weil es mir offensichtlich besser geht, eine pflicht zu helfen und zu unterstützen!

es kann ja sein, weil dies ein gebot des islam ist, dass auch der europäer an diesem gebot gemessen wird. ich habe das wort "danke" selten in marokko gehört. ich weiss aber auch, wie schwierig und in manchen momenten wie demütigend es für den anderen ist, immer *dankbar* zu sein und es zu zeigen!

ja, dieser riss, liebe keela, von dem du schreibst, geht auch durch mein herz!

aber es gibt eine medizin, damit unser herz nicht ewig und immer blutet: diese medizin befindet sich genau dort, wo uns die wunde zugefügt wird: in marokko!

Jocim

Re: entweder - oder!! #4512
15/01/03 05:59 PM
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AnjaMaria Offline
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Salam aleikum und hallo zusammen,

äußerst interessantes Thema...ich komme ja gerade frisch zurück aus Marokko, nachdem ich ein zeitlang nicht mehr dort war. Da ich nie in einem Hotel etc. meinen Urlaub verbracht, sondern immer in Gastfamilien gelebt habe, kann ich natürlich nicht meinen Eindruck als typische Touristin wiedergeben, weil ich mich auch nie als solche gefühlt habe. Ich wurde von Anfang an recht schnell in die Gesellschaft integriert und so habe ich vielleicht andere Eindrücke gesammelt oder mir wurde vielleicht auch eine andere Art von Respekt entgegengebracht.

Trotzdem war mein Urlaub in Marokko diesmal "anders"...denn Europa mit seinen Konsumgütern hat vollendst Einzug gehalten...in Marokko gibt es mittlerweile wirklich alles was es bei uns auch gibt und z.T. noch darüberhinaus.

Ich möchte euch von meinen ganz persönlichen Eindrücken erzählen, als ich auf meine Gastfamilie traf. Der jüngste Sohn begrüßte mich handschlagmäßig im Rapper-Outfit mit einem coolen "Hi" und einem MP3-Player im Ohr, meine Gastmutter kam gerade von ihrem Lese- und Schreibkurs zurück (sie war jahrelang Analphabetin und kann nun schon erste Sätze lesen, das finde ich wirklich toll!!!) und Omi kam mir in topmodernen Nike-Hausschuhe entgegen (tja und ich bin hier noch von einem Deichmann zum anderen geflitzt, um ein paar "seniorenwürdige" Hausschuhe zu kaufen). Außerdem bauen sie gerade ein neues Haus außerhalb der Stadt und alleine der Rohbau sah schon gigantisch aus. Dabei gehörte meine Gastfamilie wirklich nicht zur Oberschicht. Nur zahlt sich langsam aber sicher die Tatsache aus, daß sämtliche Söhne und auch die Tochter vor ein paar Jahren nach Übersee und Europa gegangen sind, dort mittlerweile Fuß gefaßt haben und ihre Familie in Marokko regelmäßig finanziell unterstützt. Dazu kommt die durchaus akzeptable Rente des Vaters.

Auch die infrastrukturellen Veränderungen oder nennen wir es sogar Verbesserungen in dem von mir besuchten Norden Marokkos haben mich wirklich sehr positiv überrascht. Während man früher ewig brauchte, um über die Nationalstraßen zu fahren, ist man nun bsp. bequem innerhalb von 2 Stunden mal eben von Rabat nach Fés unterwegs.

Na ja... Dinge wie fast jedes Mal 2 DH für´s eben mal Kurzparken und die obligatorischen Schachteln Zigaretten für den Zollbeamten und den Nachtwächter, der auf´s Auto aufpaßt...ärgert mich halt manchmal immer noch, aber was soll´s! Ich plane es halt mit in mein Urlaubsbudget und das war´s! Es sind halt "Jobs" und sie verdienen sich damit ihren Lebensunterhalt und/oder auch etwas dazu. Ich zahle halt nur dann eben nicht mehr als die Einheimischen auch. Da bin ich konsequent und ich glaube, sie haben mittlerweile durchaus verstanden, daß in Europa das Geld nicht auf den Bäumen wächst. Auch sie kennen die wirtschaftliche Situation in Deutschland und auch die Arbeitslosenzahlen sind dort bekannt.

Klar wurde ich auch wieder "angebettelt" und natürlich habe auch ich wieder gelegentlich den einen oder anderen Dirham gegeben...aber man gewöhnt sich auch daran und so banal das jetzt auch klingen mag: In Köln höre ich oft genug "Hasse mal ´nen Euro oder so" ...und da gebe ich dann auch etwas oder drehe mich nur um und gehe weiter...der Prozess ist der Gleiche!

Fazit: ICH bin diejenige, die sich jedes Mal wieder neu an Marokko anpassen muß. Es kostet mich immer ein paar Tage Kraft und Nerven, bis mein Gehirn und Herz von Laufwerk Deutsch auf Laufwerk Marokkanisch umgestiegen ist...danach aber genieße ich die Zeit dort sehr, liebe wieder die Hektik auf dem Souk und das Herumhängen in den Cafés und sammle meine Erfahrungen...sowohl positive als auch negative. Aus beiden lernt man bekanntlich am meisten.

Der nächste Marokko-Aufenthalt ist in der Planung...

Lieben Gruß aus Köln

Anja Maria

Re: entweder - oder!! #4513
17/01/03 07:37 PM
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köln
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corazon Offline
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corazon  Offline
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köln
Eure Beiträge waren alle sehr interessant,ich kann mich in vielen geschriebenen wieder-
erkennen. Es stimmt auch aus meiner Erfahrung, wenn ich im Flieger oder am Flughafen
sitze das die Besucher von Marokko entweder sagen nächstes Jahr wieder- und die
anderen nie wieder.Ich habe kein problem mit agressiven Händler-ich gebe Ihnen die Hand
wenn Sie sehr nahe kommen, umarme Sie, und schaue Sie tief in deren Augen - und sage
nein danke. Aber sehr intensiv- nein danke! Ein lächen und die Situation ist gelöst.
klappt fast immer. Die nicht aufhören, und einen teilweise anpöbeln- einfach weitergehen.
Ich glaube aus meiner Einschätzung würde es in den Läden nicht ganz so hart hergehen würde der Umsatz um einiges Höher ausfallen. Denn tolle Sachen gibt es ja- ich kaufe immer.
Grüße Corazon Köln


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