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Betrachtungen zum All-inclusive-Urlaub #3455
10/06/02 02:34 PM
10/06/02 02:34 PM
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hallo zusammen,

Betrachtungen von Ludmilla Tüting

Ferien ohne Koffer? Kein Stress bei der Auswahl der Kleidung und beim Packen? Keine Schlepperei, kein Warten auf das Gepäck im Flughafen? Nur eine kleine Tasche über der Schulter? Ai MAXX macht's möglich. Ai steht hier nicht für amnesty international, sondern für die Zauberformel "All-inclusive". MAXX ist ein Wortspiel mit Größenbezeichnungen.

Wer beispielsweise in der Dominikanischen Republik den Urlaub nur mit Handgepäck bucht, erhält kostenlos rund 15 Kleidungsstücke, die miteinander kombinierbar sind. Badebekleidung, sechsmal Unterwäsche, Sandalen, Sonnenbrille, Sonnenschutzmittel, Sonnenhut/-kappe, Nassrasierer, Rasiercreme, After Shave, Zahnbürste, Zahnpasta, Haarbürste und Deodorant. Was nicht passt, wird vom hoteleigenen Schneider geändert. Der Wäscheservice ist inklusive. Wer möchte, kann die Urlaubskleidung in einer ebenfalls kostenlosen Reisetasche mit nach Hause nehmen.

Dieser durchaus ernstzunehmende Gag, der vorerst nur auf Erwachsene zugeschnitten ist, wurde 1998 auf der Internationalen Tourismus-Börse Berlin (ITB) vorgestellt. Er bedeutet sozusagen die (vorläufige) Krönung einer Urlaubsform, die sich seit Jahren steigender Beliebtheit erfreut. Kuba wartete mit einem anderen Höhepunkt auf. Der touristische Aufsteiger des vergangenen Jahres ließ gleich zwei Inseln sperren und zur All-inclusive-Zone erklären. Zutritt haben nur noch gebuchte Hotelgäste, die ohne Erkennungsmarke am Handgelenk überall und unbeschränkt essen, trinken, baden und Sport treiben dürfen. Auch deutsche Reiseveranstalter bieten inzwischen Hunderte von Ai-Anlagen an.

Vielen Verbrauchern erscheint "alles inklusive" als die optimale Reiseform, können doch sämtliche Kosten im Vorfeld ziemlich genau kalkuliert werden. Sind im Ai-Angebot neben der Vollpension tatsächlich sämtliche Getränke, Snacks rund um die Uhr, Sport- und Unterhaltungsmöglichkeiten enthalten, entfallen die meisten Nebenkosten. Und die sind in Urlaubszielen oft besonders hoch. Lediglich für die berühmten Postkarten an die Lieben daheim, für Souvenirs und Ausflüge, sofern man den Strand verlassen will, braucht man Bares oder die Kreditkarte. Besonders vorteilhaft lassen sich so die Ausgaben für Familien im Vorfeld planen. Insbesondere in der Karibik stehen viele Ai-Anlagen allerdings nur heterogenen Paaren oder Paaren und Singles ohne Kinder offen.

Den Titel "Erfinder des All-inclusive-Urlaubs" heften sich heute gleich mehrere Betreiber an die Brust. Doch so neu ist die Idee gar nicht. Zum einem gibt es seit Jahrzehnten preiswerte Ferienlager für Kinder und Jugendliche, insbesondere in Europa und in den USA, die einschließlich der - selbstverständlich nicht-alkoholischen Getränke - alles enthielten.

Der französische Club Med begann 1951 ebenfalls mit Zelt- und Hüttendörfern, zählte jedoch auch Erwachsene zu seiner Klientel. Er warb als erster mit "touts compris", alles inklusive. Im familienfreundlichen Reisepreis waren Mahlzeiten, Tischweine, Animateure, Sport und Unterhaltung enthalten. Es fehlten nur zusätzliche Getränke, die mit zuvor gekauften Glasperlen erstanden werden konnten.

Erste All-inclusive-Clubs mit großem Komfort und kostenlosem Alkoholausschank entstanden in den 70er Jahren für Paare auf Jamaika und St. Lucia in der Karibik. 1981 eröffnete auf Jamaika die Luxuskette Sandals, die bis heute keine Kinder akzeptiert. 1993 entstanden in der Dominikanischen Republik die Allegro Resorts aus dem Zusammenschluss zweier Hotelketten. Sie expandierten inzwischen bis nach Nordafrika und gelten heute als der größte Ai-Anbieter. In Europa etablierte sich 1990 der türkische Magiclife Club, der Ai-Clubs in Österreich, Griechenland, Mexiko, in der Türkei und in der Dominikanischen Republik unterhält. Inzwischen werden zahlreiche weitere Ai-Anlagen gebaut sowie Ferienclubs und Hotels zu All-inclusive umfunktioniert. Nicht alle halten indes, was sie versprechen.

Ein All-inclusive-Urlaub lässt sich bereits in einer ganzen Reihe von Ländern verbringen. Noch immer führend ist die Karibik. Jeweils mehrere Dutzend Ai-Resorts sind in der Dominikanischen Republik, auf Jamaika und Kuba zu finden. Weitere Ai-Strandhotels gibt es u.a. auf Antigua & Barbuda, Aruba, auf den Bahamas, auf Barbados, Grenada, St. Kitts, St. Lucia, Trinidad & Tobago sowie auf den Turks & Caicos Islands. Auf dem amerikanischen Kontinent läßt sich in Mexiko, Costa Rica und in Südamerika am Strand all-inclusive urlauben, in Afrika in Ägypten, Gambia, Marokko und Tunesien, ferner in der Türkei, auf Sri Lanka und in Thailand. Streng genommen fallen pauschale Trekkingreisen ebenfalls unter All-inclusive, beispielsweise im Himalaya-Königreich Nepal. Denn wer dort mehrere Wochen im Gebirge unterwegs ist, hat keinerlei Nebenkosten. Das mobile 3 bis 5-Sterne-Hotel wandert auf Träger- oder Yakrücken mit. In den meisten Dörfern gibt es nichts zu kaufen.

In Europa findet man All-inclusive-Hotels auf Mallorca, in Griechenland, Frankreich, Deutschland (auf Rügen, im Harz, in den Alpen) und in Österreich. In den Alpen kann man neuerdings auch all-inclusive skifahren. Dabei handelt es sich aber nicht immer um komplette Serviceangebote.

Überhaupt solle der interessierte Urlauber die Kataloge sehr sorgfältig studieren, vor allem das Kleingedruckte. "All-inclusive" ist kein geschützter Begriff, warnen Verbraucherschutzverbände, die auch im übersteigerten Anspruchsdenken "Ich will alles" eine Gefahr wittern. Kühle Köpfe entdecken Widersprüche dagegen rechtzeitig, z.B. wenn ein Veranstalter ein Hotel als "all-inclusive" anbietet, aber auf der nächsten Seite die Getränke mittags und abends auf ein "Glas Tischwein oder Bier" beschränkt. Generell müssen die Offerten für alkoholische Getränke und Sportmöglichkeiten besonders kritisch unter die Lupe genommen werden. Hier klafft das Leistungsspektrum inzwischen weit auseinander. Selbst in den teuren Luxusanlagen sind aufwendige Sportarten und internationale Bargetränke nicht unbedingt inklusive. Anderswo muss für die Spezialitäten-Restaurants extra bezahlt werden. Bei Billiganbietern können Essen, Sport und Unterhaltungsprogramm schnell eintönig werden, und dreist werde häufig beim Sport eingeschränkt, warnen Verbraucherschützer. Da kann Tennis beispielsweise nur während der heißen Mittagsstunden kostenlos gespielt werden und sind Wasserski oder Windsurfen nur zu den Zeiten gratis, wenn die Wellen zu hoch schlagen. Auch Liegen und Sonnenschirme bleiben ein Problem. Zwar bekomme jeder Gast eine Liege zugesichert, jedoch nicht am Strand und am Pool. Der Kampf um die reservierte Liege geht also weiter. Rechtlich gelte: Was im Katalog steht, muss angeboten werden. Bei Einschränkungen handele es sich um Mogelpackungen.

Auch Touristiker fordern daher übereinstimmend ehrliche, transparente und umfangreiche Angebote, damit "gute Produkte nicht unter den schlechten leiden." Einige befürworten "grenzenlosen Komplettservice", andere glauben, selbst "lupenreines, teures All-inclusive" könne Gäste durch "Vielfalt auch abschrecken". Denn nicht jeder nutze alle Sport- und Unterhaltungsmöglichkeiten, obwohl er dafür bezahlt habe, und konsumiere Unmengen am Buffet oder in der Bar. Viele Urlauber befürchten anscheinend, für andere bezahlen zu müssen und halten zu Beginn kräftig mit. In der Regel, so die Ai-Betreiber, pendele sich aber der Konsum nach ein paar Tagen ein. Vielesser und -trinker würden in der Preiskalkulation durch Touristen, die wenig verzehrten, ausgeglichen. Überhaupt gehöre das Bild des dickbäuchigen Strandurlaubers, der schon morgens eine Alkoholfahne vor sich hertrage, zu den Ausnahmeerscheinungen. Generell verschiebe sich der Standard eher von dreisternigen Mittelklasseanlagen zu gehobenen Viersterne-Häusern und hochpreisigen Luxusresorts, meinen Beobachter der Ai-Szene. Sie glauben auch, dass in Zukunft eine Spezialisierung eintreten wird, vor allem im Bereich des Sports und der Verpflegung, und dass Ai-Angebote dem klassischen Cluburlaub durch verstärkte Animation immer ähnlicher werden.

Viele Fachleute sind sich einig, daß es auf Dauer besser sein dürfte, "Viel Inclusive" anstatt "Alles inclusive" oder gar "Ultra", "Super-" und "Unlimited-All-inclusive" anzubieten. Denn die "eierlegende Wollmilchsau", die alle zufrieden stellt, könne ein Ai-Angebot nicht sein oder werden. Da seien die Interessen und Bedürfnisse der internationalen Gäste und Betreiber zu unterschiedlich. Die einen wollen nur schlemmen, abschalten und Ruhe, andere Animation und Action. Insbesondere Deutsche reisen gerne mit Vollkasko-Mentalität und einem großen Sicherheitsbedürfnis an und verlangen das Totalangebot. Viele Gäste genießen es, sich um absolut nichts zu kümmern und die Anlage nicht verlassen zu müssen. Nicht wenige erfreut die "Philosophie der Gleichheit", die einige Anbieter forcieren.

"Letztlich entscheidet immer der Konsument", sagt ein Clubinhaber und betont: "Bei uns will der Gast die Freiheit, auch spät zu frühstücken, nachts einen Snack zu essen oder seine ersten Surfversuche zu wagen - mit oder ohne Kinder."

Nur mit "Reisen" habe der Ferienaufenthalt in einer Ai-Anlage wenig zu tun, glauben Tourismuskritiker und entwicklungspolitische Organisationen. Auch wenn ein bedeutender Ai-Betreiber - im Hinblick auf die eigenen Restaurants - suggeriere, "Sie können rund um die ganze Welt reisen - von Japan bis nach Jamaika und zurück - ohne die Anlage jemals zu verlassen." Man könne sogar "erforschen" und "entdecken", nämlich weitere Resorts derselben Kette. Zutreffender sei da schon die Werbung, man könne "die ganze Welt hinter sich lassen". Genau hier scheiden sich die Geister.

Löste bereits der Club-Urlaub heftige Diskussionen wegen des Ghetto-Charakters aus, verstärkt sich beim All-inclusive-Konzept die Frage, wer von Ai-Resorts profitiert und wer nicht. Skeptische Stimmen gegenüber der streng bewachten "Rundumversorgung hinterm Stacheldraht" wurden auch in der Reisebranche selbst laut, wenngleich sie nun nach den jüngsten Ai-Erfolgen leiser klingen. So wird befürchtet, dass Ai unter anderem dazu führen kann, "dass lokale Leistungsanbieter - Taxidienste, Restaurants, Incoming-Agenturen, Krämerläden - keine Chance haben, am Tourismus allgemein teilzuhaben." Weiterhin umgingen All-inclusive-Angebote die zum Teil gut entwickelte Infrastruktur im Zielland, die ursprünglich auf Besucher ausgerichtet und sehr vielseitig sei. All-inclusive-Gäste erhielten bei überwiegendem oder ausschließlichen Aufenthalt in der Anlage einen verfälschten oder gar keinen Eindruck vom Reiseziel. Die Destination werde austauschbar, was im Grunde genommen jede Zielgebietswerbung ad absurdum führe.

Eine Studie der Caribbean Tourism Organization (CTO) kam vor einigen Jahren zu dem Schluss: "Das All-inclusive-Konzept enthält keine Erfolgsgarantie und kann sich im Zielland nachteilig auswirken, wenn es zu stark vorangetrieben wird." Als besonders positiv hob die CTO die hohe Rentabilität der Anlagen, die Überschaubarkeit der Ausgaben aus Kundensicht sowie rasches Bekanntwerden des Zielgebietes hervor. Zu den Negativbeispielen zählte die CTO vor allem den Wegfall von Trinkgeldern, den kontrollierten Aufenthalt der Gäste und Beschränkungen für die einheimische Bevölkerung. Was sich in Reisebeschreibungen wie folgt liest: "Die schönsten Strände liegen außerhalb des Ortes, gehören zu Hotelanlagen und stehen nur deren Gästen offen. Die All-inclusive-Clubs sind nach außen stark abgeschirmt und werden durch Bodyguards streng bewacht."

Über Arbeitsplätze gibt es unterschiedliche Angaben. So erklärte ein Ai-Betreiber der Fachpresse, in den Resorts seien im Schnitt - überdurchschnittlich - ein Mitarbeiter je Zimmer beschäftigt, während ein Tourismusexperte angab, man könne etwa ein Viertel des Personals einsparen. Die Reduzierung ergebe sich durch die Selbstbedienung am Buffet und an der Bar sowie durch die Vereinfachung verschiedener Arbeitsabläufe, zum Beispiel in der Verwaltung und bei der Abrechnung. Kritikern fiel das vermittelte Image auf. In einigen Hochglanzbroschüren seien Weiße ausschließlich in Bade-, Freizeit- und Abendkleidung abgebildet, Einheimische, insbesondere Schwarze, nur in dienender Funktion.

Auch Deviseneinnahmen machen in der Bilanz des Ziellandes häufig nur einen bescheidenen Anteil aus, je nach Inhaberstatus, Vertragsabschlüssen und steuerlichen Konditionen. Außerhalb des Resorts, insbesondere in Entwicklungsländern, geben Gäste praktisch nichts aus. Dem versuchen verschiedene Veranstalter mit kleinen Ansätzen entgegenzuwirken. In einigen Zielgebieten erhalten die Resortgäste Gutscheine, die sie in bestimmten Restaurants und Bars außerhalb der Anlagen einlösen können. Oder man versucht, Taxifahrer verstärkt einzubeziehen. In Europa werden Angebote zu Ausflügen, die einen vielfältigen Eindruck von Land und Leuten vermitteln sollen, offenbar gut genutzt. Skeptiker übersähen bei der Frage der Ausgabenverteilung immer einen wichtigen Punkt, erläutern die Ai-Betreiber: "Während Hotels mit Halbpension versuchen, ihre Gäste im Haus zu halten, um den Umsatz zu steigern, freut es uns, wenn sich Gäste außer Haus in einem Restaurant oder in einer Bar vergnügen. Dadurch sparen wir Kosten und haben weniger Arbeit."

Auf der Karibik-Insel St. Lucia wollten die Touristen "ihre" Resorts trotz Restaurantgutscheinen kaum verlassen. Weil dort aber von rund 3200 Betten 2000 in All-inclusive-Anlagen stehen, wollte der Tourismus-Minister eine Art Kurtaxe einführen, um das Einkommen besser zu verteilen. Pro Tag sollte den Gästen zehn US-Dollar berechnet werden. Nachdem Boykottaufrufe von Seiten der Ai-Betreiber ins Gespräch gebracht wurden, blieb es vorerst bei dem Vorschlag.

"All-inclusive-Resorts sind Fremdkörper für privilegierte Fremde, die fremd bleiben, und die inmitten der Armut Maßlosigkeit zelebrieren", behaupten Tourismuskritiker. "Aber die abgeschotteten Paradiese schonen die natürlichen", kontern viele Touristiker, "und sie schützen die Bevölkerung vor den Touristen." "Die Erlebniskonsumenten von heute wollen perfekte Illusionen. Und sie sind auch mit Scheinwelten zufrieden, wenn diese die Wirklichkeit übertreffen", sagt der deutsche Freizeitforscher Horst Opaschowski.

Dieser Trend bleibt nicht ohne Folgen. So wehrten sich Umweltschützer 1999 in Thailand (erfolglos) gegen die Hollywood-gerechte Veränderung eines Strandes auf der Insel Phi Phi Leh, wo die 20th Century Fox den Traveller-Roman "Der Strand" von Alex Garland verfilmte. Der Produzent hatte befunden, dass die Romanvorlage exotischer als der Drehort war. Deshalb glich er den Strand, der unter den Schutz eines Nationalparks fällt, durch das Ausreißen von Vegetation und dem "Einbau" von zusätzlichen, ausgewachsenen Palmen dem Bestseller an.

Und nach einem All-inclusive-Aufenthalt in Sri Lanka forderte 1998 ein deutsches Ehepaar aus dem Tourismusland Bayern über die Hälfte des Reisepreises vom Veranstalter zurück. Der Grund: Das Hotel habe sich unmittelbar neben einem kleinen Dorf mit 150 Einwohnern befunden. Das Ehepaar fühlte sich durch das Dorfleben gestört und hatte sich über die "natürlichen Emissionen" der einheimischen Bevölkerung beschwert. Neben weiteren Mängeln klagten sie auch über eine Bahnlinie in der Nähe und über morsche Äste in Palmen. Das Ehepaar hatte für den zweiwöchigen Aufenthalt inklusive Flug pro Person nur 1600,- DM bezahlt. Der aufsehenerregende Fall wurde vom Amtsrichter in Nürnberg mit Nachdruck abgewiesen: "Lebensäußerungen von Einheimischen sind kein Reisemangel!"

Ein aufgebrachter Journalist schlug im Berliner "Tagesspiegel" vor, im bayerischen Ruhpolding (6500 Einwohner) ebenfalls eine Traumwelt zu errichten, zum Beispiel eine All-inclusive-Anlage für Asiaten und Schwarzafrikaner. Das könne vielleicht zu einem besseren Verständnis beitragen.

(Quelle: Messe Berlin, ITB 1999)
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Re: Betrachtungen zum All-inclusive-Urlaub #3456
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Das es insbesondere für kleinere Länder nicht einfach ist steuernd in diesen prozess einzugreifen verdeutlicht das beispiel gambia sehr gut.

Sicher gibt es viele Unterschiede zwischen Gambia und Marokko was den Tourismus anbelangt. Einige Aspekte lassen sich in meinen augen jedoch durchaus übertragen. Die "machtposition" der großen veranstalter was den einkauf touristischer leistungen bei lokalen partnern vor ort betrifft z.b.

Wie exklusiv ist "all-inclusive"?

von Christine Plüss vom Arbeitskreis Tourismus & Entwicklung Basel (akte)


Exklusiv? Die "all-inclusive"-Angebote werden eigentlich eher mit Billigferien in Verbindung gebracht oder zumindest mit vorauskalkulierbaren Ausgaben, wie sie für knappe Urlaubskassen wichtig sind. Wie exklusiv im wahrsten Sinne des Wortes "all-inclusive"-Tours sind, zeigt das Beispiel Gambia, wo Wirte von Strandkneippen und Familienpensionen, lokale Transportunternehmen und Souvenirhändlerinnen durch die Ferienformel, die von der internationalen Tourismusindustrie eingeführt wurde, systematisch von ihrer Beteiligung am Geschäft ausgeschlossen werden.

Anfangs Dezember 2000 hob die Regierung Gambias den Beschluss auf, der im Jahr zuvor für Aufruhr in der Tourismuswelt gesorgt hatte: Die Regierung des kleinen westafrikanischen Küstenstaates hatte nämlich verfügt, dass Hotels und Ferienanlagen ab Saisonbeginn im Oktober 1999 keine "all-inclusive"-Arrangements mehr anbieten dürften. Der Zickzackkurs der Regierung erweist sich als kleines Lehrstück für die Verhältnisse auf dem internationalen Tourismusmarkt.
Doch dazu die Ereignisse der Reihe nach:

Eine einzigartige Massnahme

Die Wirtschaft Gambias profitiere zu wenig von den "all-inclusive"-Tours, befand Gambias Regierung im Mai 1999 und wies die Tourismusunternehmen, insbesondere die internationalen Hotels und Reiseveranstalter, an, ihr Angebot auf Zimmer mit Frühstück oder Halbpension umzustellen. Die ausländischen Reisenden sollten mit dem Volk den Austausch pflegen, liess das Tourismusministerium verlauten. Wenn die TouristInnen bloss im Hotel blieben, weil sie ihr Essen, Trinken und ihre Unterhaltung im Voraus da bezahlt hätten, würden die Verdienstmöglichkeiten der lokalen Restaurants, Bars und Taxiunternehmen, aber auch des Kundhandwerks und Souvenirhandels klar beschnitten.
Das Verbot der "all-inclusive"-Angebote zeugt vom hohen Stellenwert, den der Tourismus heute in Gambia einnimmt, macht er doch rund 10 Prozent des Bruttoinlandproduktes aus und bietet schätzungsweise 10'000 Einheimischen eine Beschäftigung. Diese gehören vornehmlich zu den 20 Prozent der insgesamt 1,25 Millionen zählenden Bevölkerung Gambias, die in der Hauptstadt Banjul ihr Auskommen sucht; viele von ihnen arbeiten in subalternen Jobs in Hotels oder in Kleinunternehmen, Familienbetrieben und im informellen Sektor rund um den Tourismus.

Hoffnung bei den Einheimischen

Der Regierungsbeschluss erfolgte ganz offensichtlich auf Druck der lokalen AnbieterInnen im Tourismus. Allzu gegenwärtig war vielen noch der herbe Rückschlag, den Gambias Tourismus 1994 in Kauf nehmen musste, als er aufgrund politischer Instabilität und Reisewarnungen der britischen Regierung fast völlig zum Erliegen kam. Deshalb sah man mit wachsendem Missbehagen, wie das in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre wieder aufstrebende Tourismusgeschäft immer mehr in die Hände von internationalen Hotelketten und mit ihnen verhängten britischen, schwedischen oder deutschen Reiseveranstalter gelangte.
So engagierte sich etwa die deutsche FTI-Gruppe 1997 mit der Übernahme des einzigen Fünf-Sterne-Hotels in Gambia und bot das ebenfalls von ihnen geführte 200-Betten-Haus Sunwing erstmals als "all-inclusive"-Hotel an. Bezeichnenderweise gehörte das Sunwing zur schwedischen Scandinavian Leisure Group, einer Tochergesellschaft des britischen Reisekonzerns Airtours, der ebenfalls an FTI beteiligt war (und unterdessen die FTI-Gruppe voll übernommen hat). Denn gerade auch bei der britischen Kundschaft, die Gambia - das ja geografisch in etwa auf der Höhe der Karibik liegt - als erschwingliches Ferienziel (wieder)entdeckte, erfreuten sich die "all-inclusive"-Arrangements steigender Beliebtheit.
Kein Wunder, liess das Verbot der "all-inclusive"-Arrangements bei den lokalen touristischen KleinunternehmerInnen in Gambia die Hoffnung aufkommen, gerechter am Tourismus zu verdienen. Den Stränden entlang wurden neue Bars eröffnet, mit Picknicks und Parties lockte man ausländische und einheimische Gäste. Die lokalen Reiseveranstalter atmeten auf, bedienten sie doch seit jeher eine Kundschaft, die Wert auf eine flexible Urlaubsgestaltung legte und "Bed and Breakfast"-Arrangements bevorzugte.

Scharfe Reaktionen der internationalen Anbieter

Auf wenig Gegenliebe stiess der Regierungserlass allerdings bei den Managern der internationalen Hotelketten und Veranstalter. So beklagten sich Verantwortliche der Hotelkette Sandals gegenüber der einheimischen Presse, die Regierung hätte keine Ahnung vom Tourismusgeschäft. Die Gäste würden ohnehin Ausflüge unternehmen, die Hotels kauften Produkte vom lokalen Markt, und die Regierung hätte wohl vergessen, dass letztlich der Gast König sei. Andere Hoteliers zweifelten öffentlich die Rechtmässigkeit des Regierungsbeschlusses an. Die FTI-Gruppe machte - gambischen Medien zufolge - Einkommenseinbussen von rund 21 Millionen Dollars geltend, entliess Angestellte und stoppte ihre Unterstützungsprogramme im Land. Auch die britischen Veranstalter Cosmos, Airtours, First Choice und Gambia Experience hätten ihre Geschäfte drastisch reduziert.
Schützenhilfe erhielt das internationale Tourismusbusiness von religiösen Führern, die im Freitagsgebet den Zerfall der Sitten anprangerten und gegen Alkoholkonsum und die neuen Vergnügungen am Strand predigten. Im August 2000 jedenfalls wurde anlässlich eines Kabinettwechsels das Tourismusministerium neu besetzt, und die neuen Verantwortlichen verfügten als erstes den Abriss der Strandkneippen. Im Dezember buchstabierten sie das Verbot der "all-inclusive"-Tours zurück und erliessen auch gleich neue Steuererleichterungen für ausländische Investoren, die "all-inclusive"-Anlagen erbauen wollen.

Rückschlag oder Aufbruch?

"Das Verbot der "all-inclusive"-Angebote hat den lokalen AnbieterInnen keineswegs den faireren Tourismus gebracht, den sie sich erhofft hatten", kommentiert rückblickend Bubacarr Sankanu, der als gambischer Staatsangehöriger die Organisation Pan-African Renaissance e.V. mit Sitz in Köln leitet und sich für ein wahrheitsgetreueres Bild Afrikas in Europa bzw. in Deutschland einsetzt. "Die Regierungsmassnahme hat im Gegenteil mehr Einheimische vom Tourismus ausgeschlossen", hält Sankanu angesichts der Tatsache fest, dass viele Leute ihre Arbeit verloren haben und der Tourismus stagniert. "Die ursprüngliche Absicht, nämlich die Förderung der lokalen Kontrolle des Tourismus, wurde nicht durchgezogen." Die Behörden der Empfängerländer seien im Dilemma, mein Sankanu weiter: "Auf der einen Seite stehen sie unter Druck, die Entwicklung des internationalen Privatsektors zu fördern, oder zumindest zu gewährleisten. So setzen sie politische Massnahmen durch, die ausländischen Investoren freie Hand geben. Auf der anderen Seite haben sie den Druck der Bevölkerung, die soziale Infrastrukturen will. Wenn sie mit strengen Massnahmen die Wirtschaft regulieren, werden sie als undemokratisch bezeichnet und verlieren eventuell ausländische Unterstützung; wenn sie aber eine "laissez-faire"-Politik betreiben, dann bekommen sie Probleme im Land selbst."
Trotz aller Schwierigkeiten hätten nach Ansicht von Sankanu die einheimischen AnbieterInnen im Kampf gegen die "all-inclusive"-Angebote an Einfluss gewonnen: Die Regierung wolle nun eine nationale Konferenz einberufen, um ihre Anliegen aufzunehmen. Ausserdem wolle sie die Qualifizierung und Planung im Tourismus gezielt fördern, was dringend notwendig sei.
Etliche lokale TourismusunternehmerInnen haben sich zudem in einem neuen Verband, der "Association of Small Scale Enterprises in Tourism" (ASSET), zusammengeschlossen, um ihre Interessen besser zu vertreten, für Ausbildung und Qualität im Tourismus zu sorgen und auf nationaler und internationaler Ebene für eine nachhaltige, faire Entwicklung des Tourismus einzustehen.

Lokale Kontrolle in weiter Ferne

Tatsache ist aber auch, dass sich mittlerweile wichtige Veranstalter aus Gambia zurückgezogen haben. So hat der deutsche Vorreiter von "all-inclusive"-Angeboten, FTI, der als Marktführer über 50'000 Ferienreisende jährlich nach Gambia brachte, die Destination ab kommender Saison vorläufig aus dem Programm gestrichen. Man müsse ab Sommer 2001 generell die Kapazitäten reduzieren, begründet Andrea Hetzel, die Kommunikationsbeauftragte des FTI-Konzerns den Entscheid in ihrer Stellungnahme gegenüber dem Arbeitskreis Tourismus & Entwicklung. Nicht nur Gambia, sondern auch verschiedene Destinationen rund ums Mittelmeer seien aufgrund der Unternehmenslage sowie der Übernahme des Konzerns durch die britische Airtours aus dem Angebot gestrichen worden. Das bedeute noch nicht das definitive Aus für Gambia, doch könne vorderhand nichts genaueres darüber gesagt werden, ob und wann Gambia wieder im Programm erscheinen werde, da die Planung für den Winter noch andauere.
Der Schweizer Ableger von FTI bietet Gambia bereits in der laufenden Saison nicht mehr an, und auch Hotelplan hat Gambia nicht mehr im Programm. Peter Stahel, der Senior Product Manager der Badeferien weltweit von Hotelplan, erklärt auf Rückfrage, dass in erster Linie die Absetzung des Direktfluges der Swissair nach Banjul für diesen Rückzug verantwortlich sei. Das "all-inclusive"-Verbot habe ihren Entscheid nicht beeinflusst. Die "all-inclusive"-Angebote fänden in der Schweiz - im Gegensatz zu Deutschland oder Grossbritannien - nur ein kleines Publikum; Gambia hätte überdies weder die entsprechenden Infrastruktur (ausreichend ausgestattete Hotels) aufzuweisen, noch würde das westafrikanische Land eine entsprechende Kundschaft anziehen.
Für die Tourismusanbieter und -verantwortlichen Gambias, die sich um eine gerechtere Verteilung der Einkünfte aus dem Tourismus bemühen, ist das Fazit so oder so bitter: Für konkrete Massnahmen vor Ort ist der Spielraum offensichtlich sehr eng, will man es nicht mit den "big players" verderben. Diese aber, die internationalen Tourismuskonzerne, treffen ihre Entscheide zum Gambiaprogramm ohnehin weit ab vom Lande selbst.

QUELLE

etwas ratlose grüße
andré


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Re: Betrachtungen zum All-inclusive-Urlaub #3457
10/06/02 07:27 PM
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und dies alles zu lesen vor dem hintergrund der fusion grosser tourismusunternehmen - wo ein unternehmen das andere schluckt und es in deutschland zzt. wohl nur noch zwei grosse anbieter gibt, das macht schon mehr als nachdenklich. gambia als destination gestrichen! wann wird marokko als "destination" gestrichen? nach dem motto: wer nicht hören will, muss fühlen!

so, und jetzt noch eine - ketzerische - frage: wo liegt eigentlich der unterschied, eine jeans für 60 euro zu kaufen, die in einem dritte welt land für einen stundenlohn von 50 cent genäht wurde und dem urlaub in einem land der dritten welt, wo der urlauber am pool seine cola für 2 euro trinkt - am pool, der von einem einheimischen für 1 euro am tag gereinigt und gepflegt wird?

es grüsst ebenfalls ratlos

Jocim

Re: Betrachtungen zum All-inclusive-Urlaub #3458
10/06/02 08:57 PM
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Das Niveau der Leute in All-Inclusive-Hotels scheint ziemlich niedrig zu sein.

Die meisten sind Leute, denen es hauptsächlich auf den Preis und auf den Genuß von Alkohol ankommt. Zumindest sieht man schon mittags die "Herren" mit ihren großen oder kleinen Biergläsern rumsitzen. - Nicht mein Geschmack.

Gruß
Ulla


Viele Grüße, Ulla

"Ein Kind ist kein Gefäß, das gefüllt, sondern ein Feuer, das entzündet werden will" Francois Rabelais
Re: Betrachtungen zum All-inclusive-Urlaub #3459
10/06/02 09:24 PM
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Ahlan,

Al-Inclusive-Hotels in Marokko mit Alkoholausschank und Nachtclub, sind mehr oder weniger alles Bordelle.
Zu jeder Tages und Nachtzeit sieht man von der Sonne gegerbte Touristinnen mit Longdrinks und jungen gutaussehenden,coladrinkenden Marokanern am Pool hängen.
Auch nicht mein Geschmack.

leihinik
Josef


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