Elvire:
Hier noch Bericht aus der NZZ bezüglich Weinbau in Marokko. Marokko scheint tatsächlich ein Paradies der besonderen Art für den Weinbau darzustellen. Marokkanische Spitzencuvées halten im Vergleich mit den allermeisten Europäischen Spitzenweinen problemlos mit!

FLORIENDER WEINBAU IM MUSLIMISCHEN MAROKKO
35 Millionen Flaschen im Jahr - Millionen an Steuereinnahmen

(ap) Die sanft geschwungenen Weinberge sind ein ungewöhnlicher Anblick in einem muslimischen Land. Doch die Reben und der aus ihnen hergestellte Wein gedeihen gut in Marokko - trotz des islamischen Alkoholverbots. Das Land ist zu einem der grössten Weinproduzenten in der islamischen Welt geworden: Im vergangenen Jahr wurden etwa 35 Mio. Flaschen produziert. Wein bringt dem Staat Millionen an Steuereinnahmen, obwohl der Islam politisch auf dem Vormarsch zu sein scheint. «Marokko ist ein tolerantes Land», sagt Mehdi Butschaara, der stellvertretende Manager der Weinkellerei von Meknes. «Jeder kann für sich selbst entscheiden, ob er trinkt oder nicht.» Die Celliers de Meknes im Norden des Landes sind der grösste Weinproduzent Marokkos. Mehr als 85 Prozent der landesweiten Produktion werden hier abgefüllt. Das Unternehmen baut inzwischen auf einer riesigen Rebfläche von 2100 Hektar Wein an. Es stellt damit praktisch alle europäischen Produzenten in den Schatten und ist vergleichbar mit den Grossbetrieben von Australien, Chile oder Kalifornien. Die Produktpalette reicht vom einfachen Landwein bis zum Champagner. Darunter ist sogar ein Spitzen-Bordeaux, Chateau Roslane, der in aus Frankreich importierten Eichenfässern in einem Gewölbekeller reift.

Streng genommen für Muslime verboten

Streng genommen ist Wein für Muslime verboten. Doch nach den Worten von Butschaara ist der Vertrieb des Unternehmens vollständig legal. Man verkaufe nur an staatlich anerkannte Händler, die ihrerseits ausschliesslich an nicht-muslimische Touristen verkauften, erklärt Butschaara. Laut Statistik trinken Marokkaner allerdings im Durchschnitt einen Liter Wein pro Person und Jahr. Und der marokkanische Staat ist der grösste Eigentümer der rund 12'000 Hektar Rebfläche des Landes. Das sich schnell modernisierende Marokko floriert dank Tourismus und Handels mit Europa, aber viele Einwohner sind noch immer zutiefst konservativ. Dennoch ist der Eigentümer der Celliers de Meknes, Brahim Sniber, einer der reichsten Männer des Landes. Seine Unternehmensgruppe beschäftigt rund 6500 Menschen, fast alle von ihnen Muslime.
Proteste gegen Weinfest

Aber die Unternehmensgruppe hat auch die Grenzen der Grauzone erfahren, in der sie operiert: Ein unter anderem von ihr gefördertes Weinfestival löste 2007 Proteste in Meknes aus, einer tief religiösen Grossstadt mit rund 500'000 Einwohnern, der bis vor kurzem ein islamistischer Bürgermeister vorstand. «Das Festival war eine unnötige Provokation», sagt der frühere Bürgermeister Abubakr Belkora, der von seinen eigenen Anhängern heftig kritisiert wurde, weil er die Veranstaltung in der Innenstadt halbherzig erlaubt hatte. «Aus religiösen Gründen», wie er selbst sagt, hat er rund 100 Hektar Reben auf seinem eigenen Grund und Boden umgepflügt. Wenn andere Wein anbauten oder tränken, sei ihm dies aber egal. «Es hat in Marokko schon immer eine Akzeptanz für Wein gegeben... Man muss nur nicht damit hausieren gehen», sagte er in einem Interview.

Jahrtausendealte Tradition

Man geht in Marokko also sehr viel lockerer mit dem Thema Alkohol um als in anderen muslimischen Ländern wie dem Iran oder Saudi-Arabien, wo er vollständig verboten ist. Im Sudan werden Übertritte mit Auspeitschungen bestraft. Selbst in Algerien, dem Nachbarland Marokkos, geht der Alkoholkonsum drastisch zurück. In Marokko dagegen verkauft allein die Weinkellerei von Meknes rund 27 Millionen Flaschen pro Jahr, und der Grossteil davon bleibt im Land. Zwei Millionen Flaschen gehen nach Europa oder in die USA. Für die neue Nachfrage aus China werden nun 800 Hektar Rebfläche neu angelegt, wie Jean-Pierre Dehut, aus Belgien stammender Exportmanager erklärt. Die Wurzeln des Weinanbaus in Marokko reichen mehr als 2.500 Jahre zurück, seit die Phönizier die Küste besiedelten: «Dieses Land exportierte Wein nach Rom», betont Dehut.
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