Lieber Zitoun,

Du hast es (wie immer) sehr schön gesagt.

Das Problem, nicht zu wissen, was sich im Hintergrund abspielt und wie gefährlich jemand, der ins Innerste einer Familie vordringt (per chat) wirklich ist, ist ja niemandem wirklich fremd: der werfe den ersten Stein, der noch nie in eine Jackentasche gegriffen, noch nie mit Herzklopfen eine fremde Visitenkarte entdeckt und noch nie nachts um 4 Uhr einen Anruf hatte, bei dem am anderen Ende erschrocken aufgelegt worden ist.

Und der gesellschaftliche Konsens ist bei der Wahrheitsfindung nicht immer dienlich: es scheint ja eine totale Übereinstimmung in unserer zu Tode therapierten Welt zu sein, daß und was man sich höchstens gefallen lassen darf und wie man darauf zu regaieren hat. In der Regel mit Verstoßung. Daß man einen Betrüger auch lieben kann: keine Chance, nur spricht eben das Leben eine ganz andere Sprache - Monika Lewinsky kann ein Lied davon singen:

 Antwort auf:
wenn ihr Freunde vergeßt, wenn ihr den Künstler höhnt,
und den tieferen Geist klein und gemein versteht,
Gott vergibt es, doch stört nur
Nie den Frieden der Liebenden*


Gut, wenn man das jemandem schreibt (und es ist auch nicht von Monika), der mit Herzen im Chat um sich schmeißt und Küsse direkt auf dem Innenfenster des Computers landen mit tausenden "jetaimes" - dann versteht auch der überhaupt nicht arabisch sprechende Mensch (Mutter, Schwiegermutter, Oma oder Tante) was es geschlagen hat. Das Problem ist dann aber tatsächlich, wie bringt man es der Dame bei, daß sie einen Vater von 4 Kindern sich eingefangen hat, den sie doch nicht wirklich haben will (und vor allem: er sie nicht wirklich).

Er spielt doch nur.


Josi
*sondern von Hölderlin