Lieber Afulki,
den Satz "anscheinend willst du nicht verstehen" könnte ich an Dich zurückgeben. Ich vermute, dass die Grundlagen unserer jeweiligen Positionen nicht kompatibel sind. Du argumentierst "idealistisch, juristisch, historisch, moralisch" (ohne dass ich damit die Gültigkeit oder Stringenz Deiner Argumente anerkenne). Diese Art der Argumentation erinnert mich fatal an jene, die vor Jahrzehnten in Deutschland wg. Ostgebiete (Ostpreußen, Pommern, Schlesien) und der Vertreibung von 12 Mio Menschen geführt wurde. Da gab es häufig das Argument: selbst ein Verbrecher wie Hitler ist keine Rechtfertigung für eine Vertreibung von 12 Mio Menschen und die willkürliche Abtrennung von 1/3 des Staatsgebiets. Rechtlich/völkerrechtlich war dieses Argument sogar stimmig: kein Friedensvertrag, keine vertragliche Anerkennung, einfach ratzfatz Tatsachen schaffen. Aber, auch Deutschland hat dieses "Unrecht" anerkannt, und somit für Frieden gesorgt.
Wo sind die historischen Grenzen Deiner Argumentation? Soll Erdogan morgen auftreten und verkünden: alles Quatsch, bis 1919 waren die Gebiete osmanisch (einen Palestinenserstaat hat es nie gegeben), und lässt ggfls. seine Truppen aufmarschieren?
Oder, um auch Marokko zu berühren: als Amazigh kennst Du sicherlich Deine "hard core"-Landsleute. Auch die behaupten von der Araberinvasion (ikhan tarabt)gleiches: unrechtmäßig, imperialistisches Diktat uswusf.
Ich habe damals die Deutschen gefragt, und frage heute jene Imazighen: schön, und wie wollt ihr nun dieses Problem lösen? Schnell werden die Antworten dünner: rückgängig machen, wieder vertreiben etc. Abgesehen von der Schwachsinnigkeit solcher Argumente, sind diese ideologische Wolkenkuckucksheime, fern jeglicher Realität. Auch Du bietest im Fall Israel/Palestina keine machbare Alternative an, und würdest gerne den Zustand ante quo (vor 1947) wieder herstellen. Ich befürchte für Deine Argumente ein ähnliches Schicksal. Also, wozu das Ganze?
Du erkenst hieraus, dass ich "positivistisch" argumentiere: ich bin eher geneigt, die realen Tatsachen, die "facts of life" anzuerkennen, schon aus dem Grund, dass in den allermeisten Fällen es keine machbaren, moralisch/wirtschaftlich/militärisch vertretbaren Mittel (ausser Träume) gibt. Jede Generation ist gezwungen, den hinterlassenen Müll der vorigen zu beseitigen, und unseren Nachkommen wird es nicht besser gehen.
Du irrst: das Palestinenserproblem ist kein Hauptproblem der "ganzen Welt". Vielleicht eines "Deiner Welt" (warum?), meiner schon nicht mehr, und ich vermute, dass in China, Japan, Lateinamerika, aber auch in Europa/USA sich keine Sau mehr als gerade nötig darum kümmern wird. Warum sollten die auch? Die Teilnehmer vor Ort haben doch alle Möglichkeiten sich zu einigen.
Und wenn nicht, so wird die "ganze Welt" weiter, wie seit 60 Jahren mit diesem Problemchen leben, und auf Einsicht, Ermüdung der Teilnehmer, bessere Zeiten warten.
Das wars dann aber auch.