Lieber LevonW,

ich habe nicht gesehen, daß Du immer noch gespannt darauf bist, was ich Dir antworte und Du meinst, daß ich in Marokko etwas bewundere und zu etwas zurückkehren möchte, das ich selbst nicht gelebt habe, dem mein ganzes bisheriges Leben widerspricht und das ich stellvertretend von anderen für mich selbst heiligsprechen will, weil mir sonst ja auch nicht mehr viel anderes übrigbleibt, jetzt am Ende meines Lebens und weil ich keine Rezepte für die JUNGEN haben, wie die denn jetzt leben sollen, wo alles so verwirrend ist.

O.k. dieses Dilemma mußt Du selbst lösen, da kann ich Dir nicht helfen. Meine Biografie taugt absolut nicht dazu irgendwem ein Vorbild zu sein und ich bin nur dem lieben Gott dankbar, daß kein grösserer Schaden dabei entstanden ist, als ein paar Schilddrüsenüberfunktionen, hin- und wieder grässliche Quaddeln auf der Haut (Utikaria, wenn Du weißt, was ich meine) und eine sich zunehmend verflüchtigende Migräne, die mich aber in meiner (hyper)aktiven Zeit gandenlos umgenietet hat, auch hierin ganz Frau, nämlich selbstschädigend: hat man einen Mann, der einen schlägt, wirft man sich zur Strafe zum Fenster raus oder den Kindern einen Fön in die Badewanne - so sind wir Frauen eben.

Du kannst sicher sein, daß ich das Thema Feminismus studiert habe, daß ich locker damit in Oxford reüssieren könnte und daß ich ihn meistbietend bei e-bay versteigern würde, wenn das nicht genauso dämlich wäre, wie ihn salonfähig zu machen für Kulturen, denen damit das Rückrat genommen werden würde, nämlich die Stabilität ihrer Familien, der Brutstätte für so vieles, aber auch ein Hort des Glückes und der Freude, von den Pflegediensten in alle Richtungen mal ganz abgesehen.

Ich sage nicht, daß ich die Weisheit mit Löffeln gefressen hätte, ich sage auch nicht, daß ich alles verwerfe, was ich jemals gedacht, geglaubt und wovon ich überzeugt war, ganz im Gegenteil und ich müsste mich sehr täuschen, wenn ausgerechnet Du das nicht genau wüsstest.

Josi