Liebe Sonja,
als ich deine Geschichte las, bekam ich sofort Gänsehaut.
Ich schreibe Dir diese Zeilen und hoffe, Dir damit gutes zu tun. Ich kann deine Situation nachempfinden. Ich hoffe, du wirst noch etwas für den neuen-alten Vater empfinden. Wenn man will, kann man eine neue Phase beginnen. Aber nur wenn beide wirklich wollen.
Ich habe einen Freund und Landesmann, der Dir mit Sicherheit gute Ratschläge geben kann als ich.
Dieser Freund ist Vater einer Tochter, die er verloren hat als sie 5 Jahre alt war. So sagt er es zumindest. Es sind bis jetzt 10 Jahre vergangen. Die Tochter lebt jedoch in Deutschland.
Mein Freund wäre beinahe abgeschoben, nur weil die Eltern gegen ihn und die Heirat waren. Sie unternahmen vieles, um die Beziehung Tochter-Vater zu begraben.
Das Mädchen, seine Tochter, sieht marokkanischer als der Vater selbst. Ich kenne sie aus Fotos.
Nach dem Lesen deiner Geschichte habe ich nicht lang gezögert und bin sofort zu ihm gegangen. Ich habe ihm deine Geschichte erzählt bzw. vorgelesen. Während des Lesens herrschte in seinem Zimmer eine totale Stille, wir schauten uns eine Weile verzweifelt an ohne einen einzigen Laut aus den Lippen zu sagen.
Seine Tochter ist nun 16 Jahre alt und will von ihrem leiblichen Vater nichts mehr wissen.
Der Schiksal wollte es so, dass seine Tochter ausgerechnet heute Geburtstag hat, was ich nicht wußte.
Das Mädchen will aber keinen Kontakt mit ihrem leiblichen Vater aufnehmen, weil die Mutter dagegen ist, genauso wie in deinem Fall.
Das Mädchen hat ein sehr negatives Bild von ihrem Vater von der Mutter geerbt. Damit lebt sie jetzt. Und der Vater weiß nicht, wie lange es noch dauern muß, bis er seine Tochter wieder umarmen kann.
Ich habe ihn gebeten, Dir etwas zu schreiben, damit Du das ganze aus der Sicht eines Vaters, der immer noch auf seine Tochter wartet.
In zwei bis drei Tage will er für einen Text verfassen, den ich hier veröfentlichen werde.
Bis dahin wünsche ich Dir alles Gute und denk daran, dass es nie zu spät ist, mit dem unbekannten Vater eine Tasse Thee zu trinken, und ihn zu fragen, wie es damals war, als Du 5 Jahre alt warst.
Du hast ein Recht auf deine Geschichte aus der Perspektive deines Vaters.

Lieben Gruß
Mohand


Tidt n umya!